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Vom Trendsetter zum Ladenhüter
Erleben wir bereits das Ende des ersten, grossen Elektroauto-Booms? Stürzen die Preise der E-Autos sowohl bei Neuwagen als auch bei Occasionen in den Keller? Und weshalb will der Autovermieter Hertz auf einen Schlag 20'000 Teslas loswerden?
Die Befürchtung scheint sich zu bewahrheiten: Der erste, grosse Boom der Elektroautos droht abzureissen. In Deutschland konnten 2023 zwar nochmals 524'000 rein elektroangetriebene Autos verkauft werden – das waren respektable 11,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Aber manche Experten sehen nun ein Ende des Batterieauto-Booms. Die Hauptgründe sind die von der deutschen Regierung gestrichene Prämien für E-Autos, ein gesättigter Markt und nicht zuletzt die Sorge vieler Autofahrer um ansteigende Strompreise. Aktuell zeigt sich der helvetische E-Automarkt zwar noch etwas stabiler. Das überlegene, politische System der Schweiz sorgt für ein positiveres, wirtschaftliches Umfeld und somit für eine stärkere Kaufkraft. Aber auch die Schweiz hat die Prämien für E-Autos gestrichen und damit jäh in die Nachfrage für E-Autos reingegrätscht. Mit dem geplanten Ausbau der Ladeinfrastruktur sind sowohl Deutschland als auch die Schweiz arg im Hintertreffen.
Gesättigter Markt
Während der COVID-Pandemie wurden weltweite Lieferungsketten unterbrochen. Auch die Autohersteller kämpften mit massiven Lieferproblemen. 2023 schien sich der gesamte Automarkt wieder erholt zu haben. Vor allem die teuren E-Autos liessen sich gut verkaufen. Aber wer sich ein E-Auto leistet, welches gerade wegen der Batterie massiv mehr kostet als ein Verbrenner, der will seine hohe Investition amortisieren. Mit anderen Worten: Wer neu ein E-Auto fährt, wird voraussichtlich für lange Zeit nicht mehr im Ausstellungsraum des Autohändlers auftauchen. Dieser Markt scheint nun gesättigt.
Kommende Rabattschlachten
Bereits fahren grosse Hersteller ihre Produktionsbänder nach unten. Volkswagen streicht bereits wieder Schichten in den Werken Zwickau und Emden, welche ID.3 und ID.4 produzieren. Die Lager der Elektroautos werden sich füllen. Und die Hersteller werden gezwungen sein, mit hohen Rabatten den Verkauf zu forcieren. Tesla hat sich bereits in massive Rabattschlachten gestürzt. Für Furore sorgte das Tesla Model S Plaid, welches sich in nur 2,1 Sekunden auf 100 km/h katapultiert. Ähnlich rasant verläuft nun Teslas Verwandlung vom Trendsetter zum Ladenhüter. Wer sich jetzt den Kauf eines E-Autos überlegt, darf bald mit hohen Preisnachlässen rechnen.
20'000 E-Autos abstossen
Bekanntlich drücken tiefe Neuwagenpreise auch den Wert von Occasionen. Wer auf einen Neuwagen massive Rabatte bekommt, überlegt sich den Kauf eines gebrauchten E-Autos zweimal, zumal der Leistungsabbau der Batterie bei einem mehrjährigen Auto schneller zum Thema werden könnte. Zusätzlich wird sich noch eine Horrornachricht negativ auf den Occasionsmarkt für Elektroautos auswirken: Der drittgrösste Autovermieter der Welt will über 20'000 Batterieautos durch zuverlässigere Verbrenner zu ersetzten.
Dekarbonisierung muss warten
Zwei Gründe nannte der Autovermietungsgigant Hertz, weshalb er über 20'000 Elektroautos, vorwiegend Teslas, durch Autos mit Verbrennungsmotoren ersetzen will. Erstens führen die Schäden an den E-Autos zu hohen Reparaturkosten. Und zweitens drücken die schwachen Wiederverkaufswerte der Teslas auf die Rentabilität des Autovermieters, welcher 2022 8,7 Milliarden US-Dollar umgesetzt hat. Auch der Autovermieter Sixt äussert sich zunehmend kritisch gegenüber E-Autos – offensichtlich wollen sich die Kunden nicht mit dem Standort der nächsten Ladesäule herumschlagen. Die totale Dekarbonisierung wird noch ein wenig auf sich warten lassen.

Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.
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