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Töff-Raser fliegt wegen Instagram auf
Eine Ausfahrt mit dem Töff. Zweimal deutlich zu schnell gefahren. Und in beiden Fällen lässt er sich von seiner Frau auf dem Sozius filmen. Deswegen hat sich diese Woche ein 23-Jähriger vor dem Bezirksgericht Weinfelden TG verantworten müssen.
Affeltrangen, ein beschauliches Dorf im Kanton Thurgau, wird dieser Töff-Fahrer so schnell nicht vergessen. Nach einer Ausfahrt mit seiner Frau vor zwei Jahren auf dem Motorrad seines Schwiegervaters wird ihm die Durchfahrt zum Verhängnis. Am Dienstag musste er sich vor dem Bezirksgericht Weinfelden verantworten.
Laut der Anklageschrift, die STREETLIFE vorliegt, durchquerte das Ehepaar Affeltrangen von Märwil herkommend in Richtung Lommis und war dabei zweimal deutlich zu schnell unterwegs. Seine Frau filmte das Ganze vom Sozius aus mit ihrem Handy.
Vor und nach Affeltrangen
Als sie Märwil auf der Hauptstrasse in Richtung Affeltrangen verliessen, war der 23-Jährige etwas früh am Gas. Noch bevor die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h innerorts aufgehoben wurde, beschleunigte er sein Motorrad auf 90 km/h und weiter bis 122 km/h ausserorts. Nach Abzug der Toleranz war er damit inner- wie ausserorts jeweils 33 km/h zu schnell gefahren.
Nur wenige Minuten später hatten sie Affeltrangen durchfahren und verliessen das Thurgauer Dorf in Richtung Lommis. Auf der Hauptstrasse überholte der 23-Jährige einen Personenwagen und beschleunigte dafür auf 149 km/h! Das ist nach Abzug der Toleranz eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 58 km/h, womit er wegen 2 km/h vor dem Gesetz nicht als Raser gilt.
Durch Steinebrunn
Wenige Monate später, war er Ende August ein weiteres Mal zu schnell unterwegs mit dem Motorrad. Bei diesem Vorfall war er allein unterwegs. Er fuhr mit 75 km/h durch Steinebrunn TG und hielt dabei sein Handy in der linken Hand, um den Tacho und den rechten Steinspiegel zu filmen. Die Geschwindigkeitsübertretung betrug nach Abzug der Toleranz 19 km/h und gemäss der Anklageschrift war der 23-Jährige durch sein Handy mindestens 17 Sekunden abgelenkt.
Das Video von dieser Fahrt stellte er auf Instagram. Und das war der Grund, wieso die Polizei auf ihn aufmerksam wurde. Nicht, weil er in einen Blitzer fuhr, sondern wegen des Videos auf Social Media.
Die Forderung der Staatsanwaltschaft
Mit diesen massiven Geschwindigkeitsübertretungen habe der im Thurgau wohnhafte Töff-Fahrer nicht nur sich selbst und seine Frau auf dem Rücksitz, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, argumentierte die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift. Es würden mehrere Strassen in die Hauptstrasse einmünden, aus welchen weitere Autos hätten einbiegen können und so unerwartet den Weg des Motorrades hätten blockieren können.
Für den 23-Jährigen spreche, dass die Strassen bei den Geschwindigkeitsdelikten bei Affeltrangen gerade, breit und übersichtlich waren. Auch die Witterung war gut. Und schliesslich zeigte sich der Töff-Fahrer geständig und ist nicht vorbestraft. Auch hatten die Schweizer Behörden bis zu diesen Geschwindigkeitsdelikten noch keine Administrativmassnahem (Ausweisentzug) gegen den Beschuldigten verhängt.
Unter Berücksichtigung all dieser Tatsachen fordert die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von acht Monaten sowie eine Geldstrafe von 6000 Franken (60 Tagessätze à 100 Fr.). Beide sollen bei einer Probezeit von zwei Jahren bedingt aufgeschoben werden. Zudem soll der Beschuldigte eine Busse von 2000 Franken bezahlen.
Die Sicht des Beschuldigten
Der 23-jährige Migrant zeigte vor dem Bezirksgericht Reue. Er beteuerte immer wieder, ihm sei nicht klar gewesen, dass er andere gefährde – egal, was die Richterin fragte. Der Beschuldigte sagte weiter, er wisse heute, dass es falsch gewesen sei und beteuerte, dass es nicht mehr vorkommen werde. Sein Verteidiger hielt sich in seinem Plädoyer kurz, da der Beschuldigte geständig war und sich mit dem Strafmass einverstanden erklärte.
Der Verteidiger erinnerte aber nochmal daran, dass der 23-Jährige bei den Geschwindigkeitsverstössen in Affeltrangen erst kurze Zeit in der Schweiz war. Er habe die hiesigen Geschwindigkeitslimits zwar gekannt, die schwerwiegenden Konsequenzen seien ihm aber nicht bewusst gewesen. Das Gerichtsverfahren hätte ihn geschockt. Um seinen Willen zur Besserung zu zeigen, besuche er einen Verkehrspsychologischen Kurs.
Das Urteil
Das Gericht folgte schliesslich dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den 23-Jährigen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten sowie einer bedingten Geldstrafe von 6000 Franken. Die Busse von 2000 Franken ist zu bezahlen. Die Richterin urteilte nach dem Grundsatz: «Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.» Sie erinnerte den Beschuldigten nochmals daran, dass Rasen gefährlich sei. «Wenn Sie gerne schnell fahren wollen, gehen Sie auf eine Rennstrecke. Diese ist abgesperrt und Sie müssen nicht mit Menschen, Tieren oder anderen Fahrzeugen auf der Strecke rechnen.»
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