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Politik & Wirtschaft •
Bundesrat Albert Rösti zum Autobahnausbau

«Ein Nein wäre eine Zäsur, wir sind es den Jungen schuldig»

Voraussichtlich im November 2024 stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über den Ausbau der Autobahn ab. Verkehrsminister Albert Rösti (SVP) ist schon heute im Abstimmungskampf. Mit STREETLIFE sprach er über die wichtige Bedeutung eines funktionierenden Verkehrsnetzes.

Wird das Schweizer Autobahnnetz an sechs Stellen ausgebaut oder nicht? Diese Frage muss die Schweizer Stimmbevölkerung dieses Jahr beantworten. Für Bundesrat Albert Rösti bedeutet das: Seit dem Eingang des Referendums gegen seine Ausbaupläne steckt er mitten im Abstimmungskampf. Der Vorsteher des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK nutzt deshalb jede Gelegenheit, um sich für die Position des Bundesrates starkzumachen. So auch gestern am «Tag der Garagen», dem grossen Treffen des Autogewerbeverbandes der Schweiz AGVS im Kursaal in Bern.

Deshalb braucht es den Ausbau

«Die Gegner behaupten, mehr Autobahnen führen zu mehr Verkehr. Aber der Verkehr ist schon da und steht, statt dass er fährt», sagte der SVP-Bundesrat in seiner Rede vor den rund 900 Gästen und präzisierte im Gespräch mit STREETLIFE: «Wir haben 30'000 Staustunden in der Schweiz. Das kostet die Volkswirtschaft etwa drei Milliarden Franken. Ich bin überzeugt, dass es richtig ist, dort die Autobahnen auszubauen, wo es Stau gibt.» Und das sei bei den aktuellen Projekten der Fall. «Wir brauchen eine Infrastruktur, die unserer Bevölkerungszahl gerecht wird.»

Und die Schweizer Bevölkerung ist in den letzten Jahren stark gewachsen. «In den letzten 20 Jahren sind 1,6 Millionen mehr Menschen in die Schweiz gekommen. Unser Land zählt heute eine Bevölkerung von fast neun Millionen. Um diese Mobilität zu bewältigen, braucht es alle Verkehrsmittel, also den Individualverkehr und den öffentlichen Verkehr.» Deshalb sich der der UVEK-Vorsteher auch etwa als Vermittler: «Wir brauchen das Auto sowie die Bahn und dürfen sie nicht gegeneinander ausspielen.»

Ein Auto-Bundesrat?

Vor seiner Wahl in den Bundesrat war Albert Rösti für kurze Zeit Präsident des Verbands der Schweizer Importeure, Auto-Schweiz. Wegen dieses früheren Mandates sowie seiner Mitgliedschaft in der SVP wird er von Gegnern des Individualverkehrs oder des Autobahnausbaus gerne als Auto-Bundesrat kritisiert. Dem widerspricht Rösti bestimmt: «Ich bin ein Bahnfan bin und als Kind oft Zug gefahren bin: zur Schule, ins Gymi und später ins Studium. Ohne die Bahn hätte ich meine berufliche Karriere gar nicht machen können. Denn ein Auto lag damals nicht drin.»

Neben dieser persönlichen Erinnerungen würde auch seine Politik dem Vorwurf des Auto-Bundesrates widersprechen. «Ich habe auch Ausbauprojekte für die Bahn vorgestellt, die sogar umfassender sind als jene für die Strasse. Und ich treibe diese mit gleicher, wenn nicht sogar grösserer Überzeugung voran.»

Für ruhige Dörfer

Und so weibelt der UVEK-Chef dieses Jahr für den Ausbau der sechs Autobahnabschnitte am Genfersee, in Bern Schönbühl sowie Wankdorf, Basel, St. Gallen und Schaffhausen. Denn ihm ist klar: «Ein Selbstläufer wird diese Abstimmung nicht.» Rösti nimmt den Abstimmungskampf ernst und will mit Argumenten überzeugen. «Stau sorgt für mehr CO2-Austoss, weshalb der Ausbau ökologisch ist. Zudem haben wir weniger Autos in den Dörfern. Bei Stau auf der Autobahn umfahren die Autofahrer diesen auf den Hauptstrassen und schon haben wir auch in den Dörfern Stau, wo dann das ganze Gewerbe stillsteht.» Zudem seien drei der sechs Ausbauprojekte Tunnel, welche die Autobahnen widerstandsfähiger machen und die Umgebung vor Lärm schützen würde.

Mit all diesen Argumenten hat Bundesrat Rösti das Publikum im Kursaal aufgefordert, sich für den Ausbau der Autobahnen einzusetzen. «Es wäre eine Zäsur, wenn wir diese Abstimmung verlieren würden», führt der Verkehrsminister weiter aus. Denn es sei vorgesehen, dass alle vier Jahre ein Paket mit Ausbauprojekten realisiert werde. Nicht für die heutige, sondern für die nächste Generation, so Rösti. «Wir haben die Infrastruktur von unseren Vorfahren erhalten. Und jetzt müssen wir sie für unsere Nachkommen für die nächsten zwanzig bis dreissig Jahre bauen. Das sind wir den Jungen schuldig.» 

Der geplante Autobahnausbau

Im letzten Jahr haben National- und Ständerat einen Kredit von 5,3 Milliarden Franken bewilligt, um die Autobahnen auf fünf Abschnitten in sechs Städten auszubauen. Es profitieren die Städte Genf, Bern, Basel, Schaffhausen und St. Gallen. Damit will der Bund die Engpässe auf den Autobahnen beheben. Folgende Ausbauprojekte sind geplant:

  • Genf: Ausbau der A1 zwischen Le Vengeron (GE) und Nyon (VD) auf sechs Spuren.
  • Bern: Ausbau der A1 zwischen Wankdorf und Schönbühl auf acht und zwischen Schönbühl und Kirchberg auf sechs Spuren.
  • Basel: Bau eines neuen Tunnels unter dem Rhein zwischen Birsfelden (BL) und Kleinhüningen (BS) als Entlastung der A2-Osttangente zwischen Wiesen und Hagnau.
  • Schaffhausen: Bau einer zweiten Röhre für den Fäsenstaubtunnel auf der A4 zwischen Schaffhausen Süd und Herblingen.
  • St. Gallen: Bau einer dritten Röhre für den Rosenbergtunnel auf der A1 zwischen Kreuzbleichen und St. Fiden.

Nach diesem ersten Paket sollen später weitere Ausbauprojekte die notwendigen Finanzmittel vom Bund erhalten. Doch zuerst entscheidet nun das Stimmvolk über den Ausbau. Die Allianz «Stopp Autobahn-Bauwahn» unter der Führung des VCS hat ein Referendum mit 100'000 Unterschriften gegen die Projekte eingereicht. SP und Grüne haben die Allianz beim Sammeln der Unterschriften unterstützt. Die Abstimmung findet voraussichtlich im November statt, gab Bundesrat Rösti gestern beim «Tag der Garagen» einen Einblick in die Abstimmungs-Agenda.

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