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Politik & Wirtschaft •
Die Pläne der Schweizer Städte

Hier müssen Autos Velovorzugsrouten weichen

Mehr Platz und Sicherheit fürs Velo werden in den Städten gefordert. Sogenannte Velovorzugsroute sollen es richten. Für Autos bedeutet das: weniger Platz oder sogar Fahrverbote. Wo die Städte die Autos überall verdrängen – STREETLIFE zeigt es auf.

Autos haben einen schweren Stand in den Städten. Mit unterschiedlichen Massnahmen werden dem motorisierten Individualverkehr Hindernisse in die Fahrbahn gestellt. Mit Tempo 30 werden Fahrzeuglenkende ausgebremst – und mit Velovorzugsrouten zunehmend von gewissen Strassen verbannt.

Für die Velostrassen werden teilweise ganze Strassenabschnitte für Motorfahrzeuge aufgehoben und durch neue Markierungen dem zweirädrigen Verkehr zur Verfügung gestellt. Dementsprechend sind die Velovorzugsrouten breit und grundsätzlich autofrei.

Es hagelt Einsprachen

Das Thema Velovorzugsrouten gibt in der grössten Schweizer Stadt viel zu diskutieren. Im September 2020 stimmte die Stimmbevölkerung von Zürich mit 70,5 Prozent der Initiative «Sichere Velorouten für Zürich» zu. 50 Kilometer Velorouten muss die Stadt innert der nächsten zehn Jahre umsetzen. Dafür geht sie etappenweise vor. Die geplanten Abschnitte werden jeweils im städtischen Amtsblatt publiziert. Gegen die Projekte kann man jeweils während der 30-tägigen öffentlichen Planauflage Einsprache erheben.

Und es zeigt sich: Von diesem Rechtsmittel wird rege Gebrauch gemacht. Wie auf der offiziellen Projektseite der Stadt nachzulesen ist, sind für sämtliche Verkehrsanordnungen Einsprüche hängig. Dadurch verzögert sich die Umsetzung der Velorouten auf unbestimmte Zeit. Es bleibt aber nur bei der Verzögerung, verhindert werden können sie in der Regel nicht. Das lässt sich am Beispiel der Velovorzugsroute zwischen Tiefenbrunnen und Stadelhofen feststellen. Der Statthalter hat sämtliche Rekurse abgelehnt. Die Velostrasse wird ab Herbst 2023 bis im Frühling 2024 realisiert.

Begrenzter Platz in der Stadt

Dass vonseiten der Anwohnenden Einsprachen gemacht werden, überrascht bei der SVP nicht. «Der Platz in der Stadt ist begrenzt und muss für die Velovorzugsrouten auf Kosten von jemandem geschaffen werden», sagt Camille Lothe, Präsidentin SVP Stadt Zürich. Das sei eben nicht nur in der Innenstadt der Fall, sondern auch in den Quartieren – und plötzlich eben auch vor der eigenen Haustür. «Das haben viele Leute nicht verstanden», ist Lothe überzeugt. So hätte die SVP insbesondere wegen der Blauen-Zone-Parkplätze einige Zuschriften erhalten und sei gefragt worden, wie man gegen die Pläne der Stadt vorgehen könne.

Für die Stadtzürcher SVP-Präsidentin ist klar: «Man will das Auto aus der Stadt Zürich verbannen.» Es solle möglichst unangenehm sein für den motorisierten Individualverkehr, in der Stadt voranzukommen. Doch wenn Autos in der Stadt immer weniger willkommen sind, wer soll dann für die Infrastruktur aufkommen? «Es wäre nur fair, wenn sich auch Velofahrende an den Strassenkosten beteiligen würden», antwortet Lothe. Mit den Velovorzugsrouten werde die Infrastruktur speziell für sie umgebaut. Und wer die Strasse nutze, solle diese auch finanzieren. Dafür gäbe es für Lothe eine einfache Lösung: «Eine Vignette.»

Alle Städte machen Platz fürs Velo

Doch Zürich ist längst nicht die einzige Stadt, die ihre Attraktivität für die Drahtesel auf Kosten der Autos steigern möchte. Bern, Luzern (siehe interaktive Karte unten), St.Gallen, aber auch Winterthur, die gemäss Prix Velo velofreundlichste aller grösseren Städte, treten für ähnliche Bestrebungen fest in die Pedale.

Ein etwas anderes Bild präsentiert sich hingegen in Basel. Obwohl bekannt für ihre Pro-Velo-Politik, gibt es in der zweitgrössten Deutschschweizer Stadt noch keine konkreten Pläne für Velovorzugsrouten. Und trotzdem visieren auch die Velolenker am Rhein ein klares Ziel an. So ist im vergangenen Jahr die Initiative «Sichere Velo-Routen in Basel-Stadt» innert kürzester Zeit mit 3323 gültigen Unterschriften zustande gekommen. Der Regierungsrat muss nun einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten.

Umfangreiche Forderungen

Doch so einfach wird das nicht. «Obwohl es sich um eine umformulierte Initiative handelt, sind die Forderungen sehr detailliert und umfangreich. Wir möchten diese sorgfältig prüfen und die noch ausstehenden Empfehlungen des Bundes zur Hierarchie der Velowegnetze einbeziehen», teilt Daniel Hofer, Co-Leiter Kommunikation Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt, mit. Im Grundsatz entspreche das Anliegen der Initiative dem verkehrspolitischen Ziel des Regierungsrats, den Fuss- und Veloverkehr als klimaneutrale und umweltfreundliche Fortbewegungsarten zu fördern. Und trotzdem weiss Hofer: «Der Regierungsrat beabsichtigt, bis im März 2024 einen formulierten Gegenvorschlag vorzulegen.»

Wo genau in Zukunft in Basel Velovorzugsrouten eingeführt werden, ist deshalb noch ungewiss. «Das ist Teil der Untersuchungen für die Berichterstattung zur Initiative. Wir können dem Bericht der Regierung nicht vorgreifen», heisst es aus dem Bau- und Verkehrsdepartement.

Liegen die Pläne der Velostrassen dann vor, wird das Stimmvolk das letzte Wort haben. Wie aktuell in Zürich ist aber auch in Basel mit Widerstand aus den Quartieren zu rechnen.

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