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Aellig gegen Bartholdi: Mazda CX-60

Für 65 Kilometer ein starker SUV

Der SUV CX-60 ist nicht nur das neue Flaggschiff von Mazda, sondern auch das bisher stärkste Serienmodell der japanischen Marke. Dank Plug-in-Hybrid-Antrieb kommt er auf 327 PS und soll erst noch 63 Kilometer rein elektrisch fahren. Im STREETLIFE-Auto-Checker-Duell teilen sich zwar die Meinungen, aber in einem entscheidenden Punkt sind sich beide einig!

Massig oder schnörkellos?

Bartholdi: Kollege Aellig lächelt zufrieden beim Blick in den Testwagen-Kalender. Mit dem Mazda CX-60 steht der nächste SUV auf dem Programm. Was sonst, frage ich mich hingegen leicht enttäuscht. Es gibt ja praktisch nur noch diese überdimensionierten, hochgebockten Strassenpanzer. Und auch das neue Flaggschiff des kleinen japanischen Herstellers Mazda ist eine sehr massige Erscheinung: 4,74 Meter lang, 1,89 Meter breit und 1,68 Meter hoch. Der gigantische, schwarze Schlund von einem Kühlergrill vorne wirkt, als würde der CX-60 Fussgängerinnen und Velofahrer einfach verschlingen, statt anzuhalten. Nein, SUV sind nicht mein Fall. Ihr grösster Vorteil für mich ist, dass sie meiner Frau gefallen und zumindest von der Seite keine Klagen zum aktuellen Testwagen kommen. Und ja, Pentti, ich habe die lange Motorhaube gesehen und sie gefällt mir, aber sie würde mir an einer tieferen Limousine noch viel besser gefallen…

Aellig: Auffallend viele Frauen finden Gefallen an SUVs. Weil solche Autos Sicherheit und Überlegenheit ausstrahlen. Weil die hohe Sitzposition eine souveräne, vorausschauende Fahrweise erlaubt. Und weil grosse SUVs auch eine etwas höhere Kaufkraftklasse suggerieren. Und viele Frauen schauen bei Autos zuerst auf die Optik. Und beim Aussehen trumpft der Mazda CX-60 ganz gross auf. Die Mazda-typische, schnörkellose, aber schön gestaltete Karosserie verdient ein grosses Lob. Der CX-60 steht für japanische Designkunst. Trotz den stattlichen Aussenmassen erscheint die Form sehr harmonisch. Und im Gegensatz zu Bartholdi gehört für mich die Front zur absoluten Schokoladenseite. Wunderschön! Der senkrecht aufragende Kühlergrill steht dermassen selbstbewusst im Wind, dass sich der Mazda CX-60 auch vor einem Porsche Cayenne oder einem BMW X5 nicht verstecken muss. Weshalb Bartholdi immer an SUVs herummäkelt, bleibt mir ein Rätsel. 

Hell oder neureich?

Bartholdi: Wer sowieso nur auf Strassen fährt, braucht die zusätzliche Bodenfreiheit meiner Meinung nicht, die nur Preis und Verbrauch in die Höhe treibt. Aber am Steuer merke ich das ja kaum noch und so versöhnt mich das Interieur mit dem CX-60, Pentti. Mazda schafft mit seiner Material-Auswahl einen Ort, an dem ich mich wohlfühle. Die hellen Farben gefallen mir und sind eine erfreuliche Abwechslung zu den ansonsten meist dunklen Interieurs. Auch die Verarbeitung hinterlässt einen guten Eindruck. Vor allem der Stoffbezug auf dem Armaturenbrett zeigt mit der gewobenen Zierleiste die japanische Liebe zum Detail. 

Aellig: Vermutlich haben bei Mazda die Aussendesigner eine andere Designschule besucht als die Innendesigner. Das Interieur des CX-60 ist nicht so mein Ding. Dominiert aussen bei der Karosserie ästhetische Zurückhaltung, so wirkt innen alles ein wenig neureich. Vor allem das grünlich-beige schimmernde, holzartige Material an der Türe wirkt meiner Meinung nach in der Kombination mit dem Beige des Leders, dem grauen, stoffartigen Gewebe und den Chrom-Applikationen zu gesucht und wild gemixt. Und das hast du, lieber Martin, beim Polestar 2 kürzlich noch moniert. Jedenfalls haben mir helle und cremige Cockpits noch nie gefallen. Kein Wunder, bleibt Schwarz die Lieblingsfarbe der Designer. Wobei bei der Verarbeitungsqualität gebe ich dir recht, Martin: Vom Leder über das Chrom, vom Lenkrad über den Bildschirm, da ist alles in Mazda-typischer Qualität perfekt verarbeitet. Nichts wackelt. Nichts knarrt. Alles wirkt sehr wertig.

Übersensibel und bequem

Bartholdi: Du hast mich erwischt, Pentti. Du hast recht, es ist ein etwas wilder Materialmix wie im Polestar 2. Aber irgendwie fühle ich mich im CX-60 trotzdem heimelig, sei es wegen der hellen Farben oder den ausgewählten wertigen Materialien. Weniger wohl fühle ich mich hingegen im Multimediasystem. Die Navi-Darstellung ist ziemlich veraltet, aber vielleicht spart sich Mazda hier Entwicklungsgelder, weil die meisten Menschen sowieso Google Maps via Android Auto oder Apple Carplay auf den Bildschirm spiegeln. Das funktioniert tadellos und ist die angenehmere Navigation. Und auch die Google-Maps-Richtungsänderungen werden im gut ablesbaren Head-up-Display angezeigt. An den heissen August-Tagen war ich auch über die klimatisierten Sitze froh, die für einen stetig kühlen Luftzug am Rücken sorgten. Während ich auch den Abstandstempomaten genoss, war für mich die Kollisionswarnung eher nervig. Sie intervenierte für meinen Geschmack zu früh und zu sensibel.

Aellig: Tatsächlich, die Assistenzsysteme des CX-60 sind generell sehr sensibel ausgelegt. Von der Abstandsregelung bis zum Spurassistenten greifen die Systeme früh und auch fast zu extrem ein. Das wirkt dann oft zu wenig harmonisch und zu wenig weich. Und beim etwas schrillen Alarm-Orgelton, verbunden mit dem Hinweis “Unaufmerksamer Fahrer erkannt”, frage ich mich, ob der Mazda-SUV tatsächlich mich meint? Schliesslich hatte ich nur ganz kurz zur Seite geschaut, um einen Bauernhof zu studieren. Der CX-60 schaut einem ganz genau in die Augen. Beim Navi schliesse ich mich Bartholdi vollumfänglich an: Da zählt der CX-60 nicht zur Avantgarde. Aber die Sitze liebe ich. Der Kompromiss zwischen Seitenhalt und Sofagefühl stimmt. Und bei den 34 Grad fühlte ich mich auch nach einer längeren Fahrt dank Luftkühlung völlig frisch und erholt.

Schwachbrüstiger Antrieb

Bartholdi: Meine grösste Kritik gilt dem Motor. Ob SUV oder nicht, muss ich dem CX-60 zugutehalten, dass er grundsätzlich einen selbstbewussten und souveränen Auftritt hinlegt. Diese Souveränität lässt der Antrieb vermissen. Im Hybridmodus steht dem CX-60 eine Systemleistung von 327 PS (241 kW) und 500 Nm zur Verfügung. Das hört sich grundsätzlich gut an für einen 2,1 Tonnen schweren SUV. Sobald die Batterie aber leer ist, muss der 2,5-Liter-Vierzylindermotor den CX-60 mit seinen 191 PS (141 kW) und 261 Nm allein antreiben. Und der Benzinmotor ist mit dem massigen Crossover lautstark überfordert, vor allem in der hügeligen Schweiz. Der leicht schwächere E-Motor wirkt mit seinen 175 PS (120 kW) und 270 Nm deutlich souveräner, wenn er den SUV allein antreibt. Positiv zu vermerken ist, dass der CX-60 im Test mit 65 bis 70 Kilometern Reichweite die Werksangabe von 63 Kilometern übertroffen hat.

Aellig: Mir hat der Antrieb sehr gut gefallen. Mit den 327 PS-Systemleistung im Hybridmodus könnte ich glatt zum Nordkap oder nach Lissabon fahren. Die Leistungsreserve genügt. Aber Bartholdi hat leider recht. Der Spass hört nach spätestens 70 Kilometer auf, wenn der Strom aufgebraucht ist. Dann muss der 2,5-Liter-Vierzylindermotor alleine ans Werk und wirkt vor allem bergauf zu angestrengt. Für Schweizer Strassenverhältnisse mit vielen Bergpässen hätte ein Sechszylinder besser gepasst. Wie wir wissen, hat Mazda hier ein Dieseltriebwerk entwickelt, das aktuell weltweit sehr viel Lob einsammelt. Ich bin schon gespannt, wie sich dieses in einem späteren Test schlagen wird.

Unharmonisch

Bartholdi: Ich hoffe auch, dass der Diesel später einen besseren Eindruck hinterlassen wird, Pentti. Der Plug-in-Hybrid-Antrieb wirkt auf mich nicht sehr harmonisch. Teilweise schien es, als wüsste die Motorsteuerung nicht, was sie machen sollte. Ihre Auswahl bezüglich Gang, Drehzahl und Antrieb war nicht immer richtig aufeinander abgestimmt und in der Folge ging ein unangenehmer Ruck durch das Fahrzeug. Das ist nicht der Komfort, den ich von einem noblen Flaggschiff-SUV erwarte und ich weiss, Mazda kann es besser.

Aellig: Wie erwähnt, wirkt der Vierzylinder für den monumentalen Mazda CX-60 zu schwach. Aber bei den passenden Drehzahlen und dem Timing des Einsetzens des Verbrenners zur Unterstützung des Elektroantriebs macht die Motorsteuerung meiner Meinung nach keinen schlechten Job. Da gehst du Martin zu hart ins Gericht – wie meistens, wenn es um einen SUV geht. Und etwas ganz Wichtiges hast du gar nicht erwähnt: Den für ein 4,74 Meter langes Fahrzeug erstaunlich engen Wendekreis von 11,9 Metern. Der CX-60 wirkt erstaunlich wendig.

Martin A. Bartholdi

Mit dem Autofieber haben mich die Kult-TV-Serie «Knight Rider» und das Formel-1-Rennen in den Strassenschluchten von Monte Carlo infiziert. Noch heute zaubern mir US-Sportwagen mit langen Motorhauben wie der Ford Mustang und wendige Kurvenkratzer wie der Mazda MX-5 ein Lächeln ins Gesicht. Mit Kombis und vor allem SUVs kann ich allerdings nur wenig anfangen, dann doch lieber echte Geländewagen. Wohl die Schuld des Computerautos K.I.T.T. ist auch, dass ich gerne neue technische Spielereien ausprobiere, seien es Assistenten, Infotainment oder Vernetzung.

Fazit Bartholdi

Die Kritik an Mazda hat mich geschmerzt. Ich gebe zu, der Marke seit meiner Kindheit verbunden zu sein, da meine Eltern lange Zeit einen Mazda fuhren. Auch meine Grosseltern fuhren ihr Leben lang Mazda. Aber vom Plug-in-Hybrid-Antrieb des CX-60 bin ich enttäuscht. Die gute Reichweite kann die Abstimmungsprobleme für mich nicht abwiegen. Was schade ist, denn vom Design, Innenraum und Platzangebot her ist der CX-60 ein rundum gelungenes Auto – und das sage ich über einen SUV!

Pentti Aellig

Schon als Kind begeisterte ich mich für Autos. Mit 12 fuhr ich (unerlaubterweise) bereits mit dem elterlichen Citroën 2CV herum. Mit 15 reiste ich alleine an ein Formel-1-Rennen in Monza. Und mit 22 kaufte ich mir einen Peugeot 205 GTI. Die Liebe zu dynamischen Hot Hatches ist geblieben: Als jahrelanger Porsche 911-Fahrer bin ich im Zeitalter der Klimaproteste auf einen unauffälligen Toyota GR Yaris umgestiegen. Die vielen neu erscheinenden Steckerautos verfolge ich neugierig, aber die Entwicklung ökologisch verbesserter Verbrennermotoren schreibe ich noch nicht ab.

Fazit Aellig

Mich hat der Mazda CX-60 in erster Linie optisch überzeugt. Was für ein schönes Auto. Was für ein stimmiges Frontdesign. Der CX-60 kann es von der Aussenwirkung her mit den optisch ähnlichen Alfa-Romeo Stelvio oder Maserati Grecale durchaus aufnehmen. Weiter hat mich das hohe Niveau der gesamten Verarbeitung überzeugt. Mazda produziert sehr gewissenhaft. Als Plug-in-Hybrid-Antrieb mit 327 PS Systemleistung fährt sich der CX-60 sehr gut. Mit genügend Stromreserven macht die Fahrt in diesem SUV Spass. Und ich freue mich bereits jetzt auf den Autocheck mit dem CX-60 mit Diesel-Reihensechzylindermotor.

Mazda CX-60 2.5L e-Skyactive PHEV 327 AWD Takumi: Facts

  • Benzinmotor: 2,5-L-R4-Motor, 191 PS (141 kW) und 261 Nm@4000/min
  • Elektromotor (im Getriebe): 175 PS (129 kW), 270 Nm@1/min
  • Systemleistung: 327 PS (241 kW), 500 Nm
  • Antrieb: 8-Stufen-Automatik, 4x4
  • Batterie: 17,8 kWh = 63 km Reichweite, Testreichweite: bis zu 70 km
  • Fahrleistung: 0-100 km/h in 5,8 s, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
  • Verbrauch: 1,5 l/100 km + 23,0 kWh/100 km = 33 g CO₂/km
  • Länge/Breite/Höhe: 4,74 m / 1,89 m / 1,68 m
  • Laderaum: 570-1726 Liter
  • Leergewicht: 2146 Kilogramm
  • Preis: ab 67’850 Fr, Testfahrzeug mit Ausstattung: 74’898 Fr. (Basis, 200 PS, Diesel: 58'150 Fr.)

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