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Verkehrstherapeutin: «Im Auto ist es einfach, Fehler vorzuwerfen»
Wer sich beim Autofahren streitet, gefährdet sich und seine Mitfahrenden. Doch warum kommt es zum emotionalen Ausbruch hinter dem Steuer? STREETLIFE hat mit einer Verkehrstherapeutin darüber gesprochen, wie man die Eskalation im Auto verhindern kann.
Wer kennt das nicht: Du sitzt mit deiner Beifahrerin oder deinem Beifahrer im Auto und die Stimmung kippt. «Fahr langsamer», tönt es vom Nachbarsitz. Oder: «Fahr doch nicht so dicht auf!» Du fühlst dich angegriffen, denn deiner Meinung nach fährst du korrekt, vorsichtig und vorausschauend. Die Folge: Es kommt zum Streit.
«Der Fahrstil ist tatsächlich einer der häufigsten Gründe, warum sich Menschen im Auto in die Haare geraten», erklärt Silvie Hildering, Verkehrstherapeutin des Zentrums für Fahrkompetenz in Zürich. Damit es aber erst so weit kommt, spielen weitere Faktoren eine wichtige Rolle.
Je näher, umso verletzender
«Entscheidend ist vor allem die Art der Beziehung», sagt die Verkehrstherapeutin. «Sind die Insassen nur Freunde, dürfte die Eskalation ausbleiben. Freunde nehmen sich mit ihrer Kritik am Fahrstil des Lenkers meist zurück, da sie sich stark anpassen.» Trotz fehlender Kommunikation habe das Erlebte dennoch Konsequenzen. Hildering: «Diese Personen steigen oft kein zweites Mal ins Auto. Sie wollen einer Wiederholung der Situation ausweichen.»
In einer Liebesbeziehung sehe das grundlegend anders aus. «In dieser Konstellation passiert es häufiger, dass die Partnerin oder der Partner Kritik äussert, welche die Lenkerin oder den Lenker provoziert.» Für Hildering werde so der eigentliche Konflikt quasi auf einem Nebenschauplatz ausgetragen: «Autofahren ist für viele ein Ventil. Insbesondere, wenn Paare etwas nicht ausdiskutieren können.»
Streit kann zu Unfällen führen
Bricht der Streit erst mal aus, kann das für die Beteiligten wie auch andere Verkehrsteilnehmende zu einer Gefahr werden. «Emotionen lenken ab und stören die Aufmerksamkeit, genauso auch Gedanken, Gespräche und das Verhalten der Beifahrenden», warnt die Verkehrstherapeutin. Aus der Unaufmerksamkeit heraus entstehen schnell brenzlige Situationen, bis hin zu Unfällen.
Deshalb sei es laut der Verkehrstherapeutin wichtig, dass die lenkende Person früh erkennt, ob sich ein Disput anbahnt. Die Expertin gibt diese Tipps:
1. Auf längere Autofahrten verzichten
Paare, die bezüglich emotionaler Themen bereits dringenden Redebedarf haben, sollten keine längere Autofahrten unternehmen. «Bei verletzten Gefühlen rate ich dringend davon ab», so Hildering. Alternative: Das Paar klärt die Problemstellung vor der Fahrt.
2. Gespräch verschieben
Autofahrende sind in der Verantwortung. Kommt es aufgrund der Auseinandersetzung zu einem Unfall, werden sie zur Rechenschaft gezogen. Hildering empfiehlt deshalb klare Ansagen. Zum Beispiel: «Stopp, wir diskutieren das Zuhause, jetzt muss ich mich aufs Fahren konzentrieren.»
3. Auf gemeinsames Autofahren verzichten
Was aber, wenns im Auto immer wieder zum Streit kommt? Sollte man ganz aufs gemeinsame Fahren verzichten? Hildering: «Das gibt es tatsächlich, allerdings sind das oft Paare, in denen beide Schwierigkeiten damit haben, ihre Emotionen zu regulieren und auf eine adäquate Art zu kommunizieren. Streit finden in solchen Situationen dann nicht nur im Auto statt.»

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