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Mazedonier vor Gericht

Tacho-Bschiss: Occasion-Händler verkaufte manipuliertes Auto

Mercedes, 73’000 Kilometer, unfallfrei, für 33’000 Franken. Dieses Schnäppchen hatte ein 35-jähriger Autohändler aus Buchs SG im Angebot. Doch der Wagen war getürkt. Am Donnerstag stand der Mazedonier in Mels SG dafür vor Gericht.

Ein Kunde aus Rafz im Kanton Zürich kaufte den Schnäppchen-Mercedes 2016 in gutem Glauben. Doch schnell merkte er: Mit dem Auto stimmt was nicht, der Tachostand ist manipuliert. Er erstattete Anzeige.

Mittlerweile hätte der Fall schon längst erledigt sein sollen. Am 7. November 2023 stellte das Untersuchungsamt Altstätten einen Strafbefehl aus. Dass es am Donnerstag vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland jetzt zum Prozess kam, liegt daran: Gegen den Strafbefehl wurde Einspruch erhoben. 

Doch der Reihe nach. Der Fall geht zurück auf den 12. Dezember 2015. Der Vater des beschuldigten Mazedoniers kauft einem Mann aus Montreux FR einen Mercedes-Benz D, C 63 AMG für 24'000 Franken ab. Dies wohl wissend, dass der Tacho von einer unbekannten Täterschaft manipuliert worden war und dass es sich um einen Unfallwagen handelt. Im Strafbefehl, der STREETLIFE vorliegt, heisst es dazu: «Dies vermerkte man damals auch im Kaufvertrag.» Kurz darauf geht die Firma des Vaters Konkurs und der Sohn übernimmt. 

Kunde erstattete Anzeige

Nur zwei Monate später steht der Mercedes in seiner Garage in Buchs SG zum Verkauf. Der Mann aus Rafz wird auf das Angebot aufmerksam und besichtigt den Wagen vor Ort. Hier kommt es zur ersten Begegnung mit dem beschuldigten Autohändler. Der Mazedonier soll dem Kunden dabei vorgeschwindelt haben, dass es sich um ein unfallfreies Fahrzeug handelt. Zudem soll er mit keinem Wort erwähnt haben, dass der Tachostand – von aktuell 73’000 Kilometern – deutlich zurückgestellt wurde. Der Interessent willigt in den Kauf ein und zahlt die 33'000 Franken.

Doch die anfängliche Freude über den neuen Wagen wird schnell getrübt. Tage später fällt dem Zürcher auf: Die Angaben im Kaufvertrag sind nicht identisch mit den Aussagen des Occasions-Händler. Im Vertrag steht plötzlich ein Tachostand von 730’000 Kilometer und das Fahrzeug ist plötzlich als Unfallwagen deklariert. Der Mann erstattet Anzeige. 

Nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens ist für die St. Galler Staatsanwaltschaft klar: Der mazedonische Autohändler hat aktiv den wahren Zustand des Wagens und die Manipulation des Tachos verschwiegen. «Damit wurden falsche Tatsachen vorgespielt und der gutgläubige Käufer hinters Licht geführt. Entsprechend bezahlte er mehr für den Mercedes-Benz, als dass er wirklich wert war, wodurch ein finanzieller Schaden entstand», heisst es im Strafbefehl. 

Die Staatsanwaltschaft klagte den Beschuldigten deshalb wegen Betrugs an. Im Strafbefehl vom 7. November 2023 fordert sie eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 60 Franken, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren. Hinzu kommt eine Busse von 300 Franken. 

Dem Richter bleibt nur der Freispruch

Am Donnerstag vor Gericht allerdings zeigte die Anklage der Staatsanwaltschaft Lücken auf. Der geprellte Käufer verstrickte sich in widersprüchliche Aussagen. So konnte die Verteidigung grosse Zweifel darüber streuen, ob der Händler dem Kunden wichtige Informationen verschiegen oder ihm falsche Angaben vermittelt habe.

Plötzlich stand die Frage im Raum: Wusste der Käufer wirklich nicht, dass der Tachostand manipuliert und der Wagen nicht unfallfrei war? Nach einer kurzen Beratung kam der Richter kurz vor Mittag zum Schluss: Das arglistige Vorgehen und das bewusste hinters Licht führen des Käufers könne dem Mazedonier in diesem Fall nicht eindeutig nachgewiesen werden. Kurzum: Dem Richter blieb in diesem Fall nur eine Möglichkeit. Im Zweifel für den Angeklagten, was zu einem Freispruch führte. Sicher bleibt allerdings: Der Wagen ist manipuliert. Doch wann, von wem und um wie viel der Tacho verstellt wurde, konnte auch dieser Prozess nicht aufklären. 

Autohändler wegen ähnlichem Betrug vorbestraft

Der mazedonische Autohändler stand am Donnerstag nicht das erste Mal vor Gericht. Bereits am 14. Dezember 2022 wurde er vom Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland in St. Gallen wegen Handels mit nicht genehmigten Fahrzeugen, Bestandteilen oder Ausrüstungsgegenständen im Sinne des Strassenverkehrsgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten bedingt, mit einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt.

Jeder dritte Gebrauchtwagen ist manipuliert

Der Tacho-Bschiss bei Autos ist längst kein Einzelfall. So gehen Experten davon aus, dass bei jedem dritten Gebrauchtwagen der Kilometerzähler manipuliert ist. Gemäss dem Allgemeinen Deutschen Automobil-Club ADAC, das Pendant zum Schweizer Touring Club TCS, entstehe alleine in Deutschland ein enormer finanzieller Schaden: «Der Betrag liegt bei jährlich rund sechs Milliarden Euro.» Wie hoch die Schadenssumme in der Schweiz ist, ist unbekannt. 

 

 

So erkennst du, ob dein Auto manipuliert ist

Ob ein Occasion-Händler vertrauenswürdig ist oder nicht, lässt sich auf den ersten Blick nicht erkennen, doch wer beim Gebrauchtwagen die Augen aufmacht, kann schnell erkennen, ob rumgetrickst wurde. STREETLIFE verrät dir, worauf du achten musst. 

  • Das Serviceheft: Es sollte vollständig ausgefüllt sein. Ein fehlendes, unvollständiges oder gar neues Heft wirkt verdächtig. 

  • Die Sitze: Sind diese stark abgenutzt, kann das ein Indiz auf einen falschen Zählerstand sein. 

  • Lenkradkranz: Ist dieser stark abgegriffen, deutet das ebenfalls auf einen stärkeren Gebrauch als der angegebene Kilometerstand des Fahrzeuges hin. 

  • Motorfahrzeugkontrolle: Prüfberichte der letzten MFK verlangen, dort werden die Tachostände erfasst.

  • Ölwechsel: Unbedingt auf den Ölwechselaufkleber im Motorraum achten (wird alle 30'000 bis 40'000 Kilometer gewechselt) und unbedingt nach Belegen früherer Ölwechsel fragen. 

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