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Mit 1,69 Promille am Steuer

Jungraser verliert Rad – «Dass niemand getötet wurde, ist Zufall»

Ein 21-jähriger Kroate rast auf einer Zürcher Überlandstrasse mit 152 Stundenkilometern auf eine Kurve zu. Er hebt ab, verliert ein Rad und kommt erst 73 Meter weiter zum Stillstand. Dafür muss er sich vor Gericht verantworten – und kassiert eine Freiheitsstrafe von 22 Monaten.

Am Mittwoch kam es in dem Fall am Bezirksgericht Dielsdorf ZH zum Prozess. In der Anklageschrift, die STREETLIFE vorliegt, spricht die zuständige Staatsanwältin Klartext. «Der Beschuldigte verletzte mit seiner Fahrweise grundlegende Verkehrsregeln in schwerer Weise und er schuf mit seinem Verhalten für andere Verkehrsteilnehmende eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit.» Zudem habe es der Beschuldigte ganz konkret in Kauf genommen, dass sein Mitfahrer schwer verletzt oder gar getötet wurde. Das nichts passiert sei, «war lediglich dem Zufall überlassen.»

Was die Anklagebehörde damit genau meint, zeigt der Blick auf den Ablauf der Raserfahrt. Es ist der 12. März 2022. An diesem Samstagmorgen ist der 21-jährige Kroate in seinem BMW M850i im Zürcher Unterland unterwegs. Es ist kurz vor acht Uhr morgens, zusammen mit seinem Beifahrer ist er nach einer Partynacht auf dem Nachhauseweg. Der Junglenker fährt von Buchs nach Boppelsen ZH, doch statt der erlaubten Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h beschleunigt er auf 152 Stundenkilometer.

Abflug in den Acker

Kurz vor einer Linkskurve bremst er zwar noch etwas ab, dennoch verliert er die Kontrolle über den Wagen. Dieser rast in die Wiese, touchiert einen Randleitpfosten, überquert ein Wiesenboard und hebt ab. Das Auto landet auf der rund eineinhalb Meter darunter liegenden Strasse. Dabei bricht das linke Vorderrad ab und rollt selbständig weiter. Für den jungen Autoteileverkäufer ist der BMW auf nur noch drei Rädern kaum mehr zu steuern. Dieser schiesst schräg über die Strasse und weitere 73 Meter in einen Acker hinaus. Wo er schliesslich zum Stillstand kommt. 

Wie durch ein Wunder bleiben der Beschuldigte und sein Beifahrer unverletzt. Glück im Unglück war es sicherlich auch, dass so früh am Samstagmorgen auf dieser Strasse kaum Verkehr unterwegs ist. Für den Kroaten allerdings kann kaum von einem glücklichen Ende gesprochen werden. Die ausgerückte Polizei nimmt ihn fest, ordnet eine Blutkontrolle an und die zeigt: Er war während der Raserfahrt betrunken. Die Analyse ergibt 1,69 Promille. 

 

Therapie soll Fahreignung klären

Die Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland hat den mittlerweile 23-Jährigen wegen qualifizierter grober Verletzung der Verkehrsregeln und wegen vorsätzlichem Fahren in fahrunfähigem Zustand angeklagt. Sie fordert eine bedingte Freiheitsstrafe von 22 Monaten und eine Busse von 1500 Franken. Zudem soll das Gericht dem Junglenker gemäss Art. 94 StGB eine Weisung erteilen. Die Staatsanwaltschaft fordert, dass er am Gruppensetting «TaV» für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmende teilnimmt (siehe Box).

Vor dem Bezirksgericht Dielsdorf am Mittwochmorgen zeigte sich: Der 8er BMW gehörte dem Vater des Beschuldigten und war ganz neu. Nach der Raserfahrt war das Auto ein Totalschaden und wurde nicht mehr ersetzt. Dem 23-Jährigen ist seit der Unfallnacht der Führerausweis entzogen. Dem Richter gegenüber sagte er reumütig: «Nach dem Unfall hatte ich ein Blackout. Als ich aber zu mir kam, realisierte ich, dass ich sehr viel falsch gemacht habe. Ich war verantwortungslos und es tut mir leid.» Für den Richter eine zu späte Erkenntnis: Er folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verdonnerte den Junglenker zur beantragten bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten, der Busse von 1500 Franken und der Therapie.

 

«TaV» – ein Mittel gegen das Rückfallrisiko

Das Lernprogramm «TaV» des Zürcher Justizvollzugs wird seit dem Jahr 2000 angeboten. Es wurde für Verkehrsteilnehmende geschaffen, die ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss gelenkt haben und erneut eine Fahrberechtigung erreichen wollen. Das Programm hat das Ziel, das Rückfallrisiko für weitere Delikte zu mindern.

Das Programm findet in Gruppensitzungen von maximal 12 Teilnehmenden statt. Die Dauer beträgt 12 Sitzungen an je zwei Stunden. Bedingung ist eine aktive Teilnahme der Person, was im Vorfeld geprüft wird. Ist die Teilnahme während der Laufzeit nicht ausreichend, erfolgt eine Meldung an das zuständige Gericht. Die Kosten von 500 Franken muss die mit der Weisung belegte Person bezahlen.

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