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«Städte vertreiben das Gewerbe aus den Kernzonen»
Schluss mit Parkplatzabbau, Preisverzerrung bei Gewerbeparkkarten und Road-Pricing! Im exklusiven STREETLIFE-Interview rechnet Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands SGV, mit den Mobilitätsstrategien der Städte ab.
Herr Furrer was ist aus der Sicht des SGV aktuell die grösste Problemstellung für das Gewerbe in Schweizer Städten, was die Mobilität anbelangt?
Urs Furrer: «Zum einen ist es die Streichung von Parkplätzen, die immer weiter voranschreitet. Unternehmen laufen Gefahr, keine Parkplätze mehr zu finden. Für KMU, die in der Stadt auf Montage oder Auslieferung sind, oder über längere Zeit Baustellen betreiben, ist die Parkplatzverfügbarkeit zentral. Auch für die Kunden sind genügend Parkplätze nötig. Und zwar zentral in den Innenstädten, sodass die Kundschaft ihre Einkäufe nach wie vor in den Kernstädten macht, und nicht auf Einkaufszentren in der Peripherie ausweicht. Denn dies würde den Druck auf die KMU in den Kernstädten weiter erhöhen.
Problematisch sind zum anderen auch Road- und Mobility-Pricing Vorhaben, sowie Zufahrtsbeschränkungen. Diese verteuern die Dienstleistungen der KMU, denn Gewerbetreibende können nicht wählen, wann sie unterwegs sein wollen, sondern müssen sich nach den Bedürfnissen der Kundschaft richten.»
Was müssten Schweizer Städte anders machen, um die Bedingungen fürs Gewerbe attraktiver zu machen?
«Erstens: Keine Zufahrtsbeschränkungen oder Mobility-/Road-Pricing. Zweitens: Ein angemessenes Parkplatzangebot für Gewerbetreibende und Kunden. Drittens: Liberale und flexible Ladenöffnungszeiten. Viertens: Eine flexible Raumplanung, die Entwicklung ermöglicht. Die Behinderung von Bauprojekten mit überbordenden Denkmalschutz- und Bauvorschriften sowie Einsprachemöglichkeiten behindert viele KMU in ihrer Entwicklung. Städte müssen attraktive Standorte bleiben, und dürfen nicht zu Denkmalschutz-Museen verkommen.»
«Preisdifferenzierungen führen zu Wettbewerbsverzerrungen. Das ist nicht akzeptabel.»
In einigen Schweizer Städten (Luzern, Bern, bald Zürich) unterscheidet sich der Preis einer Gewerbeparkkarte je nach Sitz des Unternehmens. Auswärtige zahlen dabei mehr als ansässige Firmen (STREETLIFE berichtete). Ist das fair aus Ihrer Sicht?
«Hier gilt dasselbe wie beim Road- oder Mobility-Pricing: Preisdifferenzierungen führen zu Wettbewerbsverzerrungen, was nicht akzeptabel ist. Parkkarten sollten für Betriebe aus Nachbargemeinden gleich viel kosten wie für Betriebe aus der Stadt selbst.»
Wie sehen Sie das Gewerbe in der Stadt in der Zukunft?
«Städte sollten sowohl Wohn- als auch Arbeitsorte sein. Das Gewerbe soll genauso seinen Platz haben wie die Wohnnutzung. Auf den gesunden Mix kommt es an, damit Städte lebendige und attraktive Orte bleiben. Heute ist aber leider ein zunehmender Druck auf die Innenstädte erkennbar. Klassische Gewerbe- und Detailhandelsbetriebe werden immer mehr aus den Kernzonen der Städte vertrieben, nicht nur wegen fehlender Parkplätze, sondern beispielsweise auch wegen der hohen Geschäftsmieten.»
Der Schweizerische Gewerbeverband
Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) vertritt die Interessen von über 230 Verbänden und über 600 000 KMU in der Schweiz.

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