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Verkehr •
Freud und Leid auf Schweizer Passstrassen

Renitente Blockadetouristen am Furka

Am Furkapass ist der Walliser Strassenabschnitt ab Gletsch perfekt ausgebaut. Auf der Urner Seite wird es enger und der Strassenbelag hat sein Idealalter an vielen Stellen überschritten. Und zwischen Passhöhe und Realp verhindern manch renitente Blockadetouristen das dynamische Passfahren. 

Seit über 30 Jahren gehört das Aletschgebiet zu meiner Wahlheimat. Deshalb zählt der Furkapass zu meiner Hausstrecke. Ich liebe diese Passstrasse. Sie bietet alles für den dynamikorientierten Automobilisten. Nach Gletsch erlauben die breit ausgebauten Spitzkehren und Zwischengeraden hohe Kurvengeschwindigkeiten sowie solide Beschleunigungen. In dieser ersten Phase der Alpenüberquerung können Deutsche oder Holländer, welche im Schleichtempo den Verkehr behindern, noch problemlos überholt werden. Auffallend viele Deutsche und Holländer bevorzugen die Strassenmitte und hupen aggressiv, wenn man sie endlich überholen kann – auf solch renitente Blockadetouristen kann die Schweiz gerne verzichten.

Nach den ersten, erwähnten Spitzkehren erreicht man die Talhöhe des Muttbachs. Dort habe ich diese Woche bei einer STREETLIFE-Testfahrt mit dem Maserati Grecale Trofeo eine Strassenblockade erlebt, welche ich vollumfänglich akzeptieren konnte: Eine friedliche Kuhherde nutze beim Weidewechsel die Hauptstrasse. Während rund 15 Minuten musste sich auch der 530 PS-starke Maserati dem entschleunigenden Alpaufzugs-Tempo fügen. Wobei so eine Swissness-Blockade aus Solidarität zu unserer Landwirtschaft gerne in Kauf genommen wird.

Nachdem der Muttbach überquert und der grosse Stall der Oberalpenstafel umrundet ist, beginnt meine Lieblingspassage: Auf dem Aufstieg zum Rhonegletscher mit seinen fünf legendären Wenden haben die Walliser Strassenspezialisten einen hochwertigen, gripfreundlichen Strassenbelag verbaut. 

Oben, beim Rhonegletscher, umrundet eine enge Kurve das berühmte Hotel Belvedere – hier fotografieren tausende von Autofans ihre Fahrzeuge. Meistens herrscht auf dem Parkplatz touristischer Hochbetrieb. Nach zwei weiteren Spitzkehren führt der letzte dynamikorientierte Strassenteil flach zur Passhöhe. Letzte Wohnmobile oder Reisecars können hier noch überholt werden. Oben, auf 2429 Höhenmeter, verlässt man das Wallis und befährt Urner Boden. Jetzt wird es eng. Der Urner Strassenbelag ist deutlich gröber und gleicht streckenweise einem Flickwerk.

 

Für dynamische Passfreunde beginnt hier das Leiden. Ängstliche Wohnmobilfahrer, unfähig auch nur einen einzigen Meter zurückzufahren, generieren Staus. Car-Chauffeure, welche das millimetergenaue Manövrieren unserer Schweizer Postauto-Chauffeure nicht ansatzweise beherrschen, zwingen Autofahrer zu langen Rückwärtsfahrten. Worst-Case-Szenario ist das Kreuzen eines norddeutschen Reisecars mit einem holländischen Wohnmobil im Bereich des Galenstock. Trotzdem hat auch die Urner Seite des Furkapasses seinen fahrerischen Reiz – aber besser vor dem Sonnenaufgang, am späten Abend oder sogar in der Nacht.

Im letzten Herbst lernte ich nach Sonnenuntergang in der Spitzkehre bei Hotel-Belvedere zwei junge, deutsche Auto-Influencer kennen. Die beiden sympathischen Deutschen waren mit einem weissen Porsche 718 Spyder und einem knallgelben Mercedes CLA 45 S unterwegs. Für ein Gruppenbild wollten die beiden noch meinen GR-Yaris dazu nehmen – für meinen kleinen Japaner fast schon eine Ehre. Bei der gemeinsamen Talfahrt Richtung Andermatt gab der Porsche 718 Spyder das Tempo vor. Nun weiss ich, dass es deutsche Autofahrer gibt, welche die richtigen Brems- und Einlenkpunkte beherrschen. 


Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.
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