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Politik & Wirtschaft •
Massive VW-Krise

Volkswagen ist nicht mehr wettbewerbsfähig

Der deutsche VW-Konzern steckt in einer tiefen Krise. Selbst der Volkswagen-Markenchef Thomas Schäfer gibt offen zu, dass VW nicht mehr wettbewerbsfähig sei. Nun sollen zehn Milliarden Euro eingespart werden. Aber bereits gehen die uneinsichtigen Gewerkschaften in Stellung.

Die Horrornachrichten aus Deutschland überraschen nur wenige. Der Volkswagen-Konzern wankt einer dramatischen Krise entgegen. Die Verantwortlichen des zweitgrössten Autokonzernes der Welt schiessen nun Signalraketen in den Himmel, um die Notsituation zu markieren. Volkswagen-Markenchef Thomas Schäfer meint selbstkritisch: «VW ist nicht mehr wettbewerbsfähig». Der Markenchef übt harsche Selbstkritik. Die bisherigen Strukturen, Prozesse sowie die hohen Kosten von VW seien dem globalen Wettbewerb nicht mehr gewachsen. Und Thomas Schäfer wurde konkret: Volkswagen muss bis 2026 zehn Milliarden Euro Kosten einsparen. Die Umsatzrendite der Marke VW soll von zuletzt 3,4 auf 6,5 Prozent gesteigert werden. Aber das allergrösste Problem des Volkswagen-Konzerns wagt sich Schäfer nicht anzusprechen: VW ist ein kaum manövrierbarer Staatsbetrieb.

Problem Gewerkschaften

Zehn Milliarden Euro Einsparungen sind nur über massive Lohnkürzungen oder Entlassungen zu erreichen. Deshalb sind die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern bereits in vollem Gange. Das Land Niedersachsen ist mit 20% mächtiger Mitbesitzer des VW-Konzerns. Die Gewerkschaften haben immensen Einfluss auf alle wichtigen Entscheidungen. Die IG-Metall sitzt immer mit am Tisch. Kaum kündigte VW an, zehn Milliarden einsparen zu wollen, meldete sich die einflussreiche Betriebsratschefin Daniela Cavallo zu Wort: Es gebe kein Abrücken von den Tarifverträgen des VW-Konzerns. Cavallo ging gleich in die Offensive und forderte einerseits Beschäftigungssicherungen bis 2029 und andererseits «keine kurzfristigen Einsparungen zu Lasten der nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit». Die Mitbewerber aus China krümmen sich aktuell vermutlich vor Lachen.

Problem Kundenloyalität

Wie weit die Loyalität der VW-Kunden in die Zukunft reichen wird, ist schwer zu beurteilen. Ich persönlich war jahrzehntelang VW-Kunde. Ich fuhr den Golf VR6, den Golf V6 4Motion und später den ersten Tiguan mit dem berüchtigten 2.0 Liter Schummeldiesel. Bei meinem Tiguan musste ich deshalb beim Wiederverkauf grobe Abstriche hinnehmen. Als Entschuldigungs-Giveaway hatte mir Volkswagen-Schweiz ein kleines Sackmesser überreicht. Dieses Kundengeschenk reichte bisher nicht aus, um zur Marke zurückzukehren. Andere VW-Kunden werden sich von der Marke abwenden, weil die fanatisch vorangetriebene Elektrifizierung zu steil ansteigenden Produktpreisen führen wird. Die deutsche Politik, welche ihre Bürger zum Elektroauto zwingt, wird sich noch wundern, wenn ausserhalb Europa neue, ökologische Verbrennungsantriebe ein grosses Comeback feiern werden.

Problem Alleingang

Die grösste Chance der deutschen Autoindustrie liegt in der engen Zusammenarbeit mit den aufstrebenden Autokonzernen Chinas. Das Reich der Mitte ist der grosse Schlüsselmarkt – speziell für Elektroautos. Weltweit jedes zweite E-Auto fährt heute auf den chinesischen Strassen. Unter den 2022 zehn meistverkauften Elektroautos der Welt befinden sich sieben chinesische Modelle, zwei Modelle von Tesla und abgeschlagen auf Rang 10 der VW ID.4. Nur mit umfassenden Kooperationen kann Volkswagen von den chinesischen Entwicklungs- und Produktionskompetenzen mitprofitieren. Zudem könnte sich der deutsche Autobauer mit chinesischen Joint Ventures besser gegen Engpässe bei den Halbleitern und seltenen Erden absichern. Und mit einer verstärkten Zusammenarbeit mit China lässt sich nicht zuletzt mehr Druck aufbauen gegen die selbstherrlichen, uneinsichtigen, deutschen Gewerkschaften.

Gefahr für Schweizer Zulieferer?

Die Schweizer Automobilzulieferindustrie ist auf eine gesunde deutsche Autoindustrie angewiesen. 34'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in 574 Unternehmen für die Automobilzulieferindustrie, welche zunehmend an Bedeutung gewinnt. Swissmem vereinigt diese Schweizer Unternehmen im Industriesektor Automotive. Aber noch scheint die wirtschaftliche Lage wenig angespannt. Viele Schweizer Autozulieferer nutzen zwar die Vorteile der Nähe zum deutschen Markt. Doch bei den Elektroautos verlagert sich die Zusammenarbeit mancher Schweizer Zulieferer auch Richtung China. Autozulieferer wie Ems oder Georg Fischer investieren aktuell stärker in China als in Deutschland.


Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.

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