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Verkehr •
Sperrungen und Umfahrungen

Baustellen-Rekord ärgert Autofahrende schweizweit

Zusätzlich zum Ferienverkehr behindern zahlreiche Baustellen den Verkehr. Die Folge: Gesperrte Strassen und lange Umfahrungswege. STREETLIFE hat die Zahlen und Fakten dazu.

Sommerzeit ist Stauzeit. Und dies nicht nur an Ferientagen vor den Toren des Gotthardtunnels. Wer derzeit mit dem Auto unterwegs ist, muss genug Zeit einrechnen, um rechtzeitig anzukommen. Ein Grund für die Verzögerungen sind auch die zahlreichen Baustellen. Egal, ob in Städten oder auf der Autobahn: Es wird überall gebaut, so der Eindruck. Jeder und jede kann ein Lied davon singen. Meist ist es ein Klagelied. Der Ärger fährt mit.

Aber lässt sich dieser subjektive Eindruck auch belegen? Trifft es zu, dass wir im Sommer durch mehr Baustellen gebremst werden als in den übrigen Jahreszeiten? Und stimmt es, dass es noch nie so viele Baustellen gab wie heute? STREETLIFE hat nachgefragt: Beim Bundesamt für Strassen ASTRA, beim Kanton Basel-Stadt sowie in den urbanen Zentren Zürich und Luzern

Zunahme auf den Nationalstrassen

Auf dem Schweizer Nationalstrassennetz sieht die Lage wie folgt aus: Aktuell sind gemäss ASTRA 91 Projekte «in Realisierung». Nicht alle Projekte seien jedoch mit Verkehrseinschränkungen verbunden. Eine Übersicht über die wichtigsten Baustellen und Grossprojekte auf dem Nationalstrassennetz gibt das Bauprogramm 2025 für die Nationalstrassen in Betrieb und die Website: Wichtige Baustellen und Projekte auf den Nationalstrassen

Und das Gefühl, welches Autofahrende haben, täuscht sie nicht. Baustellen häufen sich tatsächlich. «Die Ausgaben für den Unterhalt der Nationalstrassen haben in den letzten Jahren tendenziell zugenommen», teilt das ASTRA mit. Der Grund dafür sei, dass viele Autobahnabschnitte aus den 1960er-, 70er- und 80er-Jahren stammten. Nach rund 50 Jahren Betriebszeit müssten dort Kunstbauten, also Brücken, Unter- und Überführungen sowie Tunnels, umfassend erneuert und an die aktuell geltenden Normen angepasst werden. Ferner würden rund alle fünfzehn Jahre die Deckbeläge erneuert.

Auch bestätigt das ASTRA, dass es in der warmen Jahreszeit mehr Baustellen gibt: «Da viele Bauarbeiten witterungsabhängig sind, konzentriert sich die Bausaison grundsätzlich auf die Monate April bis Oktober.» Die «übergeordnete Unterhaltsplanung» des Bundes regle unter anderem auch die räumliche Staffelung: Zwischen zwei Baustellenabschnitten soll grundsätzlich ein Mindestabstand von 30 Kilometern bestehen. Zudem gelte, dass es nach einer Gesamterneuerung während mindestens fünfzehn Jahren auf demselben Abschnitt keine Baustelle mit grösseren Verkehrseinschränkungen mehr geben dürfe.

Angaben dazu, wie lange eine Baustelle im Schnitt dauere, kann das ASTRA keine machen. Es betont jedoch, die Baustellen auf dem Nationalstrassennetz seien «nur für rund vier Prozent aller Staus verantwortlich». Der weitaus grösste Teil – rund 87 Prozent – entstehe durch Verkehrsüberlastung

165 Baustelle allein in der Stadt Zürich

Fleissig gebaut wird auch in der Stadt Zürich. Derzeit seien 165 Baustellen aktiv, wie es auf Anfrage heisst. Etwa die Hälfte dieser Projekte hat im Jahr 2024 oder früher begonnen, sie dauern also jahrelang. Rund 80 Baustellen wurden und werden allein dieses Jahr gestartet. Zuvor habe sich die Anzahl der Baustellen auf einem «vergleichbaren Niveau» bewegt: 2024 gab es 132 und im Jahr davor 141 Baustellen.

Zu den Kriterien, wann wo gebaut wird, sagt die Stadt Zürich: Ziel sei es, «sämtliche Baubedürfnisse im gleichen Strassenabschnitt zu bündeln und gleichzeitig auszuführen, um mehrfaches Aufreissen derselben Strassenabschnitte zu vermeiden». Eine Übersicht über alle derzeitigen Baustellen in der Stadt Zürich gibt es hier.

Drei Baustellenkilometer mehr in Basel-Stadt

Weniger Informationen sind beim Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt erhältlich, obwohl auch dort intensiv gebaut wird. Eine Statistik, die Vergleiche mit früheren Jahren erfasst, werde nicht geführt, heisst es auf Anfrage. Allerdings lasse sich festhalten, «dass die Baustellenanzahl und -dichte mit dem Start des vom Grossen Rat beschlossenen Ausbaus des Fernwärmenetzes deutlich angestiegen» sei. Der Kanton gehe dabei von jährlich etwa drei zusätzlichen Strassenkilometern an Baustellen aus. Die aktuellen Strassenbaustellen im öffentlichen Raum in Basel-Stadt finden Autofahrende und übrige Interessierte auf der Plattform www.baustellen.bs.ch

Gewerbe geht leer aus

Die Stadt Luzern, merklich kleiner als Basel-Stadt, verzeichnet aktuell rund 60 Baustellen. Deren Gesamtzahl sei in den vergangenen Jahren «in etwa konstant» geblieben. Neben weiteren Kriterien werde bei der Planung auch auf Events und Veranstaltungen, wie die Fasnacht oder Musikfestivals, Rücksicht genommen. Grosse Gesamtprojekte könnten allerdings «mehrere Jahre» dauern. So wird beispielsweise an der Bahnhofstrasse von der Seebrücke Reuss-abwärts von Oktober 2024 bis voraussichtlich Sommer 2026 gebaut.

Ein weiterer Punkt schliesslich, der immer wieder für Diskussionen sorgt, sind die durch Baustellen und andere Massnahmen wie Parkplatzabbau verursachten Umsatzeinbussen des Gewerbes. Hier gilt: Normale Bauarbeiten sind nach schweizerischem Zivilrecht grundsätzlich unentgeltlich zu dulden. Die Hürden für Entschädigungszahlungen seien deshalb relativ hoch, wie der Kanton Basel-Stadt schreibt. Umsatzeinbussen auszuweisen, reiche nicht. Es müssten auch Immissionen nachgewiesen sein, die über normale Bauarbeiten hinausgehen. Darunter fielen zum Beispiel «ununterbrochene Bautätigkeit intensivster Art und Weise» von mehr als sechs Monaten Dauer, die Lärm, Staub oder Erschütterungen verursachen.

Ähnlich tönt es bei der Stadt Luzern: Generell lasse sich sagen, dass die Emissionen von Baustellen aus dem öffentlichen Grund «in den allermeisten Fällen nicht zu rechtlich übermässigen Immissionen bei angrenzenden Grundstücken führen und daher entschädigungslos zu dulden sind».

Fazit: Die Autofahrer täuschen sich nicht. Die Zahl der Baustellen nimmt im Allgemeinen tatsächlich zu. In Kombination mit dem stark gestiegenen Verkehrsvolumen wächst auch die Zeit, die wir wegen Baustellen im Stau stecken. Es braucht also weiterhin Geduld auf der Strasse.

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