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Droht Tesla der Totalabsturz?
Entlassungen, Preissenkungen, drohende Justizfälle: E-Auto-Pionier Tesla steckt in einer schwierigen Phase. «Big Short»-Investor Danny Moses sagt der Aktie des Unternehmens gar einen Absturz um bis zu 70 Prozent voraus.
Turbulenzen sind sich Investorinnen und Investoren von Tesla eigentlich gewohnt. Die Aktie des amerikanischen E-Autobauers gehört zu den Volatilsten unter den Schwergewichten der US-Technologiebörse Nasdaq; wilde Auf und Abs gehören bei Tesla dazu.
Das hat sich dieses Jahr bestätigt. Allerdings: Diesmal sind sich Tesla-«Bears» – also Händler, die auf ein Sinken des Aktienkurses setzen – sicher, dass es für den Musk-Konzern nur in eine Richtung geht: steil bergab. So verkündete der bekannte «Big Short»-Trader Danny Moses unlängst beim US-Sender CNBC, dass er nach wie vor davon überzeugt sei, dass die Aktie der Firma mittelfristig unter 50 Dollar fallen wird. Das wäre ein Einbruch von rund 70 Prozent, gemessen am derzeitigen Wert des Titels von rund 170 Dollar.
Schlechte Zahlen – doch Musk schlägt zurück
Das neue Selbstbewusstsein der Tesla-Bears kommt nicht von Ungefähr. Nachdem Elon Musk seine Kritikern über Jahre hinweg immer wieder mit guten Zahlen das Maul stopfen konnte, hinterliess die Baise in der E-Mobilität dieses Jahr auch beim Branchenprimus Tesla Spuren. Absatzzahlen, Umsatz, Margen, Gewinn – alle wichtigen Werte bei der Bekanntgabe der Quartalsergebnisse im März dieses Jahres waren deutlich rückläufig. Dazu fiel auch der Ausblick für das restliche Jahr in einem generell schwierigen Marktumfeld alles andere als berauschend aus. Prompt tauchte die Aktie in der Folge auf ein neues 52-Wochen-Tief um rund 140 Dollar.
Doch Elon Musk wäre nicht Elon Musk, wenn er nicht mal wieder einen Hasen aus dem Hut gezaubert hätte. Tatsächlich sorgte sein Abstecher nach China, verbunden mit der Ankündigung einer neuen Offensive im Bereich der Robotaxis für Euphorie unter Tesla-Investoren. Doch Tesla-Bären sehen das lediglich als kurzfristiges Aufflackern eines so langsam ausgehenden Feuers. KI und Robotaxis würden laut Moses nicht darüber hinwegtäuschen können, dass das Kerngeschäft von Tesla massiv unter Druck stehe – und die Marktkapitalisierung des Unternehmens mit rund 550 Milliarden Dollar viel zu hoch sei.
Entlassungen und jede Menge Konkurrenz
In dieses Bild passen jüngste Meldungen, dass der E-Autobauer zehn, möglicherweise sogar 20 Prozent seiner Angestellten entlassen wird, um die rückläufigen Zahlen abzufedern. Das sind massive Einschnitte; bereits bei einer Entlassung von zehn Prozent würde das 140'000 Personen betreffen. Auch Meldungen von immer neuen Preissenkungen vor allem im asiatischen Raum lassen wenig Gutes verheissen, bestätigen sie doch das Szenario des unbarmherzigen Konkurrenzkampfes in der Branche. In dieser galt Tesla lange Zeit als Pionier und Vorzeige-Player. Doch mit immer mehr Konkurrenz nicht nur, vor allem aber aus China (Xpeng, BYD) wird es für Tesla definitiv nicht einfacher, seine hochpreisigen E-Autos an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen.
Kein Wunder häufen sich Berichte von verunsicherten Mitarbeitern und schlechter Stimmung in den Tesla-Werken. Zumal Musk dafür bekannt ist, in schwierigen Situationen radikal vorzugehen. Mehrere Top-Manager haben oder mussten das Unternehmen denn auch verlassen – einige unter unschönen Nebengeräuschen. Teslas ehemaliger Chef für neue Produkte etwa erklärte kürzlich, er habe sich zum Rücktritt entschieden, weil «die Entlassungen das Unternehmen aus dem Gleichgewicht gebracht» hätten. Musk wiederum betont, er mache seine Firma mit den «unerfreulichen, aber notwendigen» Massnahmen fit für den nächsten Wachstumszyklus.
Auch das noch – eine drohende Sammelklage
Ob und wann dieser kommt, steht derzeit in den Sternen. Denn die Konkurrenz wird nicht schwächer, der Preis- und Margendruck in der Branche nicht kleiner. Zudem droht Musk in den USA auch noch eine unschöne gerichtliche Auseinandersetzung. Tatsächlich dürfte sich Tesla demnächst der Klage eines US-Autokäufers stellen müssen, der dem Konzern Falschinformationen über die Fähigkeit seiner Modelle zum autonomen Fahren vorwirft. Der Kläger verweist auf Ankündigungen von 2016, dass neue Fahrzeuge dafür die nötige technische Ausstattung haben würden. Zudem bezieht er sich auf Behauptungen von Musk. Dieser hatte angekündigt, dass ein Tesla-Modell bis Ende 2017 in der Lage sein würde, von der West- an die Ostküste zu fahren, ohne dass dafür auch nur ein einziger Knopf betätigt werden müsse. Davon ist Tesla trotz seinem «Full Self-Driving»-Autopilot noch immer ein gutes Stück entfernt.
Letzte Woche hat dieser Fall vor der US-Justiz die erste Hürde genommen. Denn Tesla wollte die Klage des Autokäufers vollumfänglich abweisen lassen. Doch die Richterin strich nur einzelne Klagepunkte. Der Kläger strebt nun eine Sammelklage an, was den Druck auf das Unternehmen zusätzlich erhöhen könnte.
So stark, dass die Aktien des einstigen Börsendarlings auf unter 60 Dollar fallen könnten? Was über Jahre hinweg undenkbar war, scheint in diesen Tagen zumindest nicht völlig illusorisch. Fest steht aber auch: Elon Musk sollte man nie unterschätzen. Den grössten Run legten seine Aktien hin, als alle Welt davon ausging, dass Tesla demnächst pleite geht. Allzu sicher sollten sich Bären also trotz der aktuellen Schwierigkeiten des Unternehmens nicht fühlen.
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