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Maserati Grecale Trofeo 

Orchestraler Widerhall an den Felswänden des Grimsels

Mittlerweile sind Sportwagenhersteller, welche keine SUV-Modelle im Angebot haben, vom Aussterben bedroht. Sogar SUV-Verweigerer Ferrari hat nun das Handtuch geworfen und mit dem Purosangue ein erfolgreiches Hochsitzfahrzeug im Programm. Zur italienischen Liga der sportiven SUVs gehört auch der Maserati Grecale Trofeo. 

Zum ersten Mal lernte ich den Grecale auf Korsika kennen. Ein Tief bei Malta drückte den Mittelmeerwind «Grecale» über die Insel. Hohe Wellen schlugen gegen die Hafenmauer bei Bastia. Zum zweiten Mal lernte ich den Grecale als überzeugender SUV von Maserati kennen. Ob der neue Maserati Grecale Trofeo mit seinem 530 PS-starken 6-Zylindermotor auch bei den Fans italienischer Edel-SUVs hohe Wellen werfen kann, zeigt der STREETLIFE-Test. 

Plattformverwandt  

Die Begegnung mit dem Maserati Grecale Trofeo löst auf Anhieb positive Gefühle aus. Der Grecale erfüllt die hohen Ansprüche an italienisches Autodesign. Allerdings würde der italienische SUV noch dynamischer wirken, wenn die Karosserieüberhänge etwas weniger ausladend ausgefallen wären – hinten über einen Meter, vorne fast einen Meter. Maseratis SUV baut auf der Giorgio-Plattform von Stellantis auf – welche auch von Konzernbruder Alfa Romeo Stelvio genutzt wird.

Seine enge Verwandtschaft mit dem Stelvio ist unverkennbar. Der Grecale erinnert aber auch an den Ford Puma oder von den Front- und Heckscheinwerfern her an den Porsche Cayenne. Selbstverständlich zielt Maserati preislich und qualitativ nicht auf die Zielgruppe des Pumas, sondern des Cayennes. Zu Recht. 

Imagekorrektur nach oben 

In den 1980er-Jahren gab es den Maserati Biturbo, welcher manchen Besitzer in einen frühzeitigen Alterungssprozess trieb. Die schlechte Verarbeitungsqualität des Biturbos beschädigte damals das Image von Maserati. Heute gibt es keinen Grund mehr zum Klagen.

Im aktuellen Grecale sind Passgenauigkeit, Materialauswahl, Haptik, Karosserieverarbeitung, Leder, Nähte und weitere Detailqualitäten sehr zufriedenstellend. In den sehr genau einstellbaren Sitzen könnte man stundenlang Platz nehmen, um über italienische Küstenstrassen oder Alpenpässe zu fahren. Der Maserati Grecale Trofeo strahlt Hochwertigkeit aus. 

Nettuno-Triebwerk 

Wer den Grecale Trofeo startet, wird vom herrlich tiefen Grummelton des legendären Nettuno-Motors sofort in Begeisterung versetzt. Das 6-Zylinder-Nettuno-Triebwerk, welches Maseratis Supersportwagen MC20 in 2,9 Sekunden auf 100 km/h treibt, ist mit identischem Hubraum auch im Grecale Trofeo verbaut.

Auf die im Motorsport übliche Trockensumpfschmierung muss der Grecale verzichten, nicht zuletzt auch wegen der Zylinderabschaltung, welche im reduzierten Auslastungsbereich die gesamte rechte Zylinderbank stilllegt. Zudem ist der Nettuno-Motor im Grecale um 100 PS gedrosselt, was aber den Fahrspass kaum schmälert. Die 530 PS (390kW) schieben die 2'027 Kilogramm des stattlichen SUV konsequent vorwärts – in 3,8 Sekunden auf 100 km/h. 

Widerhall an den Felswänden des Grimsels 

Im Fahrmodus können fünf Eskalationsstufen angewählt werden. Den OFFROAD-Modus haben wir nicht getestet. Modus COMFORT und GT bieten eine gute Mischung zwischen ausreichender Dynamik und angenehmen Reisekomfort. Die Lenkungsunterstützung in COMFORT könnte zurückhaltender sein. Auf der Anreise zum Grimselpass entlang des Lungernsees und über den Brünig passt aber der COMFORT-Modus bestens.

Die Strassenfugen werden kommuniziert, ohne zu stören. Beim Anstieg nach Guttanen meint es das Schicksal mit den motorsportlich Reisenden gut. Zu den wenigen Reisenden gehören die Mitglieder eines holländischen Porscheclubs. Und hinter uns drängt eine Fahrerin im brandneuen Honda Civic Type R. Das Profil des Grimselpasses bietet dem Maserati Grecale Trofeo Leistungsfreiraum. Zwischen Guttannen und Passhöhe gehört nun der SPORT-Modus zur Pflicht.

Im Zusammenspiel mit dem fantastischen Allrad-Achtstufenautomat von ZF läuft das Nettuno-Triebwerk zur Höchstform auf. Die manuellen Eingriffe über die perfekt platzierten Schaltpadel machen süchtig. Der Sprint des 2-Tönners, begleitet mit massivem Donnerknall beim Zwischengas, erzeugt beim holländischen Porscheclub Respekt. Der Widerhall des Nettuno-Motors an den Felswänden des Grimsels klingt orchestral. 

CORSA-Spektakel 

Zwei Tage später. Sieben Uhr. Der Morgenhimmel über Gletsch leuchtet rosarot. Bis auf zwei ausländische Verkehrsbehinderungstouristen scheint der Furkapass noch verlassen zu sein. Der STREETLIFE-Test kommt nun in die Phase des Leistungsmaximums. Das heisst konkret: CORSA-Modus mit Launch Control. Die Karosserie senkt sich noch weiter nach unten als im SPORT-Modus. Die Federung und die Lenkung wirken nun definitiv zu hart.

Das Heck wirkt jetzt für den Nichtrennfahrer eher bedrohlich. Und wenige Kilometer nach Beginn des CORSA-Spektakels blockiert doch tatsächlich eine Kuhherde die Passstrasse – eine herrlich schweizerische Situation der Entschleunigung. Einige Minuten später, die Kühe stechen seitwärts Richtung saftig grüne Wiesen, bietet der Maserati Grecale Torfeo weiterhin grosses Fahrspektakel. Zurück im SPORT-Modus, zeigt das Fahrwerk des Grecale beim Aufstieg zur Furkapasshöhe, dass Maserati das Zusammenspiel zwischen Fahrwerkabstimmung, elektronischem Eingriff, Antrieb und Bremsleistung beherrscht.  

Letzte Kritik 

Gibt es beim Grecale auch noch Kritik? Ja. Rein optisch strahlen die acht vertikalen Streben im Frontkühler totalen Maserati-Style aus. Aber jedem Grecale-Besitzer sei eindringlich abgeraten, mit den Fingern an diese Streben zu klopfen. Den Plastik-artigen Klang bringt man nicht so schnell wieder aus dem Kopf.

Dieser Klang ist mit dem Einstiegspreis des Maserati Grecale Trofeo von 127'200 Franken nur schwer vereinbar. Klar, der Dreizack-SUV kämpft zugunsten der Performance um jedes Kilo Übergewicht – die Kardanwelle besteht beispielsweise aus Karbonfaser. Aber den Streben im Fronteinlass würde ein hochwertigeres Material besser anstehen. 

Fakten zum Maserati Grecale Torfeo:

  • Grundpreis CHF 127’200 
  • 6-Zylinder-3.0 Liter-Benzinmotor 
  • Allradantrieb 
  • ZF-8-Gang-Automat 
  • 620 Nm bei 3.000 – 5.500 U/min 
  • 530 PS (390 kW) bei 6.750 U/min 
  • Höchstgeschwindigkeit: 285 km/h 
  • 0 – 100 km/h in 3,8 Sek.
  • Leergewicht: 2.027 kg 
  • Verbrauch WLTP: kombiniert 11,2 Liter/100 km 
  • Verbrauch STREETLIFE degressiv: 9,8 Liter/100 km 
  • Verbrauch STREETLIFE sportiv: 15,8 Liter/100 km 
  • Effizienzklasse G

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