Werbung
Die Schweiz sagt Nein zum Autobahn-Ausbau
Das Volk hat entschieden. Es sagt Nein zum etappenweisen Ausbau des Nationalstrassennetzes. Hier findest du die Daten zum Abstimmungsergebnis.
18.30 Uhr
Die Stimmen sind ausgezählt. Mit hauchdünnen 52,7 Prozent – das sind 134'943 Stimmen mehr – sagt die Schweiz Nein zum Autobahn-Ausbau. Damit ist die Vorlage von Bundesrat Albert Rösti verworfen und vom Tisch.
Was heisst das jetzt? Die sechs geplanten Ausbauprojekte werden also nicht mehr als Paket-Lösung umgesetzt. Einzelne Projekte könnten aber im nächsten Ausbauschritt wieder aufgenommen werden. Doch das dauert jetzt deutlich länger und tangiert weitere Projekte, die beim Bundesamt für Strassen ASTRA bereits in Planung sind. Verkehrsminister Rösti betonte schon im Abstimmungskampf, dass ein Nein, das zur Folge habe.
4,9 Milliarden Franken waren für den Ausbau eingeplant. Was passiert jetzt mit dem Geld? Es stammt aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds NAF. Es kommt vollumfänglich von den Autofahrenden, zum Beispiel über die Autobahnvignette oder die Steuern (Motorfahrzeug- und Mineralölsteuer). Die Ausbau-Gegner wollen, dass das Geld jetzt für den Unterhalt der bestehenden Infrastruktur und die Agglomerationen eingesetzt wird.
15.30 Uhr
Für den Autobahn-Ausbau wird es immer enger. Aktuell liegen zwischen Ja (48,02 %) und Nein (51,98 %) rund 90'000 Stimmen. Der Fehleranteil hat sich deutlich verkleinert, was das Aufholen kaum mehr möglich macht.
14.15 Uhr
Die Resultate sind in 25 von 26 Kantonen vorhanden. Das Ergebnis ist äusserst knapp, der Vorlage droht ein Nein an der Urne. Das Nein liegt aktuell bei 51,35 Prozent. Das sind 1'039'577 Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag bei über 44 Prozent.
13.00 Uhr
Die ersten Hochrechnungen sind da. Das Forschungsinstitut GFS Bern hat sie vor rund 30 Minuten veröffentlicht. Beim Autobahn-Ausbau liegen die Prognosen aktuell bei: Nein-Stimmen 52 Prozent. Die Resultate würden aber immer noch im Fehlerbereich liegen, noch ist ein Ja-Ergebnis möglich. Der GFS-Politologe Lukas Golder sagt zu SRF: «Es kommen weiterhin widersprüchliche Signale rein.»
🗳 Update zum Abstimmungssonntag (12:30 Uhr)
— gfs.bern (@gfsbern) November 24, 2024
📊 48% Ja (± 3%-Punkte) zum #Autobahnausbau
📊 51% Ja (± 3%-Punkte) zum Mietrecht: #Untermiete
📊 49% Ja (± 3%-Punkte) zum Mietrecht: #Eigenbedarf
📊 54% Ja (± 3%-Punkte) zu #EinheitlicheFinanzierung
11.00 Uhr
Die Stimmlokale sind vielerorts noch bis 12 Uhr geöffnet, dann geht es ans Auszählen. Neben zwei Mietrecht-Vorlagen und der einheitlichen Finanzierung im Gesundheitswesen geht es um den Ausbau des Nationalstrassennetzes. Hier will der Bund sechs Autobahnabschnitte für 4,9 Milliarden Franken ausbauen – der Verkehrsclub hat das Referendum ergriffen.
Und es wird ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Während Umfrageergebnisse im Oktober noch eher das Ja-Lager vorne sahen, zeigten Befragungen Mitte November ein etwas anderes Bild. Gemäss der SRG-Umfrage des Instituts gfs.bern (13. November) sprach sich eine hauchdünne Mehrheit der Befragten (51 %) gegen den Ausbau des Autobahnnetzes aus, während 47 Prozent der Stimmberechtigten das Projekt unterstützten und 2 Prozent unentschlossen waren.
Das wollen Bund und Parlament
Täglich staut sich der Verkehr auf dem Schweizer Autobahnnetz. Besonders drastisch präsentiert sich die Lage auf Teilstücken der A1, der A2 und der A4. Der Bundesrat spricht von «überlasteten Stellen», von «Engpässen» und von «hohen Kosten für die Bevölkerung und Wirtschaft». Und weiter: Das Autobahnnetz stosse an seine Grenzen, weil sich das Verkehrsaufkommen seit 1990 mehr als verdoppelt habe.
Mit dieser Ausgangslage will die Landesregierung das Strassennetz in mehreren Etappen ausbauen. «Staus kosten die Volkswirtschaft etwa drei Milliarden Franken. Ich bin überzeugt, dass es richtig ist, dort die Autobahnen auszubauen, wo es Stau gibt», sagte Bundesrat und Verkehrsminister Albert Rösti im STREETLIFE-Interview. «Ein Nein wäre eine Zäsur, wir sind es den Jungen schuldig.»
1. Welche Autobahn-Abschnitte stehen im Fokus?
Die Ausbaupläne betreffen diese sechs Autobahnstücke:
- A1 zwischen Le Vengeron und Nyon
- A1 zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl
- A1 zwischen Schönbühl und Kirchberg
- A2 bei Basel (neuer Rheintunnel)
- A4 bei Schaffhausen (2. Röhre Fäsenstaubtunnel)
- A1 bei St. Gallen (3. Röhre Rosenbergtunnel)
2. Wie lange sollen die Bauarbeiten dauern?
Bei den vorgeschlagenen Teilstücken handelt es sich gemäss dem Entwicklungsprogramm STEP Nationalstrassen um baureife Projekte. Die Bauarbeiten könnten nach positivem Abstimmungsresultat schnell aufgenommen werden. Als Baustart für die Erweiterung Wankdorf-Schönbühl BE wird das Jahr 2027 genannt, das Projekt in der Westschweiz könnte bis 2033 realisiert werden, einzig beim Rheintunnel in Basel müsste man sich etwas gedulden. Hier geht man von 2040 aus.
3. Wie viel Geld kostet der Ausbau?
Für die sechs Projekte hat der Bund 4,9 Milliarden Franken vorgesehen. Finanziert wird der Ausbau aus dem zweckgebundenen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds NAF. Einnahmen aus dem Vignettenverkauf oder der Mineralölsteuer fliessen in diesen Fonds. Dürfen Mittel aus dem Fonds für andere Zwecke als den Unterhalt und Ausbau der Autobahnen verwendet werden? Nein. Auch wenn sich das Volk gegen den Ausbau entscheidet, das Geld muss wieder in die Autobahnen investiert werden. Das teuerste Bauprojekt innerhalb der Vorlage ist der Rheintunnel in Basel, er soll über 2,5 Milliarden Franken kostet.
4. Können sich Direktbetroffene wehren?
Ja. Gemäss dem Bundesamt für Strassen ASTRA ändert sich auch nach einem Ja zum Ausbau am Bewilligungsverfahren nichts. «Direkt betroffene Personen, Gemeinden und Verbände können sich zu den einzelnen Projekten äussern und gegebenenfalls Beschwerde vor Gericht einreichen», schreibt die Behörde auf ihrer Internetseite.
5. National- und Ständerat stimmten für den Ausbau, mit welchem Verhältnis?
Der Autobahn-Ausbau war auch in den zwei Kammern des Parlaments ein heisses Eisen. Während sich der Nationalrat eher knapp für den Ausbau aussprach, war das Ergebnis im Ständerat deutlich.
6. Wer sind die Gegner, was sind ihre Argumente?
Von Links-grün kommt massive Kritik an den Ausbauplänen des Bundesrates. Im Nationalrat stellten sich die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP geschlossen gegen den Entwurf. Hinter der Allianz «Nein zum masslosen Autobahn-Ausbau» stehen 30 Organisationen, Parteien und Verbände unter der Führung des VCS. Darunter die Klima-Allianz Schweiz, die Klimaseniorinnen Schweiz und der Verband Fussverkehr Schweiz. «Überdimensioniert, überteuert, klimaschädlich» sind die Hauptargumente der Ausbau-Gegnerschaft (siehe Artikel Pro und Contra).
7. Wer sind die Befürworter, was sind ihre Argumente?
Die Mitte, FDP, SVP sprechen sich mehrheitlich für den Ausbau aus. Diese Vorlage sei von «grösster Bedeutung für die Bevölkerung, für Pendlerinnen und Pendler, für Anwohnerinnen und Anwohner, überhaupt für die gesamte Wirtschaft», sagte Mitte-Ständerat und Gewerbeverbandspräsident Fabio Regazzi. Gerade das Gewerbe will den Ausbau unbedingt, stehen doch viele Gewerbetreibende täglich mit ihren Lieferwagen im Stau. Das koste Geld – und schade der Wirtschaft. Das Hauptargument der Befürworter ist deshalb auch: «Mobilität ist der Schlüssel zu Freiheit und Fortschritt.» Die Vorlage wird zudem vom Wirtschaftsverband Economiesuisse, dem Auto Gewerbe Verband Schweiz und dem Schweizerischen Baumeisterverband unterstützt.
8. Das verspricht der Bundesrat
«Bundesrat und Parlament wollen mit sechs Projekten gezielt Engpässe beseitigen, damit Lastwagen und Autos nicht in Wohnquartiere und Dörfer ausweichen», schreibt er in seiner Stellungsnahme zur Vorlage. Durch den Ausbau wolle man diesen Ausweichverkehr reduzieren, was zu mehr Sicherheit und Lebensqualität der Bevölkerung führe. Damit der Autobahn-Ausbau zudem nicht der Natur und Umwelt schade, sollen verschiedene Ausgleichsmassnahmen getroffen werden. Das können aufgeforstete Wälder oder freigelegte Bäche sein.
Werbung