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Vertreiben Zürcher Behörden Autogarage aus dem Seefeld?
Nach einem halben Jahrhundert im Seefeld muss sich die «Speich Classic Cars» einen neuen Standort suchen. Ein erstes Projekt des Immobilienbesitzers, welches die kultige Autogarage beinhaltete, wurde nicht bewilligt.
Vermutlich verfügt das Zürcher Seefeldquartier schweizweit über die höchste Dichte von Range Rover, Porsche 911, Tesla und Mercedes G-Klasse. Im Seefeld lebt und arbeitet die höchste Kaufkraftklasse. An exklusiver Lage, hinter dem Opernhaus, direkt neben dem Ringier-Pressehaus, liegt ein sechsstöckiges Wohn- und Gewerbehaus. Adresse: Dufourstrasse 29. Über eine schmale Einfahrt gelangt man auf den Hinterhof des Gebäudes. Dieser Hinterhof mit der dazugehörenden Werkstatt ist seit einem halben Jahrhundert die Heimat der «Speich Classic Cars». Denn im Seefeld besitzen die Leute nicht nur aktuelle Luxusautos, sondern oft auch restaurierte Classic-Cars. Nun aber weist an der Dufourstrasse 29 ein hohes Baugespann aus Metallstangen auf einen Wandel hin.
Ferrari bis Bentley
Robert Schmid übernahm 2012 vom Gründer Fritz Speich die «Speich Classic Cars». Die Autogarage hat unter Kennern klassischer Fahrzeuge einen guten Ruf. Besitzer von alten Porsches, Ferraris, Bentleys oder Jaguars lassen hier ihre Fahrzeuge betreuen. Wer die Werkstatt betritt, wähnt sich in einer vergangenen Epoche. Auf den Hebebühnen sind ein alter, oranger 911 und ein rotes Peugeot-Cabrio von Pininfarina aufgebockt. An einem weissen, historischen Cinquecento wird gerade gearbeitet. Insgesamt stehen neun Fahrzeuge in der Werkstatt – allesamt mit Kultcharakter. Die «Speich Classic Cars» kauft, verkauft und restauriert solche klassischen Fahrzeuge. Und mit Reverse-Engineering organisiert sie die Nachbildung von Ersatzteilen, welche im 3-D-Drucker als Unikate nachgebildet werden. Das Geschäft würde eigentlich florieren.
Kultige Hinterhofgarage
Es scheint, dass in der linksgrün dominierten Stadt Zürich Autos höchstens geduldet werden. Während Velos, Lastenräder oder Elektrotrottinetts in Zürich beinahe Rechtsfreiheit geniessen, werden Autos vermehrt eingeschränkt. Das Ziel ist offensichtlich: Eine möglichst autofreie Stadt. Als die Besitzerin des Hauses an der Dufourstrasse 29, eine nicht gewinnorientierte Stiftung, einen Neubau plante, war klar: Die kultige Hinterhofgarage sollte nach der Fertigstellung des neuen Gebäudes an ihrem angestammten Ort wieder einziehen. Offenbar sahen das die autokritischen Behörden des Zürcher Hochbaudepartementes anders. Ein erstes Baugesuch der Stiftung wurde nicht bewilligt. Gemäss «Speich Classic Cars»-Besitzer Robert Schmid soll die Integration seiner Autogarage bei der Nichtbewilligung eine Rolle gespielt haben.
Vertreibung des Autogewerbes
Das aktuelle Baugesuch, welches die Stiftung einreichte, wurde nun ohne eine integrierte Autogarage eingereicht. Und prompt wurde der Neubau bewilligt. Zu den konkreten Gründen der Ablehnung des ursprünglichen Gesuchs nimmt das Zürcher Hochbaudepartement auf Anfrage von STREETLIFE keine Stellung. Hierfür sei das Hochbaudepartement nicht auskunftsberechtigt. Für Robert Schmid spielt das alles keine Rolle mehr. Über seine langjährige Vermieterin, der Stiftung, verliert er kein einziges schlechtes Wort. Und an der systematischen Vertreibung des Autogewerbes aus der Stadt Zürich könne er sowieso nichts ändern, wie er sagt. Bleibt ihm nur noch der unternehmerische Blick vorwärts. Die Suche nach einer alternativen, geeigneten Location gestaltet sich allerdings als schwierig. Fest steht, dass das Seefeld bald um ein gewerbliches Kleinod ärmer sein wird.
Archäologische Spuren
Ob auch die Römer oder Kelten an der heutigen Dufourstrasse 29 gewerblich tätig waren, wird sich nach dem bevorstehenden Abriss des Hauses zeigen. Bereits hat die Zürcher Stadtarchäologie erste Spuren entdeckt. Genau unter dem Hinterhof wollen die amtlichen Archäologen mit Ausgrabungen die Geschichte minutiös rekonstruieren, bevor die Stiftung mit dem Neubau beginnen darf. Wie lange die Ausgrabungsarbeiten dauern werden, ist schwer einzuschätzen. Wenigstens die Ungewissheit, wie lange die Spurensuche der Stadtarchäologen dauern wird, bleibt Robert Schmid mit seiner «Speich Classic Cars» erspart.

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