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Unsicheres Sicherheitstool

Ärger um Assistenzsystem – EU-Tempolimit-Warner ist ein Sicherheitsproblem

Der Tempolimitwarner ISA ist ab Sommer für alle Neuwagen in der EU Pflicht. Doch Tests zeigen, dass die für das ISA-System relevante Verkehrszeichenerkennung oft nicht richtig funktioniert. Das sorgt für Ärger – denn das Assistenzsystem könnte sogar zum Sicherheitsrisiko werden.

Vor fünf Jahren beschloss die EU im Rahmen der schrittweisen Einführung diverser obligatorischer Assistenzsysteme, dass ab Juli 2024 jeder Neuwagen mit der sogenannten Intelligent Speed Adaption (ISA) ausgestattet sein muss. Bereits seit Sommer 2022 muss das System in allen neuen Fahrzeuge verbaut sein. ISA warnt durch ein blinkendes Geschwindigkeits-Limit-Verkehrszeichen bei jeder Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der befahrenen Strecke – visuell wie akustisch. Das erhoffte Ziel mit dieser neuen Regelung: null Verkehrstote bis 2050. Bereits bis 2030 soll die Zahl um 50 Prozent im Vergleich mit den aktuellen Werten gesenkt werden. So wollen es die Verkehrsminister der EU.

Gegen weniger Verkehrstote hat selbstverständlich niemand etwas. Doch das ständige Geblinke und Gepiepse bei Tempoüberschreitungen kann ganz schön nerven. Zumal eine leicht erhöhte Geschwindigkeit vor allem auf Autobahnen hierzulande oft toleriert wird. Doch das System hat Schwächen, die weit dramatischere Folgen haben können. ISA baut auf einer tendenziell fehlerbehafteten Technologie auf – der automatischen Verkehrszeichenerkennung. Diese basiert auf heute obligaten Kamerasystemen, orientiert sich aber gleichzeitg auch an den Daten aus dem Navigationssystem des jeweiligen Autos.

Zeichenerkennung funktioniert oft nicht

Die Folge: Immer wieder kommt es vor, dass ein Fahrzeug für die gleiche Zone verschiedene Tempolimits anzeigt. Das kann an nicht aktuellen Daten im Navi liegen – oder an verwirrenden Schildern sowie Störungen in den Anzeigen von digitalen Verkehrszeichen. Neu sind solche Fehler nicht. Deshalb untersucht das deutsche Fachmagazin «Auto Motor Sport» bereits seit einigen Jahren, wie gut ISA unter verschiedensten Bedinungen effektiv funktioniert.

Auf einer Teststrecke wird unter anderem überprüft, ob das System Sonderfunktionen oder Schilder für Nebenfahrspuren erkennen kann – und ob der Tempomat die von ISA kommunizierte Geschwindigkeit automatisch übernimmt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Von 146 im letzten Jahr untersuchten Autos erhielten nur knapp 18 Prozent überhaupt Punkte für erfüllte Anfoderungen. Kommt hinzu: In den meisten Fällen verloren die Fahrzeuge laut «AMS» die gewonnenen Punkte bei anderen Tests wieder. Pikant: Die Schwächen von ISA betreffen laut dem Magazin alle Hersteller und Segmente – egal ob Premium-Limousine, Pick-Up-Truck, SUV oder City-Flitzer.

Ein Sicherheitssystem, das zum Sicherheitsrisko wird? Wenn eine automatische Verkehrszeichenerkennung eine falsch erkannte Geschwindigkeit an den Tempomaten weitergibt, kann es gefährlich werden. Zumal es auch ohne ISA vorkommt, dass sich Autofahrerinnen und Autofahrer falsch an Geschwindigkeitsangaben orientieren. Hierzulande etwa bei Ein- oder Ausfahrten, oder im Ausland an den weit verbreiteten Tempo-Begrenzungen bei Nebel oder Nässe. Und Stand heute ist es so, dass ISA im Vergleich mit Menschen eher schwächer als stärker abschneidet.

Die EU will mit ISA sogar noch weiter

Die gute Nachricht ist: Aktuell kann das ISA-System noch ohne Weiteres übersteuert oder gar vollumfänglich deaktiviert werden. Bei vielen Herstellern muss man dafür allerdings in das Untermenü im Infotainmentsystem; bei einzelnen Marken funktionierts auch ganz simpel per Knopfdruck. Allerdings: Nach jedem Neustart muss das System wieder aktiviert werden. So lauten die Vorschriften der EU.

Tatsächlich will die EU mit ISA sogar noch einen Schritt weitergehen. Um die Sicherheit auf europäischen Strassen zu gewährleisten, soll etwa das Gaspedal bei der Übertretung des Tempolimits limitiert werden. Dazu soll die Leistung des Antriebs gedrosselt werden. Nicht nur bei «Auto Motor Sport» befürchtet man aber, dass auch diese Regel erhebliche Risiken mit sich bringt. Immerhin müssen Fahrerinnen und Fahrer in gewissen Situationen trotz Tempolimit Gas geben können. Das Fazit des Fachmagazins lautet denn auch: Aktuell ist ISA eher Sicherheitsrisiko als Sicherheitsassistenz. Und: Bevor man weitere Funtionen einführt, sollten zuerst die Probleme mit den bestehenden behoben werden.

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