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St. Gallen zockt Autofahrende ab – jetzt wehrt sich die Bevölkerung
Der Parkplatzstreit in St. Gallen geht in die nächste Runde: 2023 wirft der Eidgenössische Preisüberwacher der Stadt eine missbräuchliche Preispolitik, spricht von einem unangemessenen Gewinn von 3,7 Millionen Franken. Trotzdem passierte danach nichts. Jetzt wehrt sich die Bevölkerung mit einer Initiative.
Das Schreiben des Preisüberwachers, datiert auf Dezember 2023, hat es in sich: Mit deutlichen Worten rechnet er darin mit der St. Galler Preispolitik für städtische Parkfelder ab. «Die Stadt erwirtschaftet in der Blauen und Weissen Zone unangemessen hohe Gewinne», heisst es im Brief. Und zwar «in der Höhe von CHF 1,25 Mio. beziehungsweise 2,5 Mio.». Insgesamt also 3,7 Millionen Franken, die St. Gallen den Autofahrenden ungerechtfertigt aus der Tasche zieht, geht es nach dem Preisüberwacher.
Seither sind zwei Jahre vergangen, doch bezüglich Parkgebühren hat sich in St. Gallen wenig getan. Bis jetzt. Die Bevölkerung will die Gemeinde endlich zum Handeln auffordern – mit einer Initiative.
Erhöhung bis 3 Franken pro Stunde möglich
Am Montag hat sie Eveline Ketterer, Gründerin des Vereins «Stadtstrasse», mit vier weiteren Vereinsmitgliedern beim Rathaus St. Gallen eingereicht. «Mit der letzten Preiserhöhung hat der finanzielle Druck spürbar zugenommen», erklärt Ketterer. Und sie gibt zu bedenken: «Aktuell liegt der Maximalpreis bei 2.50 Franken pro Stunde. Der Stadtrat könnte den Preis ohne Mitsprache von Parlament und Stimmbevölkerung weiter auf drei Franken die Stunde erhöhen.»
Dadurch sei der Unmut in der Bevölkerung sehr hoch, wie sie gegenüber STREETLIFE erklärt. «Eine Volksabstimmung ist darum dringend nötig.» Ketterers Parkgebühren-Initiative fordert: Die Parkplatzpreise in der ganzen Stadt sollen gesenkt und Gebührenpausen eingeführt werden. Konkret geht es um Preissenkungen in der Höhe von 37 Prozent in der Blauen und 59 Prozent in der Weissen Zone.
Bevölkerung soll Mitsprache erhalten
Für Ketter ist aber vor allem dieser Punkt wichtig: «Die Parkgebühren sind schon lange Teil heftiger Diskussionen. Mit der Initiative kann nun auch die Bevölkerung endlich mitreden.» Die Gründerin des Vereins «Stadtstrasse» sieht tiefere Parkplatzpreise als wichtige Voraussetzung, damit Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, den urbanen Zugang nicht verlieren. Das gelte insbesondere für Menschen, die «etwa Schicht arbeiten oder auf dem Land leben und deshalb nicht auf den öffentlichen Verkehr umsteigen können.»
Nicht zu vergessen seien auch die wirtschaftlichen und kulturellen Vorteile. David Lauchener, Vorstandsmitglied bei «Stadtstrasse» ergänzt: «Wir wollen bedürfnisorientierte Mobilität zu sozialverträglichen Preisen. Die aktuelle Situation in der Stadt schädigt die Wirtschaft, die Stadt verliert an Attraktivität. Wir wollen das langsame Sterben der Stadt verhindern.»
«Immer weniger Menschen in der Stadt»
Die Initiative weist aber laut Ketterer noch auf einen weiteren wichtigen Punkt hin. Die Stadt verfolge damit ein weiteres Ziel. Sie wolle damit das Verkehrsniveau von 2010 halten, so der Vorwurf. Dabei würden Auswertungen zeigen, dass der Verkehr seit 2018 zurückgeht. «Die Plafonierung ist längst erreicht – es braucht keine weiteren Massnahmen», heisst es in der Initiative.
Auch bei Vorstandsmitglied David Lauchenauer löst die Situation Unverständnis und Wut aus: «Weder die Sicht des Preisüberwachers, noch die Daten zur Verkehrssituation interessieren den Stadtrat und das Parlament. Die Lenkungsmassnahmen funktionieren nicht, weil sich grundsätzlich immer weniger Menschen in der Stadt bewegen.»
Kommt es Anfang 2027 zur Abstimmung?
Bis die Parkpreise sinken könnten, wird es aber noch eine Weile dauern. Die eingereichte Initiative und die dazugehörigen Unterschriften müssen nun erst auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Ketterer hofft, dass die Initiative bis spätestens Anfang 2027 an die Urne kommt.
Neben der Parkgebühren-Initiative plant der Verein «Stadtstrasse» noch einen zweiten Vorstoss: die Parkplatz-Initiative. Diese hat das Ziel, den Parkplatzabbau im Stadtzentrum zu stoppen. Der Sammelstart der Unterschriften ist gemäss Ketterer für den Frühling 2026 geplant.
Parkplatzstreit geht bis 2022 zurück
Die Teuerung der Parkgebühren hatte bereits 2022 für rote Köpfe bei den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt St. Gallen gesorgt. Damals hatte der Stadtrat die 24-Stunden-Tarife im Stadtzentrum eingeführt. Im November 2024 weitete er die ganztägige Gebührenpflicht auf das gesamte Stadtgebiet aus.

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