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Politik & Wirtschaft •
Totale Digitalisierung

Postautofahren nur noch mit Smartphone möglich?

Die Mobilität erfordert zunehmende Digitalkompetenz. Die Menüführungen in modernen Autos werden immer komplexer. Und bald soll auch das Postautofahren ohne Smartphone nicht mehr möglich sein.

Innerhalb des Redaktionsteams von STREETLIFE vertrete ich jenes Alterssegment, welches für eine leicht eingeschränkte Digitalkompetenz steht. Meine Lernkurve bei der Anwendung der redaktionsinternen Softwarelösungen wird als relativ flach beurteilt. Gehöre ich bereits zur Generation, welche durch die Digitalisierung abgehängt werden könnte? Vorerst schlage ich alle Befürchtungen in den Wind – immerhin sehe ich mich als Poweruser meines iPhones. Aber dann kommt der Zwischenfall in der Autowaschstrasse.

Maximale Blamage

Ich fahre den neuen Volvo EX30 in die Waschstrasse. Der chinesische Kompakt-SUV, welcher in 3,6 Sekunden auf 100 Kilometer stürmt, wird fast ausschliesslich über ein in der Mitte platziertes Tablet gesteuert. Nie zuvor bin ich ein Auto gefahren, welches so radikal auf Schalter und Knöpfe verzichtet. Auf ein Display hinter dem Lenkrad haben die Chinesen verzichtet. Einzig zwei kleine Handschalter für Blinker und die Fahrstufe sind vorhanden. Als mich der Mitarbeiter von der Waschstrasse in die Spur einweist, will ich die neutrale Fahrstufe einlegen. Aber es gelingt mir nicht. Rückwärts verlasse ich die Waschstrasse – eine maximale Blamage. Immerhin beruhigend: Selbst dem Volvo-Garagist gelingt es erst nach unzähligen Versuchen und langem Herumwischen auf dem Display, das N anzusteuern.

Handschuhfach über Menüführung öffnen

Zwei Tage später werde ich spätabends im Volvo EX30 von der Grenzwache angehalten. Die Grenzwächter wollen meine ID sehen, welche im Handschuhfach liegt. Nun kann ich den Grenzbeamten immerhin eine minimale Digitalkompetenz demonstrieren, denn das Handschuhfach lässt sich nur über das Menü auf dem Tablet öffnen. Aktuell muss ich mich auch im neuen SUV-Coupé Polestar 4 an die totale Digitalisierung gewöhnen. Für die Lichter gibt es keinen Schalter mehr. Sie sind immer im Automatikmodus eingestellt. Wer trotzdem manuell eingreifen will, muss sich durch die Menüführung kämpfen. Solche Autos zeigen uns, wie uns China den digitalen Takt vorgibt.

Car2Car-Kommunikation

Grundsätzlich können wir der rasanten Entwicklung in der Autoindustrie entspannt entgegensehen. Wir können davon ausgehen, dass die Mobilität dank künstlicher Intelligenz immer bequemer und unterhaltsamer wird. Zunehmend mutieren die Autos dank integrierten SIM-Chips zu Connected Cars. Die Reisenden surfen. Das Auto surft und verarbeitet die aktuellen Verkehrsdaten. Die Routenplanungen werden immer perfekter. Die Verkehrssicherheit steigert sich. Dank Car2Car-Kommunikation optimieren sich die Autos gegenseitig. Die Autohersteller werden zu Softwareplayer und Datenhändler. Wem das alles zu viel wird, bleibt immer noch der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr.

Postautos beenden Billetverkauf

Leider besteht auch im öffentlichen Verkehr die Gefahr, dass Teile unserer Bevölkerung durch die Digitalisierung abgehängt werden könnten. Ab Sommmer 2025 plant die PostAuto AG, auf 180 Postautolinien den Billettverkauf im Fahrzeug einzustellen. Deshalb hat sich die Berner SP-Nationalrätin Ursula Zybach in der Fragestunde an den Bundesrat gewendet. Sie wollte vom Bundesrat wissen, ob Bevölkerungsgruppen ohne Smartphone bald nicht mehr Postauto fahren können. Die Antwort vom UVEK: Die öV-Branche muss das anonyme Reisen und den Kauf von Fahrkarten ohne Smartphone auch in Zukunft ermöglichen. Wie, bleibt offen. Vielleich werden bald wieder die guten, alten Punktekarten verkauft.

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