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Die SP-Bundesrats-Roadshow nimmt Fahrt auf
Am 13. Dezember 2023 wählt die vereinigte Bundesversammlung den Gesamtbundesrat. Sechs SP-Kandidaten bewerben sich aktuell in einer Roadshow um die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset. STREETLIFE-Kolumnist Pentti Aellig zeigt auf, wie die Anwärter zum Individualverkehr stehen.
Die Ausgangslage für den Stichtag steht fest: Zwar wagen die arg dezimierten Grünen einen Verzweiflungsangriff auf einen der beiden FDP-Bundesratssitze. Aber vermutlich halten die 246 Parlamentarierinnen und Parlamentarier an der bewährten Zauberformel fest.
Sechs SP-Kandidaten bewerben sich aktuell in einer Roadshow um die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset. In Genf, Biel, Olten und Schaffhausen präsentieren sich eine Frau und fünf Männer als ideale Besetzung. Am 25. November wird die Fraktion der Sozialdemokraten die Kandidaten zu einem 2er oder 3er-Ticket verichten.
Werden die SP-Kandidaten als Bundesräte Einfluss auf den Individualverkehr nehmen? Spielt bei den sechs möglichen Nachfolgenden die Mobilität eine ähnlich grosse Rolle wie bei Alain Berset, welcher für seine Abstecher ins nahe Ausland mit Privatflugzeug oder Bundesratslimousine für Gesprächsstoff sorgte? Der Überblick:
Matthias Aebischer
Der ehemalige SRG-Gebührenmoderator gilt im Nationalrat eher als politisches Leichtgewicht. Immerhin ist Aebischer Präsident von über 40'000 Mitgliedern der Pro Velo Schweiz. Dieser Dachverband will mit schnelleren und bis zu 450 Kilo schweren Lastenvelos die Schweizer Innenstädte beglücken. Für Autofahrer bedeutet ein Bundesrat Aebischer wenig Gutes. Aebischer meint, wenn man das Netto-Null-Ziel erreichen wolle, müsse man den Langsamverkehr möglichst attraktiv machen. Im Umkehrschluss bedeutet dies einen möglichst unattraktiven Individualverkehr. Innerhalb der vereinigten Bundesversammlung ist es üblich, den gegnerischen Parteien einen möglichst durchsetzungsschwachen Bundesrat aufs Auge zu drücken. Deshalb ist Aebischer im Rennen um den Bundesrat nicht chancenlos.
Evi Allemann
Zwei gewichtige Gründe sprechen für eine Bundesrätin Allemann. Erstens ist sie die einzige Frau auf dem SP-Ticketplatz. Und zweitens verfügt sie als Berner Regierungsrätin bereits über ausreichende Exekutiverfahrung. Aus der Sicht überzeugter Autofahrer spricht wenig für die Bernerin Allemann. Sie agiert links, urban und war Präsidentin des VCS, welcher mit einem Referendum den Ausbau des Schweizer Autobahnnetzes bekämpfen will. Die «Rote Evi», wie sie vom Boulevard genannt wird, hat als Regierungsrätin dafür gesorgt, dass der Klimaschutz im Richtplan verankert wird. Zwei Berner Bundesräte wären allerdings übertrieben. Mit dem Berner Bundesrat Rösti sitzt immerhin ein solider Automobilist in der Landesregierung.
Daniel Jositsch
Daniel Jositsch verfügt über ein grenzenloses Ego. Im politischen Rampenlicht wächst er über sich hinaus. Der 58-jährige Zürcher Ständerat Jositsch kann sich vermutlich kaum einen besseren Bundesrat vorstellen als er selbst. Bereits bei der Sommaruga-Nachfolge konnten die Sozialdemokraten ihren Topstar kaum im Zaum halten. Jetzt, bei der Berset-Nachfolge, versucht es der Zürcher erneut. Zwar wählt die vereinigte Bundesversammlung lieber bescheiden auftretende Bundesräte, aber falls die linksgrünen Parlamentarier dem Wunsch der SVP nach einem eigenen Bundeskanzler nicht entsprechen, könnten die Bürgerlichen als Strafmassnahme den in Verkehrsfragen neutral positionierten Daniel Jositsch auf den Bundesratsthron hieven.
Beat Jans
Dem fast 60-jährigen, freundlichen Basler Regierungsrat werden gute Chancen eingeräumt, auf das definitive SP-Ticket zu gelangen. Beat Jans ist mit einer Amerikanerin verheiratet und fliegt deshalb oft in die USA. Somit ist sein CO2-Fussabdruck nicht unbedingt Weltklasse, aber immerhin hat seine Frau ihr Auto in Amerika verkauft. Auch Jans besitzt kein Auto. Er bevorzugt das Velofahren und den ÖV. Autos seien umweltschädlich und ineffizient. Basel will endlich einen Bundesrat – auch deshalb stehen die Zeichen gut für den autokritischen Genossen Beat Jans.
Roger Nordmann
Der langjährige Ex-Fraktionschef der SP ist ein Mann der zuspitzenden Klimakrise. Deshalb hat er ein Buch geschrieben, welches einen radikalen Umbau unseres Energiesystems fordert. Als typischer Sozialdemokrat will Roger Nordmann die Schweiz mit milliardenschweren Umverteilungsprogrammen zur fossilfreien Gesellschaft umbauen. 430 Milliarden Franken will er der Bevölkerung abnehmen und in einen Klimafond pumpen. Nordmann als Bundesrat bedeutet gemäss seinen eigenen Worten: Weniger Fleisch und kleinere Elektroautos statt grosse SUVs.
Jon Pult
Schlussendlich spielt es für den Individualverkehr keine grosse Rolle, welcher der sechs parteiinternen SP-Kandidaten sich als Bundesrat in den Geschichtsbüchern verewigt. Keiner der sechs Sozialdemokraten ist ein Petrol Head. Alle sechs setzen auf Service Public. So auch der 39-jährige Jon Pult, welcher den Güterverkehr umfassender auf die Schiene bringen will. Der Verkehrspolitiker Pult ist Präsident der Alpeninitiative. Zum Ausbau unseres Nationalstrassennetzes zitiert Pult den New Yorker Verkehrsexperten Lewis Mumford: «Mehr Strassen bauen ist wie seinen Hosengürtel öffnen, um Übergewicht loszuwerden.»

Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.

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