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Gefälschtes Dokument – der Trick mit dem Führerausweis aus Polen
«Das kommt mir spanisch vor», dachte sich ein Gemeindeangestellter im Februar 2024 in Niederglatt ZH. An seinem Schalter stand ein 42-jähriger Brasilianer, der seinen polnischen Führerausweis in ein Schweizer Dokument umtauschen wollte. Der Verdacht war nicht unbegründeter – der Mann steht heute im Kanton Zürich vor Gericht.
Diese Regel löst bei vielen Expats etwas Nervosität aus: Wer in der Schweiz ein Auto lenken will, muss spätestens nach 12 Monaten seinen ausländischen Führerausweis in ein inländisches Dokument umtauschen. Für Staatsangehörige eines Landes ausserhalb der EU heisst das: antraben zur Kontrollfahrt.
Für einen 42-jährigen Brasilianer war das wohl etwas zu viel Stress. Der Mann, der seit einiger Zeit in Niederglatt im Kanton Zürich lebt, suchte nach einer einfacheren Lösung und schreckte dabei nicht vor illegalen Machenschaften zurück, ist sich die Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland sicher. Sie hat den Projektleiter wegen Ausweisfälschung, Erschleichung einer falschen Beurkundung und Führens eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis angeklagt. Heute, Dienstag, kommt es vor dem Bezirksgericht Dielsdorf zum Prozess.
Lebte er wirklich in Polen?
Der Blick in die Anklageschrift zeigt, wie der Trick mit gefälschten Ausweisen funktioniert. So tauchte der Beschuldigte Ende Februar 2024 auf der Gemeindeverwaltung in Niederglatt auf. Mit dabei hatte er ein Gesuch für den Ausweis-Umtausch, einen polnischen Führerausweis, eine Dokumentation von Prüfungsfahrten in der polnischen Stadt Krakau, ein ärztliches Zeugnis, das ihm eine Fahrfähigkeit attestierte und eine Meldebestätigung, die besagte, dass er 2022 in Krakau wohnhaft war.
Der Gemeindeangestellte wurde trotzdem stutzig – und meldete den Verdacht seinen Vorgesetzten. Darauf wurden die Unterlagen genauer unter die Lupe genommen. Schnell stellte sich heraus: Bei den vorliegenden Dokumenten handelt es sich allesamt um Totalfälschungen. Im Untersuchungsverfahren gibt der Beschuldigte später zu: Die Dokumente habe er von einer unbekannten Person mit dem Namen «Malek» erhalten. So schreibt die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift: «Er wusste ganz genau, dass es sich hier um gefälschte Unterlagen handelt, insbesondere da er diese Dokumente nicht von einer echten Behörde, sondern von «Malek», einem Vorarbeiter auf dem Bau, erhalten hatte.»
Bei diesen Herkunftsländern braucht es keine Kontrollfahrt
Zuzüger aus diesen Ländern müssen beim Umtausch ihres Führerausweises keine Kontrollfahrt ablegen:
EU:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern.
Ausserhalb der EU:
Grossbritannien, Norwegen, Lichtenstein, Island, Andorra, Australien, Israel, Japan, Kanada, Korea (Republik), Marokko, Monaco, Neuseeland, San Marino, Singapur, Taiwan, Tunesien, USA
Quelle: Kanton Zürich
Der Fall des 42-jährigen Brasilianers ist längst kein Einzelfall. Tatsächlich sind im Netz, mit nur wenigen Klicks, viele einschlägige und dubiose Angebote zu finden. Auffallend: Vor allem Polen und Tschechien werden hier als die Länder angepriesen, in denen der EU-Führerausweis ganz einfach und unkompliziert zu bekommen sei.
So schreibt ein Anbieter: «Wurde Ihnen zum Beispiel eine medizinisch-psychologische Prüfung auferlegt und Sie möchten diese umgehen? Dann machen Sie bei uns ganz einfach einen EU-Führerschein in Polen. Seit 2004 bringen wir unsere Kunden wieder zurück auf die Strasse. Fair, transparent und alles auf Deutsch.» Doch Achtung: Auch wenn die Webseiten einen professionellen und legalen Eindruck erwecken – bei diesem Vorgehen handelt es sich um Betrug.
Behörden lehnen Gesuch ab
Das musste auch der Projektleiter aus Niederglatt feststellen. Seine Fälschung wurde erkannt und sein Gesuch für die Umschreibung des Führerausweises abgelehnt. Er verfügt deshalb über keine gültige Fahrerlaubnis in der Schweiz. Gemäss Anklageschrift hinderte ihn das aber nicht, sich dennoch ans Steuer zu setzen. Zwischen Januar und Juli 2024 soll dies mehrfach geschehen sein. «Der Beschuldigte lenkte mindestens zwei bis drei Mal pro Woche, sowie einmal im Juli 2024 ein Fahrzeug – mehrheitlich den Personenwagen Hyundai Kombi i40 seiner Ehefrau – auf diversen Strecken im Kanton Zürich – hauptsächlich jedoch von seinem obgenannten Wohnort zum Einkaufen», heisst es in der Anklageschrift.
Für die Ausweisfälschung, die versuchte Erschleichung einer falschen Beurkundung und das Führen eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis fordert die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe in der Höhe von 6000 Franken. Das als Zusatzstrafe zu einem bereits gefällten Urteil der Staatsanwaltschaft Schaffhausen vom September 2024. Darüber hinaus soll noch eine Busse von 1000 Franken ausgesprochen werden.
Zu einem Urteil sollte es heute dann aber doch nicht kommen. Kurz nach 14 Uhr war klar: Der Prozess gegen den Beschuldigten fällt aus. Er war dem Gericht unentschuldigt ferngeblieben. Dem Gericht bleibt damit nichts anderes übrig, als den Mann zu einem weiteren Prozesstermin vorzuladen.

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