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Politik & Wirtschaft •
Änderungen bei der Verkehrsregelnverordnung

Neues Gesetz nimmt Sound-Poser ins Visier

Ab 2025 gehts Sound-Posern an den Kragen. Der Bund verschärft den Lärmschutz. Dabei gerät indirekt der Sportmodus in den Fokus. STREETLIFE sagt, was kommt – und was Milchkannen damit zu tun haben.

Mal kurz um den Block für ein paar «Pops and Bangs» (wie die Tuningszene sagt)? Wer das liebt, sollte sich als guten Vorsatz für 2025 ein neues Hobby suchen: Der Bundesrat macht ernst gegen Auspufflärm.

Was am 1. Januar im Behördensprech als neue «Rechtsgrundlagen» zur «Reduzierung von unnötigem Verkehrslärm» in Kraft tritt und auf einer Motion des Nationalrats an den Bundesrat basiert, geht tief in den Verordnungen ans Eingemachte für alle, die es laut lieben. Warum? Volkes Seele kocht. Umfragen sagen: Die Leute wollen Ruhe.

Verzeigung statt Ordnungsbusse

Vergleichsweise undramatisch ist die einzige Verschärfung der Ordnungsbussenverordnung (OBV): Lediglich das unnötige Laufenlassen des Motors im Stand wird teurer, um 20 auf 80 Franken. Neue Ordnungsbussen, wie anfangs debattiert, kommen keine. Hurra, keine neuen Bussen? Im Gegenteil: Verstösse nach den jetzt neu definierten Tatbeständen der Verkehrsregelnverordnung (VRV) werden ergo verzeigt und sind teurer.

Heute kostet solch eine Verzeigung je nach Kanton meistens ab 200 bis 300 Franken Busse plus dasselbe an Gebühren. Je nach Fall können es auch flott 1000 Franken sein, wenn zum Beispiel noch das «fortgesetzte unnötige Herumfahren in Ortschaften» dazukommt. Zwar verteilen sich Ordnungsbussen für Ordnungshüter leichter. Aber nun sind die Regeln klarer, schärfer und Strafverfahren wahrscheinlicher – und wegen des klaren Willens der Gesetzgebung tendenziell teurer. Strafrahmen von Bussen: bis hin zu 10'000 Franken

Vermeidbarer Lärm ist immer überall tabu

Die VRV weitet die Tatbestände wesentlich aus. Ein Beispiel: Bislang war die Rede von vermeidbarem Lärm «namentlich in Wohn- und Erholungsgebieten und nachts». Nun wird diese Passage gestrichen. Zwar war es bereits bislang so, dass Gerichte Wald neben einer Landstrasse als «Erholungsgebiet» interpretieren und büssen konnten. Doch das waren anfechtbare Argumentationen. Nun ist vermeidbarer Lärm immer und überall tabu.

Immerhin dürfen Milchkannen wieder klappern. Bitte? Kein Witz: Bei der Überarbeitung der VRV entfallen ein paar Anachronismen. «Andauerndes Betätigen des Anlassers» entfällt ebenso als namentliche Lärmquelle wie «Kannen und andere lärmerzeugenden Ladungen». Der Fokus liegt jetzt eben woanders: Die bäuerliche Milchkanne klappert im Vergleich zu den Fehlzündungen urbaner Lärm-Poser deutlich zurückhaltender.

Den Auspufflärm im Fokus

Künftig untersagt Artikel 33 VRV zum Beispiel explizit «hohe Drehzahlen im Leerlauf oder beim Fahren in niedrigen Gängen», «zu schnelles Beschleunigen, namentlich beim Anfahren» und das «Erzeugen von Knallgeräuschen durch Schalten oder abrupte Gaswegnahme». Wichtig: Dies sind nur die namentlichen Punkte, anderweitiger «vermeidbarer» Lärm ist ebenfalls verboten. Deshalb geht es indirekt auch dem Sportmodus an den Kragen, bisher Schlupfloch. Verbieten geht nicht, weil die Schweiz ja auf die europaweite Typengenehmigung abstellt – und die erlaubt sie. Aber in den Erläuterungen zur neuen VRV des Bundesamts für Strassen (Astra) wird klar, was gemeint ist: Da werden ausser «Fahrmanövern» auch «Einstellungen» erwähnt, die zum Erzeugen insbesondere von «Knallgeräuschen» führen. Der «Sportmodus» wird darin explizit erwähnt.

Wieso wird dann nicht gleich die Aktivierung des Sportmodus verboten? Seitens des Bundesamts heisst es: Die Unterschiede sind gross, manche Autos wählen den Fahrmodus automatisch. Darum stellt die VRV nicht direkt auf Sportmodus, Performancemodus und Co. ab, sondern auf den Sound, den die Lenkenden damit machen: Laut wird gebüsst. Der Sportmodus darf an sein, aber ist keine Ausrede für übermässigen Lärm.

Ausweisentzug kommt nicht

Der Bundesrat als Spassbremse? So einfach ist es nicht. An der Vernehmlassung waren alle Parteien sowie Verbände contra wie pro Auto dabei. Der öffentliche Druck war hoch, dennoch wurden viele Antilärmideen gebodigt. Ein Beispiel: Das Strassenverkehrsgesetzes (SVG) wird vorerst nicht geändert, um Lärm mittels Führerausweisentzug zu sanktionieren. Sowas gab es bis 2005 schon mal, aber wurde damals ebenfalls gestrichen. Grund: Entzüge sollen Gefährdung bestrafen. Das Astra verweist jedoch: Fahrzeugausweise können etwa bei technischer Manipulation des Auspuffs eingezogen werden, wenn das zu Lärm führt. Und auch die Verordnung über technische Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS) schliesst Gesetzeslücken.

Zudem kommen flankierende Massnahmen. Die Lärmblitzer dauern noch, da fehlt die gesetzliche Grundlage. Dafür kommen zum Beispiel bussenfreie Lärmdisplays. Soundfreaks sind eigentlich noch mit einem blauen Auspuffauge davongekommen: Wer Menschenverstand walten lässt, ist nicht dran. Krachmacher aber wohl.

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