Werbung
Nicht nur hinterm Steuer droht ein Führerscheinentzug
Zu viel getrunken und in einer Kontrolle erwischt oder mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit geblitzt worden – der Check ist weg. Doch der Führerausweis kann auch entzogen werden, wenn man nicht Auto fährt. Wann genau – jetzt einfach erklärt.
Ein gemütlicher Abend mit Freunden, bei dem auch beim Alkohol nicht gespart wird, kann für alle mit Fahrausweis zum Verhängnis werden. Denn macht man sich danach auf den Heimweg und wird von der Polizei kontrolliert, muss man sich je nach Alkoholpegel für eine Weile von seinem Führerschein verabschieden. Der Clou an der Sache: Man muss dabei nicht einmal ein Auto fahren. Es kann einen auch auf dem Velo oder zu Fuss treffen.
Via sicura macht es möglich. Dabei handelt es sich um ein Handlungsprogramm für mehr Sicherheit im Strassenverkehr. Dieses hat das Parlament im Juni vor über zehn Jahren gutgeheissen. Das Ziel der Vorlage: Es sollen nur noch gut ausgebildete und voll fahrfähige Menschen auf der Strasse verkehren.
Ab zum Fahreignungsuntersuch
Und wer Alkohol oder gar Drogen konsumiert hat, erfüllt diese Bedingungen nicht. Selbst wenn diese Personen zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sind, besteht bei ihnen der Verdacht, dass sie als Fahrzeuglenkende nicht geeignet sind, ein Auto zu führen. Aber nicht nur zu viel intus kann die Behörden an der Fahreignung einer Person zweifeln lassen. Es gibt noch weitere Gründe – etwa ein anonymer Hinweis –, die zu einem sogenannten Sicherungsentzug führen können, wie diverse Beispiele zeigen (siehe Box). Um die Fahreignung unter Beweis zu stellen, muss man sich folglich einer Untersuchung unterziehen. So sieht es das Strassenverkehrsgesetz (SVG) unter Artikel 15d vor. Dabei handelt es sich um eine der Massnahmen, die im Rahmen von Via sicura umgesetzt wurden.
Bis zum Abschluss dieser Abklärungen kann einem der Ausweis auf unbestimmte Zeit entzogen werden. Es handelt sich dann um einen vorsorglichen Entzug. Dies ist gemäss Art. 16d SVG etwa dann der Fall, wenn die «körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen», man «an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst» oder man aufgrund bisherigen Verhaltens nicht gewährleisten kann, dass man «künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird.»
Teure Prüfung
Um wieder an seinen Ausweis zu kommen, führt kein Weg am Eignungs-Check vorbei. Und dieser kann ganz schön ins Geld gehen. So muss man mit Kosten zwischen 500 und 1500 Franken rechnen. Der Betrag ist übrigens via Vorkasse zu begleichen, ansonsten erhält man keinen Untersuchungstermin. Sollten die beim Gutachten durchgeführten Kontrollen den vorausbezahlten Betrag überschreiten, wird die Differenz im Nachhinein in Rechnung gestellt. Fällt die Analyse günstiger aus, erhält man den Restbetrag zurückerstattet. Bei einer zusätzlichen verkehrspsychologischen Abklärung können weitere Kosten zwischen 700 und 1500 fällig werden.
Über 12 Prozent aller Entzüge
Ein Blick auf die Statistik des Bundesamts für Strassen (Astra) zeigt: Insgesamt gab es im letzten Jahr 79'282 Ausweisentzüge. Davon wurden total 10'222 vorsorglich entzogen. Von der Massnahme war mit 1'654 am meisten die Altersgruppe der über 75-Jährigen betroffen. Mit 1'097 Entzügen folgte 2022 die Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen.
In 2685 Fällen mussten sich Personen wegen Angetrunkenheit auf unbestimmte Zeit von ihrem Fahrausweis oder Lernfahrausweis verabschieden. Wegen Nichteignung aufgrund einer Krankheit oder eines Gebrechens wurden 2620 Ausweise vorläufig eingezogen. Eine Fahrunfähigkeit infolge Drogeneinflusses war der Grund für 1681 solcher sogenannter Sicherungsentzüge.
Wann der vorsorgliche Entzug beziehungsweise der Sicherungsentzug aufgehoben ist und die betroffene Person ihren Führerschein wieder zurückerhält, wird übrigens in einer entsprechenden Verfügung festgehalten. Diese Wiedererteilungsbedingungen sind im Normalfall mit einem positiven verkehrsmedizinischen oder verkehrspsychologischen Gutachten erfüllt.
Fahrungeeignete Personen? Beispiele aus dem Alltag
Fall 1
Im Juni 2017 berichtete der Tages-Anzeiger von einer Frau, die unerwartet eine Einladung zur Fahreignungsabklärung erhielt. Auf Nachfrage beim Strassenverkehrsamt Zürich wurde ihr mitgeteilt, dass eine Privatperson gemeldet hätte, sie würde Drogen konsumieren. Von wem die Drittmeldung stammte, wollte die Behörde nicht mitteilen. Die Analyse ergab keine Einnahme von Betäubungsmitteln. Trotz falscher Beschuldigung musste die Betroffene die Untersuchung bezahlen.
Fall 2
Im Juni 2012 meldete eine Frau bei einer Regionalpolizei, sie habe von einer Freundin eine SMS mit Suizidandrohung erhalten. Die gemeldete Freundin wurde schlafend in ihrer Wohnung vorgefunden. Sie teilt den Polizeibeamten mit, dass die Selbstmorddrohung nicht ernst gemeint sei und diese mit Stimmungsschwankungen in den Wechseljahren und der entsprechenden Hormontherapie zusammenhänge. Obwohl die Polizeibeamten keine ernsthaften Suizidabsichten feststellen konnten: Ein Alkoholtest zeigte einen Wert von 1,2 Promille an. Die Folge: vorsorglicher Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit und Anordnung einer verkehrspsychiatrischen Begutachtung. Sie wehrte sich bis vor Bundesgericht dagegen. Mit Urteil vom 16. Januar 2014 gab ihr das höchste Schweizer Gericht recht.
Fall 3
Ein Mann aus Basel-Land bestellte Hanfsamen zu sich nach Hause. Die Bestellung wurde am Zoll abgefangen, schrieb der Beobachter. Daraufhin wurde er vom zuständigen Strassenverkehrsamt zum Verkehrspsychologen geschickt, obwohl er zuvor weder im Zusammenhang mit Drogen noch im Strassenverkehr negativ auffiel. Kostenpunkt: 1350 Franken. Der Mann legte wegen des Kostenrisikos keine Beschwerde ein und liess die verkehrspsychologische Untersuchung über sich ergehen. Deren Ergebnis: Beim Untersuchten konnte kein Drogenproblem festgestellt werden. Den Führerausweis darf er behalten. Sicherheitshalber muss er jedoch für ein halbes Jahr monatlich auf eigene Kosten eine Urinprobe abgeben.

Hast du etwas beobachtet?
Werbung