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Zürcher baut mit 1,4 Promille im Blut Unfall – und flüchtet
Der 30-jährige Physiker feiert feuchtfröhlich seinen runden Geburtstag. Da merkt er, dass er den Kuchen daheim vergessen hat. Er setzt sich hinters Steuer – und kommt nur wenige Kilometer weit. Für die Fahrt musste er sich jetzt vor Gericht verantworten.
Die Trümmer liegen auf der Strasse verstreut, die Spurensicherung der Polizei hat die lange Unfallstrecke abgesteckt. Die Aufnahme der Kantonspolizei Zürich zeigt deutlich, wie unkontrolliert das Auto über die Fahrbahn schlitterte. Und sie zeigt auch, wie heftig das Auto gegen die Mauer einer Unterführung prallte. Gleich neben der Bushaltestellte liegt die abgerissen Beifahrertüre, ganz hinten links steht der stark demolierte Unfallwagen. Doch vom Fahrer fehlt zu diesem Zeitpunkt jede Spur. Was ist passiert?
Die Fakten zu diesem Unfallbild beschäftigten am Dienstag das Bezirksgericht im zürcherischen Horgen. Rund eineinhalb Jahre nach dem Ereignis musste sich der der ETH-Abgänger vor dem Richter verantworten. Und der redete dem Beschuldigten ordentlich ins Gewissen: «Man kann nur von Glück reden, dass weder Sie noch andere zu Schaden gekommen sind.»
Links an einer Verkehrsinsel vorbeigefahren
Dabei startete dieser Samstagabend am 14. Oktober 2023 als freudiges Ereignis. Der Beschuldigte feiert seinen 30. Geburtstag, trifft sich mit Freunden in einer Unterkunft am Zürichsee. Es wird getrunken und angestossen. Da merkt der junge Mann: «Die Geburtstagstorte fehlte, ich wusste, ich hatte sie zuhause gelassen.» Er steigt kurzerhand ins Auto.
Er fährt auf der Seestrasse in Richtung Kilchberg ZH. Vor ihm sind drei Fahrzeuge mit zirka 40 Stundenkilometer unterwegs. Zu langsam für den 30-Jährigen. «Ich hatte es eilig, denn die Gäste warteten auf mich», erklärt er sich. Er drückt aufs Gaspedal, beschleunigt seinen Audi SQ5 auf 80 km/h und überholt die Fahrzeuge. Das tut er, indem er links an einer Verkehrsinsel vorbeifährt und die Geschwindigkeit wie auch die Platzverhältnisse massiv unterschätzt.
Beim Wiedereinbiegen auf die korrekte Fahrspur kommt es deshalb zum Unglück: Der Wagen schleudert von der Strasse, schlittert übers Trottoir, kollidiert mit der Mauer der Fussgängerunterführung beim Lindt & Sprüngli-Hauptsitz und prallt zurück auf die Strasse. Erst nach einer Strecke von 180 Metern kommt das Fahrzeug zum Stillstand. Wie durch ein Wunder wird bei dieser Fahrt niemand verletzt. Auch der Beschuldigte kann ohne Kratzer aus dem Fahrzeug aussteigen.
Unfallwrack stand ungesichert auf der Strasse
Zur Vernunft kommt er aber auch jetzt noch nicht. Statt bei der Polizei Alarm zu schlagen und die Unfallstelle zu sichern, nimmt er Reissaus. Er lässt das stark beschädigte Fahrzeug halb auf der Gegenfahrbahn stehend und unbeleuchtet zurück. Doch auch zu Fuss kommt der Beschuldigte nicht weit. Ein paar Kreuzungen weiter greift ihn eine Patrouille der Kantonspolizei Zürich auf und verhaftet ihn.
Die Staatsanwaltschaft hat den Physiker gleich wegen mehrerer Delikte angeklagt: Wegen qualifizierter grober Verletzung der Verkehrsegeln, wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, wegen der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit und wegen pflichtwidrigem Verhalten bei einem Unfall.
Entsprechend hoch ist das beantragte Strafmass: Die Anklage fordert eine Freiheitsstrafe von 22 Monaten und eine Busse von 1000 Franken. Zudem soll der Beschuldigte am Lernprogramm TaV für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmende teilnehmen.
Schon während dem Untersuchungsverfahren zeigte sich der Beschuldigte geständig. Dass er sich betrunken ans Steuer setzte, ein solch gefährliches Manöver ausführte und dann auch noch vom Unfallort floh, bedauert der Physiker heute zutiefst. «Das war eine richtig schlechte Entscheidung. Es war irrational und impulsiv», entschuldigt er sich. Doch das konnte am Urteil nur noch wenig ändern. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft sprach die bedingte Freiheitsstrafe von fast zwei Jahren aus.

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