Werbung
«Rösti muss Projekte in autofreundlichen Regionen priorisieren»
Nach dem Nein zum Autobahnausbau fordert die SVP: Die Gelder aus dem Strassen-Topf sollen künftig in die Regionen fliessen, die die Vorlage angenommen haben. Linksgrün hingegen fordert mehr Projekte in der Agglomeration und will einen Teil der Gelder zugunsten des Klimas einsetzen.
Es war ein knappes Rennen beim Autobahnausbau: Obwohl die Vorlage am Abstimmungssonntag mit 52,7 Prozent abgelehnt wurde, sprachen sich auch viele Regionen für den geplanten Ausbau aus. Auf diese gilt es nun vor allem den Fokus zu setzen, finden Stimmen aus bürgerlichen Parteien: «Es ist ganz klar, dass Bundesrat Rösti nun einen Blick auf die Landkarte werfen und die autofreundlichen Regionen bei künftigen Ausbauprojekten priorisieren muss», sagt SVP-Präsident Marcel Dettling auf Anfrage von STREETLIFE. Auch eine Senkung der Mineralölsteuer ist für Dettling eine Konsequenz zum Nein aus dem Stimmvolk. «Über die Höhe kann man diskutieren, denn die Gelder aus dem Strassen-Topf sind auch wichtig für den Unterhalt und aktuelle Ausbauprojekte. Trotzdem kann es nicht sein, dass Autofahrer weiter so massiv geschröpft werden und nicht davon profitieren.»
Tiefere Spritpreise – und wie sieht es mit der Vignette aus?
Diese Meinung teilt auch SVP-Nationalrat und Transportunternehmer Benjamin Giezendanner: «Sofern keine neuen Ausbauprojekte kurz- bis mittelfristig genehmigt werden, gilt es diesen Zuschlag pro Liter Benzin und Diesel zu reduzieren. Man kann dem Automobilisten nicht Geld abverlangen und gleichzeitig noch die Qualität des Verkehrsträgers Strasse vermindern.» Die Vignette hingegen würde Giezendanner auf keinen Fall aufheben, «da insbesondere ausländische Fahrzeuge einen Teil dieser Einnahmen beitragen.» Daher müsste die Erleichterung auf dem Mineralölsteuerzuschlag stattfinden, da dies die einheimische Bevölkerung entlaste.
«Müssen anders investieren, nicht weniger»
Die Forderung nach einer Senkung der Mineralölsteuer überrascht Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse, nicht: «Die Autofahrer haben den Bau von Strassenprojekten vorfinanziert und erhalten nun keine unmittelbare Gegenleistung.» Trotzdem gelte es daraus keine falschen Schlussfolgerungen zu ziehen. Für Rühl steht fest: «Wir müssen nun anders investieren, nicht weniger. Daher braucht die Strasse diese Mittel.»
Projekte in Pro-Regionen vorantreiben
SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr aus der Ostschweiz sieht das Potenzial ebenfalls bei den Pro-Regionen, zu denen auch ihr Heimatkanton gehört: «Der Thurgau hat wiederholt Ja gesagt zum Strassenausbau, obwohl er in dieser Abstimmung nicht einmal direkt betroffen gewesen wäre.» Man müsse akzeptieren, wenn die Regionen, die von einem Ausbau profitiert hätten, nein sagen. «Doch gerade deshalb gilt es nun Projekte wie die N23 Bodensee-Thurtalstrasse voranzutreiben und zu priorisieren – da, wo sich die Bevölkerung offensichtlich eine Entlastung wünscht.»
Strassen-Topf für autonomen Verkehr und Klimaschutz
GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner hingegen sieht im Nein zum Ausbau eine Abkehr von der bisherigen Verkehrspolitik mit kontinuierlichen Ausbauten der Strassenverkehrsinfrastruktur. «Es braucht nun eine Diskussion darüber, wie unser Mobilitätsbedürfnis in Zukunft bewältigt werden kann. Die Infrastruktur auf der Strasse – aber auch der Schiene – muss intelligenter genutzt werden. Da reden wir von einfachen Massnahmen wie temporäre Pannenstreifennutzung aber auch komplexeren Themen wie die Integration von automatisierten Fahrzeugen in ein Gesamtverkehrssystem.» Daher dürfe es bei neuen Projekten nicht mehr nur um den Ausbau gehen, findet Schaffner: «Für ein Tunnelprojekt heisst das zum Beispiel, dass entsprechend oberirdische Strassen, Dörfer und Städte entlastet werden.»
Dass die Gelder aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) in die Agglomerationen gehört, findet auch Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone und geht sogar noch einen Schritt weiter: «Ein Teil dieses Fonds könnte für Klimaanpassungsmassnahmen in den Bergkantonen auf dem Land eingesetzt wird», schlägt die Grünen-Politikerin gegenüber SRF vor.
Neue Strategie muss her
Diese Ansicht stösst bei der SVP jedoch auf Gegenwind: «Es ist klar, dass Autobahnausbau-Gegner die vollen NAF-Töpfe nun zweckentfremden wollen. Aber die Gelder gehören dem Strassenverkehr und sollen auch da investiert werden», so Marcel Dettling. Doch um Strassenprojekte zu fördern, benötige es wohl künftig eine andere Vorgehensweise: «Vielleicht muss man mehr Projekte machen, die Strasse und Schiene betreffen und diese so gemeinsam ins Parlament oder letztlich an die Urne bringen.»

Hast du etwas beobachtet?
Werbung