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Dieser SUV denkt, er sei ein E-Auto
SUV verkaufen sich wie warme Weggli. Das merkt auch eine Sportwagenmarke wie Jaguar. Der kleine Crossover E-Pace hat sich zum Bestseller gemausert. Was macht ihn so beliebt? Der STREETLIFE-Test soll die Antwort liefern.
Der E-Pace ist Jaguars zweiter SUV. Er soll als wendiger City-SUV überzeugen und mit sportlicher Spritzigkeit auch Fahrspass bieten. Deshalb orientiert sich sein Design an jenem des Sportwagens F-Type. Das ist an den länglichen Frontleuchten, den ausgestellten hinteren Radhäusern und dem schnittigen Heck mit abfallender Dachlinie zu sehen. Im Interieur scheint die Mittelkonsole nicht nur vom F-Type inspiriert, sondern regelrecht übernommen worden zu sein. Wie im Sportwagen befindet sich neben dem zehn Zoll grossen Touchscreen zum Beifahrersitz hin ein kleiner Holmen mit Haltegriff für den Mitfahrenden. Da der E-Pace aber geräumiger ist als der Zweisitzer F-Type, grenzt es die Insassen weniger voneinander ab.
Im F-Type sind die Mitfahrenden je nach Fahrweise froh, wenn sie sich irgendwo festklammern können. Im E-Pace hingegen ist der Griff nicht viel mehr als ein Designelement, da der City-SUV kaum sportlich gefahren wird. Deshalb war für viele Anhänger der Marke mit der Raubkatze im Logo die Lancierung des ersten SUV F-Pace 2016 ein Bruch mit der Tradition und ein Verrat an der Historie. Was macht ein SUV im Angebot einer Marke, die für grosse Limousinen und elegante Sportwagen bekannt ist? Beispielsweise der legendäre E-Type ist in die Geschichte eingegangen und gilt heute als eines der schönsten Autos aller Zeiten. Dazu war die britische Marke auch im Motorsport erfolgreich. Sieben Siege holte Jaguar beim legendären 24-Stunden von Le Mans (F), drei davon von 1955 bis 1957 in Folge.
Doch die Zeiten haben sich verändert und wer stehenbleibt, fällt zurück. Jaguar brauchte die SUV, um die Verkäufe anzukurbeln – und das leicht angestaubte Image loszuwerden. Mit Erfolg! Heute ist ein Drittel der verkauften Jaguar in der Schweiz der grosse SUV F-Pace, ein Drittel der kleine Crossover E-Pace und ein Drittel die restlichen Modelle vom F-Type über den Stromer I-Pace zu den Limousinen XE und XF.
Elektrischer Alltag
Auch beim Antrieb geht Jaguar mit der Zeit und bietet den aufgefrischten E-Pace als Plug-in-Hybrid. Die Kombination aus Benzin- und Elektromotor mit der freien Wahl, welcher Antrieb für den Vortrieb sorgt, ist wie gemacht für einen City-SUV. Damit kann der E-Pace in der Stadt praktisch immer elektrisch fahren. Jaguar gibt die elektrische Reichweite mit 58 Kilometern an. Im STREETLIFE-Test stellt sich dieser Wert als durchaus realistisch heraus. Nach dem Laden zeigte die Anzeige über 55 Kilometer Reichweite an und um die 50 Kilometer konnten wir fahren, bis die Batterie leer war. Damit kann die Durchschnittsschweizerin oder der Durchschnittsschweizer den Alltag rein elektrisch meistern.
In diesem Fall wird der City-SUV nur vom 109 PS (80 kW) starken Elektromotor über die Hinterräder angetrieben. Die Höchstgeschwindigkeit wird dabei zugunsten der Reichweite auf 135 km/h beschränkt. Mehr als genug, denn auf der Autobahn ist der E-Antrieb sowieso nicht sonderlich effizient, erst recht nicht in einem Plug-in-Hybrid. In der Stadt kommt im E-Pace dagegen schon fast Sportwagenfeeling auf. Sein Drehmoment von 250 Nm hat relativ leichtes Spiel mit dem fast 2,2 Tonnen schweren City-SUV und wir spurten flott von Ampel zu Ampel. Der E-Motor hat allerdings seine Grenzen. Mit vier Erwachsenen beladen und bergauf, braucht er die Hilfe des Benzinmotors, um vom Stoppschild wegzukommen.
Der 200 PS (147 kW) starke Dreizylinder-Turbobenzinmotor schaltet sich im Hybridmodus bei Bedarf zu. Auch dessen Beschleunigung kann sich mit 200 Nm Drehmoment sehen lassen und wenn die beiden Motoren mit 309 PS (227 kW) und 540 Nm Systemleistung zusammenspannen, drückt es uns schon leicht in den Sitz, wenn wir auf die Autobahn auffahren. Den Spurt von 0 auf 100 km/h schafft der E-Pace als Plug-in-Hybrid in 6,5 Sekunden. Im Hybridmodus begleitet uns dabei ein freches Knattern der drei Zylinder. Nostalgiker mögen die Nase rümpfen und einem Zwölf- oder Sechszylinder von Jaguar nachtrauern, aber in der heutigen Zeit ist der knattrige Dreier ein guter Kompromiss zwischen Lärmschutz und frechem Sound, gerade in der Stadt.
Manchmal zu elektrisch
Beim Fahren stört der Klang des Benzinmotors jedenfalls nicht. Er arbeitet dezent im Hintergrund, wenn wir nicht gerade stärker beschleunigen. So dezent, dass wir uns manchmal fragen, welcher Antrieb jetzt überhaupt für den Vortrieb sorgt, da das System kaum spürbar zwischen den beiden Motoren wechselt. Und hier kommen wir zu einem kleinen Kritikpunkt des Hybridantriebs. Manchmal fährt er uns zu oft elektrisch, als hätten wir ein E-Auto gekauft. Sobald wir die Reisegeschwindigkeit von 80 km/h ausserorts oder 120 km/h erreicht haben, fährt der E-Pace elektrisch. So fahren wir auf längeren Strecken die Batterie leer und müssen mit dem Benzinmotor am Ziel durch die Stadt fahren.
Ja, auch Jaguar hat für solche Situation den sogenannten Hold-Modus. Dabei soll das System den Ladezustand der Batterie halten, damit wir am Ziel elektrisch fahren können. Im E-Pace hält es aber nicht nur die Reichweite, sondern lädt die Batterie effektiv, sodass wir am Ende deutlich mehr Reichweite hatten als bei Aktivierung des Hold-Modus. Jammern auf hohem Niveau? Nein. Mehr Reichweite ist zwar schön, aber in diesem Fall nicht effizient. Mit dem Benzinmotor zu laden, treibt den Verbrauch unnötig in die Höhe. Und mit der beim Bremsen zurückgewonnen Energie liesse sich der Benzinmotor während der Fahrt unterstützen und so auch auf längeren Strecken Sprit sparen.
Mit einer geringen Software-Anpassung könnte Jaguar hier einen Mehrwert für Kundinnen und Kunden erzielen. Der E-Pace ist schon ein effizienter City-SUV. Den utopischen Werksverbrauch von 1,7 Liter verpassen wir zwar, aber das ist normal bei Plug-ins. Dieser Laborwert wird auf den ersten 100 Kilometern mit voller Batterie ermittelt. Unser Testverbrauch von 6,4 Liter geht für einen 2,2 Tonnen schweren SUV mit 309 PS und Allrad in Ordnung – und je mehr man lädt, desto weniger Sprit braucht man.
Fazit
Mit dem E-Pace hat sich Jaguar ein frisches Image verpasst. Der City-SUV trifft den Kern der Zeit, gerade mit seinem Plug-in-Hybridantrieb. Kleine Schwächen in der Abstimmung des Hybridantriebs macht er mit einer realistischen elektrischen Reichweite von über 50 Kilometern wett. Ganz günstig ist der Jaguar ab 67'200 Franken allerdings nicht. Zu seinen Stärken gehört die direkte Lenkung. Mit dem Komfort und dem geräumigen Platzangebot ist der Jaguar E-Pace an Familien-Typ.
Jaguar E-Pace P300e AWD: Facts
- Benzinmotor: 1,5-Liter-Dreizylinder-Turbo mit 200 PS (147 kW) und 200 Nm@1500/min
- Elektromotor: 109 PS (80 kW), 250 Nm@1/min
- Systemleistung: 309 PS (227 kW) 450 Nm
- Antrieb: 8-Stufen-Automatik, Allrad
- Batterie: Brutto/Netto 15/13,17 kWh = 58 km Reichweite
- Fahrleistung: 0-100 km/h in 6,2 s, Höchstgeschwindigkeit: 216 km/h
- Verbrauch: Werk/Test: 1,7/6,4 l/100 km + 20,7/23,5 kWh/100 km = 38/148 g CO2/km
- Länge/Breite/Höhe: 4,40 m / 1,98 m / 1,65 m
- Laderaum: 494 bis 1170 Liter
- Leergewicht: 2173 Kilogramm
- Preis: ab 67'200 Fr.
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