Zum Hauptinhalt springen

Werbung

Verkehr •
Ford Muscle-Car im Schnell-Check

Dieser Mustang vereint gleich zwei aussterbende Autogattungen

Der Ford Mustang hat ohne Frage Kultstatus. Trotzdem wirkt er mit seinem durstigen V8-Motor etwas aus der Zeit gefallen – als Cabrio gleich doppelt. Trotzdem sollten solche Autos weiterhin Platz haben, findet STREETLIFE-Auto-Checker Martin A. Bartholdi. Sein Schnell-Check wird zur Ode für das Mustang Cabrio.

Paparazzi-Faktor

Beim Mustang fällt es mir schwer, unparteiisch zu sein. Ich bin ein Fan des amerikanischen Muscle-Cars, wobei zugegebenermassen nicht von jedem Jahrgang. In den späten 1980er und 1990er Jahren ging mir Ford zu sehr mit der Zeit. Die Mustangs passten sich zu sehr dem Mainstream an und liessen Charakter vermissen. Ich bin froh, besann sich Ford 2004 auf die Anfänge des Mustangs zurück und lieferte mit der fünften Auflage ein gelungenes Beispiel für Retro-Design. Die aktuell achte Generation ist ein Charakter-Typ.

Keine Spur von diesen austauschbaren Elektroautos und SUVs, die sonst auf dem Markt sind. Der Mustang bringt frischen Wind auf unsere Strassen. Mir gefällt vor allem die lange Motorhaube und die schlichten Linien. Der Kühlergrill ist etwas mächtig, aber der V8-Motor dahinter braucht Luft zum Arbeiten und für die Kühlung. Die Kerbe im Heck ist eine nette Spielerei, die dem Cabrio auch im Stand Dynamik verleiht.

Harassen-Faktor

310 Liter Ladevolumen im Kofferraum. Das sind beim Cabrio nochmal 71 Liter weniger als im sowieso schon etwas bescheidenen Kofferraum des geschlossenen Fastbacks. Und doch vergebe ich dem Convertible 3 von 5 Punkten. Wieso? Weil er einen leicht zugänglichen zusätzlichen Laderaum hat: die Rücksitze. Wer das Verdeck öffnet, kann auch klobige Gegenstände wie einen neuen Gasgrill transportieren. Im Fastback wäre das trotz mehr Ladevolumen nicht möglich gewesen, weil die Kartonschachtel schlicht die falschen Masse für den Kofferraum hatte und nicht durch die Luke passte.

Übrigens haben auf den Rücksitzen auch Erwachsene Platz, wenn es sein muss. Bei offenem Verdeck ist das etwas angenehmer als geschlossen und ich würde die Fahrt eher kurz halten.

Nerd-Faktor

Natürlich bleibt auch ein Mustang nicht im Jahr 1964 stehen. Schlichtheit war immer Fords Credo beim Sportwagen, aber die Amerikaner wissen auch, was die Kundschaft will. So verfügt der neue Mustang heutzutage natürlich über digitale Instrumente und einen 13,2 Zoll grossen Touchscreen mit Digital-Radio und Smartphone-Einbindung. Alles da, um auch die neue Generation für das legendäre Muscle-Car zu begeistern. Nur beim Verdeck scheint Ford etwas unentschlossen gewesen zu sein. Es lässt sich weder voll automatisch noch vollständig manuell bedienen. 

Ich muss es zuerst manuell entriegeln und dann elektrisch öffnen, beziehungsweise elektrisch öffnen und dann manuell verriegeln. Das ist mir ein Schritt zu viel. Es besser gewesen, wenn sich Ford für das eine oder andere entschieden hätte, statt es zu vermischen.

Monza-Faktor

Der Mustang ist kein Porsche 911 und kein McLaren. Das sind Präzisionsinstrumente für die Rennstrecke, während der Ford puren Spass auf der Strasse liefern soll. Der Mustang ist etwas schwer und bietet nicht die präzise Lenkung wie andere Sportwagen. Aber genau darin liegt sein Reiz. Es geht nicht darum, die Kurve perfekt zu fahren und neue Rundenrekorde aufzustellen, sondern einfach Runde um Runde zu geniessen, wenn ich den V8 hochdrehe und seinem natürlichen Klang lausche. Gleichzeitig beschleunigen die 446 PS (328 kW) den Mustang über die Hinterräder in 5,4 Sekunden auf 100 km/h. Wenn ich dabei noch den Wind in den Haaren spüre, ist das Glück perfekt. 

Planeten-Rettungs-Faktor

Und beides will ich geniessen, so lange es geht. Sonor klingende V8-Motoren werden beim aktuellen politischen Umfeld immer mehr aus dem Angebot genommen, oder wegen der CO2-Bussen fast unbezahlbar. Und auch Cabrios verschwinden langsam (STREETLIFE berichtete), weil sich wegen der gesellschaftlichen Kritik kaum mehr jemand traut, ein Auto einfach nur zum Spass zu kaufen. Klar, ein Werksverbrauch von 12,3 Liter auf 100 Kilometer hört sich nach viel an. Aber erstens unterbot ich diesen Wert im Schnell-Check mit einem Testverbrauch von zwölf Litern.

Und da ich noch nicht sehr sparsam gefahren bin, ist da auch durchaus noch weniger möglich. Das findet man bei anderen Fahrzeugen heutzutage eher weniger, besonders Plug-in-Hybride verbrauchen tendenziell deutlich mehr als vom Hersteller angegeben.

Zweitens ist ein Mustang Cabrio ein Spassauto für die Freizeit. Die Wenigstens nutzen es im Alltag, sondern machen an schönen Wochenenden einen Ausflug. Entsprechend wird er weniger gefahren und die CO₂-Belastung über die gesamte Lebensdauer ist immer noch kleiner als bei einem Fahrzeug mit halb so viel Verbrauch, das täglich im Einsatz ist.

Check-Bilanz

Der Mustang ist Kult, stammt aber definitiv aus einer anderen Zeit. Manchen mag der Antrieb veraltet sein, die anderen fragt sich, wieso es Cabrios braucht. Trotzdem ruf ich alle, die Spass an sportlichen Autos haben, dazu auf, ihn zu geniessen, solange es noch geht. Wieso? Der Mustang ist Freiheit. Ich mag den ehrlichen V8-Klang ohne irgendwelchen künstlichen Verstärker, aber ich würde den Mustang so wie er hier steht auch als Elektro-Version fahren – ausgenommen die SUV-Familien-Kutsche Mach-E. Das Muscle-Car erinnert mich daran, was Leben heisst. Nicht arbeiten. Nicht einkaufen.

Sobald ich das Verdeck öffnen, bläst es alle Verpflichtungen aus meinem Kopf. Ich bin im Hier und Jetzt. Der Mustang ist wie Meditation und der Weg wird zum Ziel.

 

Ford Mustang Convertible «GT»: Fakten

  • Motor: 5,0-l-V8-Benziner mit 446 PS (328 kW), 540 Nm@5100/min
  • Antrieb: 10-Gang-Automatik, Heckantrieb
  • Fahrleistung: 0-100 km/h in 5,4 s, Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
  • Verbrauch: Werk / Test: 12,3 / 12,0 l/100 km, 280 / 273 g CO₂/km, Energieeffizienz G
  • Masse: Länge/Breite/Höhe: 4,81 m / 1,92 m / 1,40 m
  • Laderaum: Kofferraum 310 l
  • Gewichte: Leergewicht: 1876 kg
  • Preis: ab 71’800 Fr., Testwagen mit Extras (adaptives Fahrwerk 2000 Fr., gelbe Lackierung 900 Fr.) 74’700 Fr. (Basis: Fastback mit Handschaltung, 446 PS, Heck: 66’500 Fr.)

Werbung