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Jaguar F-Type Cabrio

Abschiedsfahrt mit einmaliger Klangkulisse

Mit dem F-Type hat Jaguar vor zehn Jahren einen der lautesten Sportwagen herausgebracht. Inzwischen konserviert die britische Nationalbibliothek seinen V8-Sound für die Nachwelt, denn nächstes Jahr endet die Produktion des F-Type. Im STREETLIFE-Auto-Check gehen wir dem Klang auf den Grund.

Ich stehe am Lichtsignal und zittere am ganzen Körper. Nicht, weil ich frieren würde oder Angst hätte. Es ist der V8-Benziner im Jaguar F-Type. Im Leerlauf wummert der Motor mit fünf Litern Hubraum sonor vor sich hin. Dabei vibriert er sanft und überträgt diese Vibrationen auf den britischen Sportwagen bis hin zu den Insassen.

Schönes Zittern

Ich ertappe mich dabei, dass mich das nicht stört. Im Gegenteil: Es gefällt mir. Aber wieso ist das so? Diese Frage beschäftigt mich auf der weiteren Fahrt. Ich weiss, bei einer Limousine wie dem Jaguar XE oder einem SUV wie Jaguars E-Pace würden mich solche Vibrationen schon stören. Aber das sind eben keine Sportwagen. Der F-Type strotzt in der Topversion mit 575 PS (423 kW) vor Kraft und lässt mich seine Power durch die Vibrationen spüren. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr realisiere ich: Genau das ist der Punkt! Die Kraft umgibt mich. Ich spüre sie in Form der Vibrationen, sehe sie in Form schnell vorbeiziehender Bäume und höre sie in Form des mit der höheren Drehzahl ansteigenden Grollens des V8. So begeistert mich der F-Type und weckt Emotionen in mir.

Computerspiel Elektroauto

Wieso schafft es ein Elektroauto bisher nicht, mich in ähnlicher Weise zu begeistern? Nicht einmal das 1020 PS (750 kW) starke Tesla Model X Plaid schaffte das mit seiner irren Beschleunigung von 2,6 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100. Kein Vergleich zu den 3,7 Sekunden des F-Type. Und selbst die meisten Flugzeuge drücken einen beim Start heute nicht so in den Sitz wie das Model X. Aber nach diesem Bruchteil einer Sekunde ist die ganze Faszination verflogen und den Tesla zu fahren wird zum Computerspiel. So fühlt es sich zumindest immer für mich an, wenn ich ein Elektroauto fahre. Sie sind mir zu ruhig und ich sehe praktisch nur an Ziffern im digitalen Tacho und der sich bewegenden Navi-Karte, dass ich mich bewege ¬– eben wie in einem Computerspiel.

Der reale Jaguar

Und jetzt wird mir langsam klar, wieso der zitternde Jaguar F-Type, zumindest mich, mehr fasziniert als ein schweigsames Elektroauto. Es wirkt mehr wie die reale Welt. Ich fühle sein schlagendes V8-Herz und weiss, es ist alles in Ordnung. Vergleichbar mit dem Moment im abendlichen Bett, wenn die Frau in meinem Arm schon schläft und ich beruhigt auch einschlafen kann, wenn ich ihren Herzschlag spüre.

Den Kurvenvergleich spare ich mir und belasse es dabei, dass mir der F-Type optisch gefällt – vor allem mit offenem Verdeck. Die neue Front, die der offene Sportwagen seit 2019 trägt, lässt ihn eleganter wirken. Wohingegen die aggressivere erste Version besser zum brachialen Sound des britischen Sportwagens passte. Womit wir zum zweiten Erkennungsmerkmal des F-Type kommen. Sein Motorensound ist so markant, dass die britische Nationalbibliothek Tonaufnahmen davon in sein Archiv aufgenommen hat, um sie für künftige Generation zu bewahren. Mit anderen Klängen, die heute nicht mehr zu hören sind.

Der Klang der Vergangenheit

Auch die Klänge des Jaguar-V8 dürften in naher Zukunft verklingen. Dies nicht nur wegen der Umweltziele der Staaten oder der Image-getriebenen Nachhaltigkeits-Beteuerungen der Hersteller, sondern auch wegen der immer schärferen Lärmvorschriften. Beides zusammen wird zu elektrischen Sportwagen führen, die eindrückliche Leistungsdaten haben und auf ihre Art faszinieren werden. Aber am Steuer des F-Type interessiert weder die Zukunft noch die Vergangenheit, sondern ich geniesse einfach die Gegenwart – und die einmalige Soundkulisse des V8.

chon wenn ich den Startknopf drücke, erwacht der Motor mit einem wilden Fauchen. Durch den Ort in Richtung Landstrasse überlasse ich das Schalten der 8-Gang-Automatik. Sie hält die Drehzahl und damit die Geräuschkulisse tief. Das leichte Blubbern aus dem Auspuff stört keine Fussgänger. Erst auf einer abgelegenen Landstrasse greife ich nach den metallenen Schaltwippen, schalte runter und drehe den V8 aus. Je höher der Drehzahlzeiger dreht, desto lauter brüllt der F-Type aus den vier Auspuffrohren. Bei 6000 Umdrehung zuckt meine Hand wieder zur Schaltwippe und mit einem knackigen Zwischengasstoss schaltet der F-Type sportlich-ruppig einen Gang höher. Das weckt Emotionen: zu hören und spüren, wie das Fahrzeug auf meine Aktionen reagiert, sei es beschleunigen, schalten oder bremsen!  

Gut in Form

Mit seinem Allradantrieb beschleunigt der F-Type kontrolliert aus jeder Kurve und vermittelt mir am Steuer ein sicheres Gefühl. Das ist wichtig, denn das Heck wird manchmal etwas leicht, weil wegen des V8 mehr Gewicht auf der Vorderachse liegt. Dank dem Allrad ziehen uns die Vorderräder sofort wieder in die Spur, wenn das Heck auch nur einen Hauch andeutet, ausbrechen zu wollen. Im Hinblick darauf, dass der F-Type schon zehn Jahre auf dem Buckel hat, ist er gut in Form, wenn er auch mit fast 1,9 Tonnen Leergewicht etwas schwer ist für einen Sportwagen. Aber das zeigt sich erst im Grenzbereich. Im Alltag begeistert er mit spontaner Beschleunigung und Präzision, untermalt vom bollernden Konzert des V8 – das sich bei offenem Verdeck noch mehr geniessen lässt!

Fazit

Der F-Type lässt sich seine zehn Jahre nicht ansehen. Frisch und agil bietet er zum Abschied puren Fahrspass. Nächstes Jahr wird die Produktion des britischen Sportwagens eingestellt. Kein Wunder haben die letzten Modelle wie das von STREETLIFE getestete Cabrio ab 155'800 Franken ihren Preis. Aber dafür gibt es auch ein Stück Auto-Historie, denn Sportwagen wie der F-Type werden in Zukunft nicht mehr gebaut. Also Verdeck runter, Sonnenbrille auf und einfach geniessen!

Jaguar F-Type P575 Convertible R75: Fakten

  • Benzinmotor: 5,0-V8-Kompressor, 575 PS (423 kW) und 700 Nm@1500/min
  • Antrieb: 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb
  • Fahrleistung: 0-100 km/h in 3,7s, Höchstgeschwindigkeit 300 km/h
  • Verbrauch: 10,7 l/100 km = 243 g CO₂/km
  • Länge/Breite/Höhe: 4,47 m / 1,92 m / 1,31 m
  • Laderaum: Kofferraum 233 Liter
  • Leergewicht: 1865 Kilogramm
  • Preis: ab 155'800 Fr. (Basis, 300 PS, Benzin, Heckantrieb: 91'100 Fr.)

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