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Verkehr •
Knallende Auspuffanlagen, heulende Motoren

Lärmdisplays – die letzte Chance für Lärm-Poser?

Seit kurzem ist das erste Lärmdisplay des Kantons Zürich in Betrieb. Das was? STREETLIFE erklärt, was ein Lärmdisplay ist, was es soll – und wieso es vielleicht die letzte Atempause für den Motorsound ist.

Im beschaulichen Zürcher Oberland sind leise Töne gefragt: Bei Dürnten – oder «Dürte», wie man hier sagt – prangt und misst das erste Lärmdisplay des Kantons Zürich. Eine beliebte Ausflugsregion und auch darum kein immer leiser Ort: Auf den hübschen Strässchen wird gerne mal mehr Gas gegeben, als die Idylle verträgt.

Die Zeiten für den Sound werden härter. Gerade hat der Bundesrat eine Reihe von Verschärfungen für 2025 beschlossen, die Lärm-Posern in der City und übers Land knatternden Töffs den Kampf ansagen. Eines der vielen Mittel sind, je nach Kantonswunsch, Lärm-Displays. Das Prinzip gleicht dabei jenem der bekannten Tempo-Displays mit Smileys: Korrektes Tempo gleich grünes Lächeln, zu hohes Tempo ergibt rotes Ärgern. Nur, dass das Lärm-Display jetzt eben «Kein Lärm» zu uns sagt. Neu ist das freilich nur im Kanton Zürich.

Lärmdisplays seit 2019

Bereits 2019 kam das erste Schweizer Lärmdisplay. Im Kanton Solothurn wurde es an drei Messstellen in Metzerlen-Mariastein eingesetzt: Zu laut waren fünf Prozent der Töffs und ein Prozent der Autos. Die Anlage kostete gut 20'000 Franken. Viel Geld für umstrittenen Nutzen. Manche Studien schwören darauf. Im Kanton Aargau etwa sei der Lärmpegel klar gesunken und danach wieder gestiegen, jedoch nicht auf das alte Niveau.

Mehr Studien sagen, die Wirkung sei gering. Sie verpuffe vor allem dort, wo die Belastung hoch sei – und das lärmigste Prozent bleibe das lärmigste Prozent. Sprich: Beim nächsten Mal wird wieder «gäselet». Eine Studie der Empa für das Bundesamt für Umwelt (Bafu) wertete Displays in Bern, Bulle FR, Meiringen BE und im Solothurnischen aus. Zitat: «Mit durchschnittlich 0.5 bis 1 dB ist die Wirkung so gering, dass nicht generell von einer effektiven Massnahme gesprochen werden kann.» Es könne aber zur Sensibilisierung beitragen. Eine Studie des Kantons Zürich, der neu auf Lärmdisplays setzt, sagt bei «Wirksamkeit» nur «tief». In Dürnten – ab Ende Oktober an wechselnden Standorten – soll sich zeigen, ob es nicht doch für Erleichterung sorgt.

Belohnung macht happy

Wieso reagieren wir überhaupt auf solche Displays? Verkehrspsychologen nennen sie Dialog-Displays und sagen: Das liegt weniger am schlechten Gewissen und Angst vor Strafe. Sondern am Lob für korrektes Verhalten. Der grüne Smiley beziehungsweise keine Lärmmeldung freuen uns. Gerade, weil wir für einmal nicht bestraft, sondern nur ermahnt oder eben gar gelobt werden. In Umfragen sind die Reaktionen auf so Massnahmen positiv – meist zu 60 bis 80 Prozent. Denn so sehr wir den Sound mögen: Lärmklagen häufen sich, und manch Poser benimmt sich halt daneben. Daran sind die Autohersteller nicht unschuldig: Immer ausgefeilter wird die Technik, um legal, aber mit kernigem Sound knallig und knallend unterwegs zu sein.

Kommen die Lärmblitzer?

Auf Volkes Seele reagiert die Politik: Bereits 2021 gab der Nationalrat dem Bundesrat den Auftrag, Tests mit Lärmblitzern durchzuführen – die analog zu Radarfallen das Büssen automatisieren könnten. Eine Anlage misst zum Beispiel seit Juli auf der Route zum Challpass bei Röschenz im Kanton Basel-Land. Der Standort sei gewählt worden, weil es von dort besonders viele Lärmklagen gebe, heisst es seitens der kantonalen Fachstelle Lärmschutz. In Genf wurde gemeinsam mit dem Bund getestet – um zu klären, ob Lärmblitzer praktikabel sind. Die Erfahrungen seien positiv. Auch Lausanne hat den Blitzer, in Zürich soll er kommen.

Das dürfte noch dauern

Den Behörden gäbe der Lärmblitzer erstmals ein effektives Instrument an die Hand – denn die Gesetzeslage ist heikel, jedes Verfahren will gut begründet sein. Die Jagd auf Soundsünder ist damit eröffnet, aber bleibt folgenlos. Noch sind es nur Tests, für Strafen fehlen gesetzliche Grundlagen. Die sind komplex: Für ältere Fahrzeuge gelten andere Grenzwerte als für neuere. Und es fehlen Grenzwerte fürs Vorbeifahrgeräusch. Und nicht zu vergessen: Lenkende können das Überschreiten nicht im Display erkennen. Sprich: Das dauert noch.

Lärmdisplays sind da quasi die Vorstufe: der erhobene Zeigefinger. Vielleicht sollten wir bei aller Liebe zum Sound darüber froh sein: Kommt diese Ermahnung an, lässt sich der Lärmblitzer vielleicht noch länger Zeit.

 

Was kostet mich Lärm?

Knallgeräusche durch starkes Beschleunigen? 300 Franken Busse plus 330 Franken Gebühren. Dieses reale Beispiel zeigt, wie teuer das Verursachen von «vermeidbarem Lärm» werden kann – und kommt dann zum Beispiel «unnötiges Hin- und Herfahren» dazu und ist es gar nachts in der City, sind schnell auch mal über 1000 Franken weg. Immer häufiger wird Autosound gebüsst, ob serienmässig oder nicht. Lärmvergehen sind immer eine Verzeigung, meist kosten sie je nach Kanton ab 200 bis 300 Franken noch ohne Gebühren. Aber eben «ab» – je nach Fall. Ab 2025 sollen schärfere Bestimmungen in der Verkehrsregelnverordnung gelten und parallel auch die Strafen für Lärm nochmals härter werden: Die Rede ist von bis zu 10'000 Franken.

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