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Darum liessen Budget-Stromer so lange auf sich warten
Das Angebot an Elektroautos ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Doch auf kleine und preiswerte Stromer wartete die Kundschaft lange vergebens. Jetzt kommen sie endlich. Aber wieso hat es so lange gedauert? STREETLIFE fragt bei einem Experten für Elektromobilität nach.
Die Mehrheit der Elektroautofahrenden in der Schweiz ist über 45 Jahre alt und hat ein Haus. Dieses Profil für die Besitzerinnen und Besitzer eines E-Autos hat eine Umfrage des Bundesamtes für Energie BFE ergeben. Es widerspiegelt auch das langjährige Angebot von Elektroautos: Sie waren gross und nur für gutverdienende Menschen erschwinglich.
Doch jetzt drängen chinesische Autobauer in den europäischen Fahrzeugmarkt. Billig-Marken wie Leapmotor, MG oder BYD wollen mit Tiefstpreisen schnell Marktanteile gewinnen. Zudem stottert die Konjunktur nicht nur in der EU, sondern auch in der Schweiz, weshalb die Menschen wieder preissensibler wurden. Und siehe da: Plötzlich bringen auch die europäischen Autobauer kleine und preiswerte Elektroautos.
E-Autos lassen sich endlich günstig produzieren
Zufall? Ein bisschen ja, findet Jean-Claude Frick, Experte für Elektromobilität beim Onlinevergleichsdienst Comparis. «Dass es so lange keine elektrischen Kleinwagen gab, hängt mit dem klassischen Skaleneffekt zusammen.» Kleinwagen würden sich vor allem durch ihren tiefen Preis auszeichnen. «Bisher waren die Hersteller aber schlicht nicht in der Lage, ein kleines Elektroauto zum typischen Kleinwagenpreis zu produzieren», sagt Frick. Er ergänzt: «Jetzt sind sie so weit.»
Das sei eine normale Entwicklung. Neue Technologien wie beispielsweise Assistenzsysteme würden immer zuerst in den grossen und teuren Fahrzeugen verbaut. «Zu Beginn ist die Produktion teuer und Stückzahl klein. Doch die Hersteller wollen die Produktionskosten senken, was sich durch höhere Stückzahlen erreichen lässt.» Und so wird die Technologie in immer mehr Modellen angeboten, bis es schliesslich das kleinste und günstigste erreicht. «Diesen Weg musste nun die Elektrotechnologie für E-Motoren, Batterien und Software gehen», so Frick.
Es ist ein Wettrennen
Der Experte ist überzeugt: Der Masterplan der Hersteller hatte von Anfang an auch elektrische Kleinwagen vorgesehen. Diese aber zu früh anzukündigen, hätte einen Teil der Kundschaft davon abgehalten, schon jetzt eines der teureren Elektroautos zu kaufen. Nächstes Jahr kommen sie aber. Mindestens fünf Modelle sind für 2026 angekündigt. Und das noch ohne die Chinesen, die schon weiter sind.
«Es ist ein Wettrennen zwischen den bekannten Herstellern und den aufkommenden chinesischen Marken», sagt Frick. «Während die etablierten Marken die Produktionskosten senken müssen, gilt es bei den Chinesen erst mal, ein Händler- und Servicenetz aufzubauen.» Weiter brauchen sie eine europäische Typengenehmigung und müssen Transport sowie Verzollung organisieren.
Geht es noch günstiger?
Wenn chinesische, europäische, koreanische und japanische Hersteller um die Gunst der Kundschaft buhlen, fallen die Preise dann vielleicht noch weiter? Eher nicht, vermutet Jean-Claude Frick, und nimmt uns die Hoffnung. «Die Zeiten, in den man für 15'000 Franken einen Neuwagen bekam, sind vorbei. Der Einstiegspreis für ein Auto wird sich mittelfristig bei rund 20'000 Franken einpendeln.»
Der Grund liegt in steigenden Produktionskosten. Wie alle Menschen wollen auch die Arbeiter in der Fahrzeugproduktion stetig mehr Lohn. «Fahrzeuge wie der Opel Rocks oder der Mobilize Duo werden die Preisklasse um 10'000 Franken besetzen. Einige wenige Ausnahmen können sich dazwischen positionieren.» Dazu zählen aktuell der Dacia Spring (ab 17'700 Fr.) oder der Leapmotor T03 (ab 16'990 Fr.).
Randerscheinung in der Schweiz
Ein Grund für diese Entwicklung liegt auch darin, dass die Schweiz kein Kleinwagenmarkt ist. «Bei uns sind die Autos eher grösser und besser ausgestattet», weiss der Experte für Elektromobilität. «Frankreich oder Italien sind Kleinwagenmärkte. Deshalb ist Renault in diesem Bereich auch sehr breit aufgestellt.» Der französische Autobauer hat in den letzten zwei Jahren die Retro-Flitzer Renault 5 und 4 lanciert und nächstes Jahr kommt der Twingo zurück. Aber auch Fiat ist mit Grande Panda, 500 und 600 breit aufgestellt. Davon profitiert auch die Schweizer Kundschaft, denn hierzulande gibt es Menschen, die beim Auto aufs Budget schauen und doch elektrisch fahren wollen.

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