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Politik & Wirtschaft •
Zürcher Taxi-Gesetz in Kraft

Uber-Fahrer ahnungslos: «Von der Plakette weiss ich nichts»

Seit dem 1. Januar gilt im Kanton Zürich das neue PTLG-Gesetz für Taxi-, Uber- und Limousinendienste. Neu müssen alle Fahrerinnen und Fahrer über eine Bewilligung verfügen und eine entsprechende Plakette mitführen. STREETLIFE hat den Test gemacht, ob sich bereits alle schon an das neue Gesetz halten.

Der Krieg zwischen Taxis- und Uber-Fahrern tobt seit Jahren auf Zürcher Strassen. So forderte die Taxibranche 2020 eine Regulierung, besonders von Uber-Diensten. Jetzt ist das neue PTLG-Gesetz (Taxi-Gesetz) endlich da. Seit Anfang 2024 wird im Kanton Zürich der Personentransport mit Taxis, Uber und Limousinen einheitlich geregelt. 

Die wesentlichen Punkte des neuen Gesetzes sind: Die Höchsttarife, die Taxifahrerinnen und -fahrer erhoben haben, entfallen nun, Taxi-Chauffeure müssen mindestens auf B1-Niveau Deutsch sprechen können und alle Fahrenden müssen über eine Bewilligung des Kantons Zürich verfügen.

Eine solche Meldepflicht gilt neu auch für Limousinen- und Uber-Dienste. Diese Fahrzeuge müssen zudem künftig mit einer Plakette gekennzeichnet sein.

Doch halten sich die Taxi- und Uber-Chauffeure neun Tage nach dem in Krafttreten des Gesetzes an die neuen Richtlinien? STREETLIFE hat den Test gemacht.

«Es wurden bürokratische Hindernisse aufgebaut»

Wir buchen ein Uber vom Zürcher Bellevue in Richtung Zürich-West. Schnell wird klar, der Fahrer am Lenker des Toyota Auris ist mehr schlecht als recht über das neue Gesetz informiert. «Ich weiss, wir wurden angemeldet, aber von einer Plakette weiss ich nichts», so der Chauffeur (Name der Redaktion bekannt). Und tatsächlich ist in seinem Fahrzeug auch keine obligatorische Plakette zu finden. Seit 1. Januar 2024 müsste er diese aber gut sichtbar an der Innenseite seiner Frontscheibe angebracht haben. Macht das ein Fahrer nicht, droht eine Busse von 80 Franken.

Zürcher Amt ist in Verzug

Tatsächlich hat der säumige Uber-Fahrer aber grosses Glück. Noch kann er nämlich nicht für die fehlende Plakette belangt werden. Der Grund: Das zuständige Zürcher Amt für Mobilität ist in Verzug. Aufgrund der hohen Nachfrage ist die Behörde mit der Ausstellung der Plaketten im Rückstand, wie es auf Anfrage von STREETLIFE heisst. 

Dem Amt für Mobilität blieb deshalb nichts anderes übrig als eine Kulanzfrist einzuführen. «Mit der Kantonspolizei Zürich ist abgesprochen, dass in den ersten Wochen des Jahres 2024 Fahrerinnen und Fahrer, die noch über keine Limousinenplakette verfügen, auf das Fehlen hingewiesen, aber nicht gebüsst werden.» Wie lange die Frist dauert, sei derzeit aber nicht absehbar.

Fehlende Deutschkenntnisse sind ein Problem

Der Uber-Fahrer, mit dem STREETLIFE an diesem Nachmittag unterwegs ist, will sich so schnell wie möglich um die Plakette kümmern. Als er aber hört, dass künftig alle Taxi-Fahrerinnen und Fahrer Deutschkenntnisse auf B1-Niveau haben müssen, kann er nur schmunzeln: «Mein letzter Gast erzählte mir, ich sei ihr erster Chauffeur gewesen, der überhaupt Deutsch spricht.» Und weiter: «Neben meiner Tätigkeit für Uber fahre ich noch in einem Taxibetrieb. Und dort sprechen viele Fahrer effektiv nur Französisch», verrät er. Ein grosser Teil der Fahrzeuglenkenden wird diese neue Regelung kaum erfüllen, sagt er abschliessend. Und er fragt: «Wer soll das überhaupt kontrollieren?»

Von zu viel Bürokratie und unnötigen Hürden spricht dann auch Uber Schweiz auf Anfrage: «Wir begrüssen die Idee einer kantonalen Regelung, die ein einheitliches Umfeld für die Fahrer schafft. Allerdings hätte die Gelegenheit genutzt werden sollen, um bürokratische Hindernisse zu reduzieren, statt sie aufzubauen», sagt Uber-Sprecherin Luisa Elster. « Wir unterstützen die Meinung, dass eine Plakette bei Kontrollen helfen kann. Sie stellt aber für lokale Unternehmer und Fahrerinnen und Fahrer eine unnötige administrative Hürde dar und behindert ihre Flexibilität.»

Der Zürcher Stadtrat und FDP-Präsident Filippo Leutenegger sieht das ähnlich. Mit dem neuen Gesetz sei der Taxi-Markt im Kanton Zürich total überreguliert. «Mit dem PTLG-Gesetz wurde über das Ziel hinausgeschossen. Die Taxibranche hat sich dieses gewünscht, weil sie besonders Uber als Konkurrenz angesehen hatte. Doch gerade diese Plakettenpflicht geht für die FDP viel zu weit», sagt er.

Taxifahrer freuen sich über Gleichstellung aller Fahrdienste

Der Vorwurf einer Überregulierung und zu hoher administrativer Hürden lässt Rudolf Raemy, SVP-Mitglied und Präsident der Taxi Sektion Zürich (TSZ), nicht gelten. Dass das Zürcher Stimmvolk das Taxi-Gesetz 2020 angenommen hat und es jetzt endlich eingeführt wurde, findet er absolut richtig. «Das Gesetz schafft gleiche Markt-Zugangsbedingungen für Taxis und Limousinen», erklärt er. «Durch die Registrierungen von allen Fahrerinnen und Fahrern beim Kanton und durch das Anbringen einer Plakette oder eines Aufklebers können Kontrollen auf den Strassen stattfinden.» 

Für das Zürcher Taxi-Unternehmen «Yourmile» ist das Gesetz zudem ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Dumpingpreise. «Diese Entwicklung schafft Transparenz und ist sehr positiv, da die Uber-Fahrerinnen und -Fahrer sich nicht mehr ‘verstecken’ können. Wir hoffen, dass sich somit die Situation mit den Dumpingpreisen verbessern wird», sagt Stefano Robbiani. Das neue Gesetz bringe deshalb eine deutliche Verbesserung für den Taxi-Markt. 

Die Freude darüber ist bei den Fahrerinnen und Fahrer an den Zürcher Taxi-Warteplätzen deutlich spürbar. So meint Chauffeur John Jerry Appiah: «Wir haben damals durch Uber viele Kunden verloren. Doch nun wird der Taxitarif etwas günstiger und Uber wird teurer. Somit gleicht es sich aus. Wir alle haben Familien zu Hause und haben Rechnungen und Betreibungen zu bezahlen.»

Deepak Kumar-Dhunna fährt seit 20 Jahren in Zürich Taxi und er spricht aus, was hier alle denken: «Früher durfte jeder nach Zürich kommen und ein, zwei Löffel vom Taxi-Fahr-Kuchen haben, ohne irgendwo gemeldet zu sein. Jetzt ist es geregelt und es wird kontrolliert, wer legal oder illegal fährt.»

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