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Fakten •
Regeln und Irrtümer

Was gilt jetzt beim Rechtsüberholen auf Autobahnen?

Diese Verkehrsregel sorgt regelmässig für rote Köpfe. Rechtsvorbeifahren oder gar Rechtsüberholen – auf mehrspurigen vielbefahrenen Autobahnen sieht man täglich sämtliche Formen davon. Doch was ist erlaubt, wo gibt es Spielraum für Interpretationen und wann droht gar der Ausweisentzug? STREETLIFE sagt es dir.

Wer kennt das nicht. Auf der linken Überholspur bummelt ein Verkehrsteilnehmer unter der erlaubten Geschwindigkeit über die Autobahn. Statt sich rechts wieder in den Verkehr einzureihen, mutiert er zum notorischen Linksfahrer. Man selbst hat es eilig und möchte gerne vorbeiziehen. Doch der Weg bleibt versperrt. Was tun?

Ganz sicher nicht die Nerven verlieren. Und schon gar nicht rechts ausscheren, überholen und wieder auf die linke Fahrspur wechseln. Denn das war, ist und bleibt in der Schweiz ganz klar verboten. Geregelt ist das im Art. 35 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes. Wer heute von der Polizei dabei erwischt wird, muss mindestens mit einer Busse von 250 Franken rechnen. Kommt es bei diesem Manöver aber zu einer Unfallgefahr ­– selbst eine abstrakte reicht hier aus –, droht eine Verzeigung und damit der Ausweisentzug. So viel ist mal sicher. Doch alles weitere ist etwas komplizierter.

 

2021 tritt neues Gesetz in Kraft

Tatsächlich sorgten in den letzten Jahren einige Gerichtsurteile und Gesetzesrevisionen für Verunsicherung. Bis 2016 galt diese Regel: Das Rechtsüberholen wie auch das Rechtsvorbeifahren waren verboten. Bis auf eine Ausnahme: Bei dichtem parallelem Kolonnenverkehr durfte rechts an Fahrzeugen vorbeigefahren werden. 

Für die Auflockerung des Gesetzes sorgte schliesslich der Fall eines Lenkers auf der A1 bei Bern. Als der Verkehr auf der Mittelspur langsamer wurde – von einer Kolonne kann noch nicht gesprochen werden –, bremste er nicht ab, sondern fuhr mit 90 Stundenkilometern rechts an zwei Autos vorbei. Dafür kassierte er eine deftige Geldstrafe: 3100 Franken bedingt und 1500 Franken unbedingt. Er zog das erstinstanzliche Urteil bis vor Bundesgericht weiter – und bekam Recht. 

Die dadurch notwendige Gesetzesänderung trat 2021 in Kraft. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung zieht zur neuen Regelung folgendes Fazit:

  • Aufgrund des notorischen Linksfahrens auf Schweizer Autobahnen ist der Verkehr auf den rechten Fahrstreifen häufig flüssiger.
     
  • Auf der Überholspur kommt es oft zu ständigem Auffahren und Abbremsen. Rechtsvorbeifahren ist dann mit der nötigen Vorsicht erlaubt, wenn es auf der linken (und mittleren) Überholspur zu einer Verkehrsverdichtung kommt (passives Rechtsvorbeifahren).
     
  • Auf das Bremsen der Fahrzeuge auf der (linken oder mittleren) Überholspur muss nicht reagiert werden. Die Fahrt kann vorsichtig bei gleichbleibender Geschwindigkeit fortgesetzt werden.
     
  • Wiedereinbiegen nach dem Rechtsvorbeifahren ist nur dann zulässig, wenn diese Aktionen nicht in einem Zug, sondern für sich allein als einzelne Vorgänge erfolgen.

Das Rechtsvorbeifahren ist also grundsätzlich erlaubt. Beim Wiedereinbiegen allerdings gibt es viel Raum für Interpretationen. Wann darf ich wieder auf die linke oder mittlere Spur wechseln? Nach zwei oder drei Autos? Reicht eine Distanz von 500 Metern oder müssen es mindestens mehrere Kilometer sein?

Das Gesetz liefert hier keine abschliessende Antwort und auch die Verkehrsexperten sind sich uneinig. Sicher ist: Rechtsvorbeifahren ist nur bei einer vielbefahrenen Autobahn anwendbar. Bei einzelnen Mittelstreifenbummlern und notorischen Linksfahrern fährt man nicht gut, wenn man das Rechtsüberholen mit einem Rechtsvorbeifahren tarnen will.

Gefahren beim Rechtsüberholen

Immer wieder kommt es beim unvorsichtigen Rechtsüberholen zu Unfällen. Wie letzten November in Wallisellen ZH. Der Lenker eines BMW-Kombis touchierte beim wieder Einbiegen das überholte Fahrzeug im Frontbereich. Der Opel prallte darauf in die linke Leitplanke. Ohne abzubremsen, fuhr der BMW-Fahrer einfach auf und davon. Der Opel-Lenker blieb glücklicherweise unverletzt.

Im April 2022 rammte ein 20-jähriger Neulenker mit seinem Ford Fiesta den Wagen eines 55-jährigen Autofahrers. Der Mann war auf der Überholspur unterwegs und konnte nicht mehr rechtzeitig abbremsen als der 20-Jährige bei Strengelbach AG vor ihm wieder einbiegen wollte. Verletzt wurde niemand, an beiden Fahrzeugen entstand enormer Sachschaden.

 

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