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Politik & Wirtschaft •
Widerstand gegen links-grüne Städte wächst

Tempo 30 kommt unter Druck

Die Städte sind Vorreiter des Tempo-30-Regimes. Manche wollen es gar flächendeckend und auf Hauptstrassen einführen. Doch der Widerstand dagegen wächst. Eine Übersicht der Brennpunkte.

Tempo 30 ist auf dem Vormarsch. Was zuerst in Wohnquartieren begann, weitet sich vor allem in den grösseren Städten immer mehr aus. Auch Hauptverkehrs- und Durchgangsstrassen sind betroffen. Wohin die Reise gehen soll, formuliert der Schweizerische Städteverband: Er fordert, dass «Tempo 30 in den Städten zur Norm wird». Doch nun regt sich ernstzunehmender Widerstand gegen diese Pläne – und zwar auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene. Die Debatte über Sinn und Unsinn von Tempo 30 bewegt und wird hitzig geführt. Wir geben dir eine Übersicht der Brennpunkte.

Nationales Parlament

Im März dieses Jahres hat sich der Nationalrat in die Diskussion eingeschaltet. Er hiess einen Vorstoss von Thomas Hurter (SVP) gut, der verlangt, dass auf verkehrsorientierten Strassen «die Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit nicht verlangt werden kann». Kurz zuvor hatte bereits der Ständerat als Zweitrat einer entsprechenden Motion von Nationalrat Peter Schilliger (FDP) zugestimmt. Darin heisst es: «Gegenwärtig verbreitet sich die Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts auf 30 km/h in vielen Städten und Gemeinden auf chaotische Weise, auch auf verkehrsorientierten Strassen». Das müsse ein Ende haben: Auf Hauptstrassen soll grundsätzlich Tempo 50 gelten.

Bern

Die links-grüne Bundesstadt hat bereits drei «Tempo-30-Pakete» verabschiedet, die jedes Mal weitere Gebiete umfassten. Die Gegenwehr ist auf Grund der politischen Kräfteverhältnisse eher gering. Auf kantonaler Ebene scheiterte ein Vorstoss knapp, der «keine sinnlosen und verkehrsbehindernden Tempo-30-Zonen auf Kantonsstrassen» verlangte.

Basel

Mit harten Bandagen wird in Basel-Stadt gekämpft, wo seit dem Jahr 2012 «Tempo-30-Umsetzungen» in grossem Stil erfolgten. Dagegen formierte sich starker Widerstand, angeführt von der Verkehrsliga beider Basel, der gemeinsamen Organisation der Wirtschafts- und Verkehrsverbände in den Kantonen Basel-Stadt und Baselland. Eine repräsentative Umfrage in ihrem Auftrag zeigte, dass 68 Prozent der Bevölkerung im Kanton Basel-Stadt Tempo 30 auf Hauptverkehrsstrassen ablehnen. Die Auseinandersetzung um bestimmte Tempo-30-Zonen (Feldbergstrasse) wurde gerichtlich ausgetragen, die Sektion beider Basel des Automobil-Clubs (ACS) und der Touring-Club Schweiz (TCS) scheiterten jedoch mit ihrer Beschwerde.

Zürich

Die Stadt sieht sich als Pionierin einer Tempo-30-«Erfolgsgeschichte», die schon zu Beginn der 1990er Jahre begonnen habe. Das sehen nicht alle so, allen voran die Zürcher Kantonsregierung: Sie will die Ausweitung der Temp-30-Zonen auf Hauptstrassen einschränken, wie dies zwei Volksinitiativen von SVP und FDP fordern. Der Regierungsrat hat dazu einen Gegenvorschlag ausgearbeitet. Dieser kommt nun vors Kantonsparlament. Erwartet wird, dass bei einem Ja linke Kreise das Referendum ergreifen werden. Dann müsste das Stimmvolk entscheiden. Nicht nur in Zürich zeigt sich: Der Stadt-Land-Graben ist auch ein Verkehrsgraben.

Winterthur

Die Stadt Winterthur zählt bereits über 50 Tempo-30- und mehrere Begegnungszonen. Doch dem Stadtrat ist das nicht genug: «In 20 Jahren soll auf fast allen Strassen in Winterthur Tempo 30 gelten.» Dieses Ziel will er mit der Planungsgrundlage «Zielbild Temporegime» erreichen. Begleitet wurde dies von einem jahrelangen Rechtsstreit. Neben dem Zürcher Regierungsrat wollen auch die bürgerlichen Stadtparteien SVP, FDP, Mitte und EDU gegen Tempo 30 auf Hauptstrassen vorgehen, sie haben dazu eine Volksinitiative lanciert. 

St. Gallen

Ähnliche Frontlinien auch in der Ostschweiz: Dort pfiff der Kanton die Stadt St. Gallen zurück, die Tempo 30 flächendeckend einführen wollte. Auf der Hauptachse durch die Stadt – einer Kantonsstrasse – darf Tempo 30 nicht eingeführt werden. Der bürgerlichen Mehrheit im Kantonsparlament ging das zu wenig weit: Sie beschloss im letzten September, dass Tempo-30-Zonen auf Kantonsstrassen sowie auf Gemeindestrassen erster Klasse praktisch nicht mehr erlaubt sind.

Luzern

Einen interessanten Fall liefert der Kanton Luzern. Er hat soeben eine Vernehmlassung zu «Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen innerorts» abgeschlossen. Und die SVP hat die Volksinitiative «Tempo 50 auf Hauptverkehrsachsen innerorts» eingereicht. Aufschlussreich ist ausserdem ein Bericht des Kantons zu den Auswirkungen von Tempo 30, der einige Mythen zertrümmert, etwa bezüglich Umweltbelastung. «Die Einführung von Tempo 30 führt ohne weitere Massnahmen nicht zu tieferen Luftschadstoffemissionen», heisst es im Bericht. Auch der Treibstoffverbrauch sei nicht tiefer.

Fazit: Die Tempo-30-Offensive der Städte ist ins Stocken geraten. National- und Ständerat, Kantone, bürgerliche Parteien, Verkehrs- und Wirtschaftsverbände haben den Fehdehandschuh aufgenommen und wehren sich gegen Tempo 30 auf Hauptstrassen. Erste Erfolge wurden bereits erzielt. Auf den weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen darf man gespannt sein.

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