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Ein hartes Jahr – 6 Talking Points zur Lage der Autoindustrie
2024 war ein Wendepunkt für die Automobilindustrie: Zwischen wirtschaftlichem Druck und geopolitischen Herausforderungen kämpften Hersteller um Marktanteile. Auch in der Schweiz prägten sinkende Verkaufszahlen, neue Konkurrenten aus China und der abflauende E-Auto-Trend das Jahr – ein Rückblick auf eine Branche im Umbruch.
2024 hat die Automobilbranche durchgerüttelt wie schon lange nicht mehr. Die VW-Krise machte Schlagzeilen, Tesla blieb Innovator und Enfant terrible zugleich, und die politischen Weichenstellungen durch die US-Wahlen drohen das globale Kräfteverhältnis weiter zu verschieben. Für die Schweiz war das Jahr ein Spiegelbild der globalen Entwicklungen – aber mit eigenen Nuancen und Herausforderungen.
VW – vom Vorbild zum Problemfall
Volkswagen, einst Symbol deutscher Ingenieurskunst und Innovationskraft, steht vor einer seiner grössten Krisen. Das ambitionierte Ziel von 70 Prozent Elektroauto-Anteil bis 2030 hat sich als zweischneidiges Schwert erwiesen. Während die frühe Transformation der Produktion als visionär galt, hat sich die einseitige Fokussierung auf die Elektromobilität – man muss es so sagen – als veritabler Flop herausgestellt. Die Folge: Umsatzeinbruch, Entlassungen, drohende Werkschliessungen. Die Kaufzurückhaltung bei VWs teuren E-Modellen, die durch hohe Strompreise und unzureichende Ladeinfrastruktur noch verstärkt wird, hat den Absatz auch hierzulande gedämpft. Dramatisch: Selbst die Chefetage gibt zu, dass der VW-Konzern in der heutigen Form nicht wettbewerbsfähig ist und die aktuelle Strategie nicht funktioniert. So berichten auch hiesige Händler von einem wachsenden Interesse an Hybriden und klassischen Verbrennern – eine Entwicklung, die VW eigentlich vermeiden wollte. Traurig, aber wahr: Im vergangenen Jahr war VW ein Sinnbild für den Niedergang der deutschen Wirtschaft unter der gescheiterten Ampelkoalition.
Tesla bleibt Wundertüte
2024 war auch für Elon Musks Imperium nicht einfach. Produktionsprobleme in den Gigafactories, Nachfragerückgänge und Musks kontroverse Äusserungen auf X sorgten dieses Jahr für viel Unruhe beim Branchenprimus. Zwischenzeitlich sah es sogar so aus, dass die Wachstumsstory des US-Autobauers dieses Jahr ein (vorläufiges) Ende finden würde. Doch Tesla schaffte einmal mehr den Turnaround und bleibt ein Vorreiter, der durch Innovationen wie die Fortschritte bei autonomen Fahrfeatures die ganze Branche antreibt. Der Cyberday wurde zwar nicht zur angekündigten Sensation. Doch Elon Musk bleibt nicht zuletzt dank des Wahlerfolgs seines neuen Kumpels Donald Trump in bester Position, Innovationen auf breiter Basis durchzusetzen. Dazu passt, dass andere Hersteller wie GM ihre Versuche mit selbstfahrenden Autos nach und nach aufgeben, während Tesla und Alphabet-Tochter Waymo den Kuchen unter sich aufteilen.
In der Schweiz zeigt sich ein differenziertes Bild. Zwar ist Tesla weiterhin Marktführer im E-Segment, doch der Enthusiasmus der Anfangsjahre scheint ein bisschen abgeflaut. Viele Schweizerinnen und Schweizer zeigen sich skeptisch gegenüber Musks politischer Positionierung am rechten Rand. Gleichzeitig schätzen sie aber auch Teslas langfristigen Fokus auf nachhaltige Energie – ein Thema, das in der Schweiz stark verankert ist.
Trump im Office – ein Gamechanger
Die Präsidentschaftswahlen in den USA hatten 2024 weitreichende Auswirkungen auf die Automobilindustrie. Der Wahlsieg des protektionistisch ausgerichteten Donald Trump führte zur Ankündigung von neuen Importzöllen und einer Stärkung der US-Produktion. Klar ist: Trumps Wirtschaftspolitik wird für nicht-amerikanische Autobauer zu einer Herausforderung. Inwieweit sich der neue US-Präsident tatsächlich gegen erneuerbare Energien und damit auch gegen E-Autos stemmt, muss sich erst noch zeigen. Zuletzt gab sich der einstige Hardliner erstaunlich offen, betonte gleichzeitig aber auch die Bedeutung der einheimischen Gas- und Ölindustrie. Auch die konkreten Auswirkungen der angedrohten Strafzölle müssen sich erst noch zeigen, zu viele Faktoren spielen letztlich mit rein. Klar ist bislang bloss: Trumps Wahl hat die Verunsicherung in der Autobranche auch hierzulande eher noch verstärkt; Schweizer Händler stellen sich deshalb schon jetzt auf ein erneut herausforderndes Jahr 2025 ein.
Die Schweiz – mitten drin im Spannungsfeld
Die Schweiz zeigte sich auch 2024 als Mikrokosmos der globalen Herausforderungen. Als Land mit starker Kaufkraft und hohen Ansprüchen steht sie exemplarisch für die Kluft zwischen idealistischen Visionen und wirtschaftlicher Realität. Steigende Kosten durch Inflation und globale Krisenherde haben dazu geführt, dass die Absatzzahlen 2024 nochmals unter dem ohnehin nicht berauschenden Vorjahr lagen. Dieses Jahr zeigte sich zudem erneut, dass die Infrastrukturprobleme noch nicht gelöst sind. Viele ländliche Regionen kämpfen mit einer unzureichenden Ladeinfrastruktur. Aber auch in den Städten sind Lademöglichkeiten ein Diskussionsthema – und einer der Hauptbremsklötze der E-Transformation. Gleichzeitig haben hohe Strompreise die Wirtschaftlichkeit von Elektroautos infrage gestellt. Die Folge: Auch hierzulande haben Verbrenner und Mischformen wie Plug-In-Hybride ein Hoch erlebt, während E-Autos einen Rückgang von zuletzt fast 10 Prozent verzeichneten. Tatsächlich scheinen Hybride den Nerv der pragmatisch denkenden Schweiz besser zu treffen. Weniger alltagsorientiert zeigte sich das Land dafür politisch: Die Vorlage zum Autobahnausbau wurde an der Urne bachab geschickt. Auf die absehbaren Folgen (mehr Stau, höhere Preise) müssen wir uns wohl oder übel einstellen.
Die Chinesen kommen
2024 hat gezeigt, dass chinesische Autohersteller den europäischen Markt stärker bedrängen als zunächst vermutet. Marken wie BYD, Nio, MG oder Leapmotor überzeugen mit günstigen Preisen und innovativen Technologien. Selbst in der Schweiz sind chinesische Elektroautos keine absoluten Exoten mehr. Ein grosser Vorteil der Chinesen liegt in ihrer Kostenstruktur. Dank staatlicher Subventionen und effizienter Produktionsketten bieten sie ihre Fahrzeuge oft deutlich günstiger an als ihre Konkurrenten. Für europäische Hersteller stellt dieser Preisdruck eine enorme Herausforderung dar. Marken wie VW und Stellantis arbeiten mit Hochdruck an günstigeren Elektroautos, von denen in diesem Jahr einige auf den Markt kommen werden. Doch die chinesischen Hersteller haben sich bereits einen Vorsprung erarbeitet. Für europäische Autobauer bleibt die Frage, wie sie auf die zunehmende Konkurrenz reagieren. Die Kundschaft hingegen profitiert auch hierzulande von mehr Auswahl und attraktiveren Preisen.
Zukunftsstrategie Technologie
2024 hat einmal mehr deutlich gemacht: Der Weg zur E-Mobilität ist ein Marathon, kein Sprint. Während politische Vorgaben die Branche in den letzten Jahren in Richtung einer ausschliesslich elektrischen Zukunft drängten, hat sich eine differenziertere Sichtweise durchgesetzt. Die Hersteller reagieren: Ursprünglich rein elektrisch geplante Modelle werden nun auch wieder in Verbrennervarianten angeboten. Dabei geht es nicht nur darum, Verbrennungstechnologien wieder salonfähig zu machen. Es geht auch um neue Ansätze, die wirtschaftlich tragfähig sind. Tatsächlich brachte das Jahr bedeutende technische Fortschritte. Toyota etwa feierte einen Durchbruch bei sogenannten Feststoffbatterien. Diese versprechen geringere Kosten und höhere Energiedichten. Wasserstoffantriebe etablieren sich insbesondere im Schwerlastverkehr als Ergänzung zur Batterie, künstliche Intelligenz treibt autonome Fahrsysteme voran. Für 2025 wird die Massenproduktion von Feststoffbatterien erwartet, die bereits Ende Jahr serienmässig verbaut werden könnten und Reichweiten von über 1000 Kilometern möglich machen. Auch der Ausbau von Wasserstoff-Infrastrukturen und autonome Taxidienste wird die Branche vorantreiben. Insgesamt dürfte die Branche 2025 stärker auf technologische Vielfalt statt auf Dogmatismus setzen – und sich mehr auf wirtschaftlich tragfähige Innovationen statt auf schön klingende Ideologien konzentrieren.

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