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Von der EU geforderte Assistenzsysteme weisen Mängel auf
Assistenzsysteme sorgen für mehr Sicherheit auf den Strassen. Deshalb schreibt die EU vor, welche Systeme künftig in allen Neuwagen Pflicht sind. Der ADAC hat drei von ihnen getestet – und kommt zu überraschenden Resultaten.
Notbremsassistent. Notfall-Spurhalteassistent. Müdigkeitserkennung. Intelligenter Geschwindigkeitsassistent. Rückfahrassistent. Notbremslicht. Black Box – diese sieben Assistenzsysteme sind absofort für alle Neuwagen Pflicht. So wollen es die neuen Bestimmungen der EU. Erhofft wird damit mehr Sicherheit auf europäischen Strassen. Tatsächlich machen moderne Assistenzsysteme das Autofahren sicherer. Und: In Zukunft werden sie sogar noch wichtiger, weil sie sind die Grundlage für das automatisierte Fahren und die drei – respektive fünf Stufen – auf dem Weg zum autonomen Fahrzeug sind.
Nicht frei von Fehlern
Assistenzsysteme sind aus modernen Fahrzeugen denn auch nicht mehr wegzudenken. Entgegen vieler Vorstellungen sind sie jedoch nicht frei von Fehlern und Fehlfuntkionen. Bis auf wenige Ausnahmen muss die Person am Steuer deshalb eingreifen können. Die Technik soll vor allem unterstützen. Der Gesetzgeber will das Sicherheitspotenzial von Assistenzsystemen trotzdem immer besser ausgeschöpfen. Ab 7. Juli 2024 werden deshalb die eingangs genannten Helfer bei allen Neuzulassungen Pflicht.
Doch: Taugen die Systeme auch wirklich etwas? Halten sie, was sie versprechen? Der ADAC hat drei der Assistenten getestet – und kommt zum Schluss, dass es bei allen drei Systemen noch Optimierungspotential gibt.
Zum einen wurde der Notfall-Spurhalteassistent getestet. Dieser hilft, das Fahrzeug in der Spur zu halten und warnt vor dem Verlassen der Fahrspur. Es kann blicken, piepsen und greift gegebenenfalls sogar ein und bringt das Auto zurück auf Kurs. Als Orientierung dienen Kameras, die sich an den Markierungen auf der Strasse orientieren. Klar: Nicht alle Fahrerinnen und Fahrer haben es gern, wenn das Auto das Steuern übernimmt. Zum Glück kann das System jederzeit übersteuert werden.
Für seinen Test hat der ADAC einen Renault Mégane E-Tech in eine klassische Baustellensituation gelenkt. Dabei hatte es diverse Linien auf dem Boden, die sich aus den eigentlichen Fahrspuren und der Baustellenmarkierung zusammensetzen. Beim Test zeigte sich jedoch, dass der Mégane sich konsequent an den regulären weissen Linien orientierte. Die Folge: Der Assistent steuerte das Auto Richtung Fahrbahnrand, der Ingenieur des ADAC musste korrigierend eingreifen. Deshalb fordert der ADAC ein umfangreiches Training der Technik. Baustellensituationen seien im Strassenverkehr alltägliche Umstände, mit denen ein Assistenzsystem umgehen können müsse. Denn, so der ADAC, für eine «gesteigerte Kundenakzeptanz dürfen Autofahrende keine Angst vor einem falschen Lenkeingriff» haben.
Rückfahrassistent – der Winkel entscheidet
Auch der Parkbremsassistent wurde auf seine Zuverlässigkeit geprüft. Dank ihm soll verhindert werden, dass der Fahrer oder die Fahrerin beim Rückwärtsfahren Gegenstände, vorbeifahrende Autos, Fahrräder oder Passanten übersieht. In der Regel werden dafür die Ultraschall-Sensoren der Einparkhilfe genutzt. Diese messen mit hochfrequenten Schallwellen die Zeit, die die Wellen benötigen, bis sie wieder beim Sensor ankommen, nachdem sie auf ein Objekt getroffen sind. Im Test rollte das Fahrzeug, ein Golf 8, deshalb auf einen Würfel aus Pappe zu. Stand das Hindernis mit der Fläche zum Fahrzeug, erkannte das Auto das Hinderniss richtig und bremste rechtzeitig ab.
Unschön wurde das Ergebnis, als die Ingenieure den Würfel um 45 Grad drehten. Denn dann «übersah» der Golf das Objekt und krachte in den Würfel. Hier zeige sich eine Schwäche der Ultraschalltechnik, so der ADAC. Denn durch die geänderte Geometrie des Würfels wurden die Ultraschallwellen nicht reflektiert. Deshalb dachte das Auto, der Weg frei sei. Durch «Training des Parkbremsassistenten auf Objekte, die nicht optimal positioniert sind», könnten solche Fehlfunktionen verhindert werden, schreibt der ADAC. Deshalb fodert er von den Herstellern entsprechende Massnahmen. Denn: Solche Situationen kämen in der Realität häufig vor – deshalb dürften sie auch «keine Ursache für Systemfehler» darstellen.
Notbremsassistent überzeugt – aber nicht rundum
Zum Schluss wurde auch noch der Notbremsassistent getestet. Er gehört zu den verbeitetsten Helfern im Auto und ist bereits seit 2022 von der EU vorgeschrieben. Seine Funktion: Bei einer drohenden Kollision bremst er das Fahrzeug automatisch ab. Künftig jedoch muss er auch Passanten erkennen. Auch bei diesem Test verwendete der ADAC einen VW Golf 8. Dabei zeigte sich, dass der Notbrmemsassistent einfache Umgebungssituationen gut beherrscht und in den allermeisten Situationen richtig reagiert.
Personen, die auf die Fahrbahn liefen, habe der Assistent stets zuverlässig erkannt, so der ADAC. Auch wenn Kinderwagen oder Tiere im Spiel gewesen seien, habe der Golf autonom und rechtzeitg abgebremst. Allerdings nur, solange die Person am Steuer nicht versucht habe, per Lenkeingriff oder Bremsmanöver die Situation selbst zu entschärfen. In solchen Fällen sei «die Notbremsung zu spät gekommen», so der ADAC-Testbericht. Denn: Das Fahrzeug konnte mit solchen «doppelten Eingaben» nicht umgehen, worauf es zu einer Kollision kam.
Der ADAC schreibt deshalb, dass Hersteller ihre Assistenten auf «uneindeutige Szenarien» trainieren sollte. Mit dem Zeck, dass diese auch «über die streng definierten Tests unter Labor-Bedingungen auf einer Teststrecke» hinaus funktionieren. Denn eine Notbremsfunktion dürfe nicht versagen, nur weil die Person am Steuer in einer Gefahrensituation angemessen reagiert habe.
Generell fordert der Verband ein «zielgerichtetes Training der Systeme auf unterschiedlichste Szenarien und Hindernisse» sowie «gut ausgereifte Systeme». Das, so der ADAC, fördere «die Akzeptanz bei Kundinnen und Kunden».

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