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So dreist zocken Garagen ihre Kunden ab
Ein Garagist postet auf Social Media schockierende Aufnahmen. Er zeigt Fälle von anderen Garagen, die bei ihrer Arbeit ordentlich gepfuscht haben. In den Kommentaren häufen sich Berichte von Usern, denen es genauso ergangen ist. STREETLIFE erklärt, wie man sich vor dem Service-Betrug schützen kann.
Sind wir mal ehrlich: Als Otto-Normalautofahrer hat man in der Regel keine Ahnung, ob die Rechnung nach dem Service oder einer Reparatur am Fahrzeug wirklich stimmt. Meistens muss man einfach darauf vertrauen, dass die verrechneten Positionen auch so gemacht worden sind.
Dass genau das häufig nicht der Fall ist, zeigt der Garagist Urs Leemann auf Social Media. Dort postet er regelmässig Videos, in denen er auf fehlerhafte Arbeiten seiner Berufskollegen hinweist.
«Deshalb haben Garagisten ein Imageproblem»
Erst kürzlich lädt er auf TikTok ein Video hoch und beginnt mit den Worten: «Ich möchte euch hier ein Beispiel zeigen, wie ein Kunde von einer Werkstatt mal wieder so richtig über den Tisch gezogen worden ist.» Darin zu sehen ist ein Alfa Romeo mit 120'000 Kilometern auf dem Tacho. Laut Serviceheft ist der Riementrieb – ein wesentlicher Bestandteil des Motors – ordnungsgemäss nach 60'000 Kilometern gewechselt worden. Beim Blick auf das Teil ist Leemann aber sofort klar: Es kann unmöglich gewechselt worden sein. «Es handelt sich hierbei immer noch um das Originalteil – und trotzdem hat man dem Kunden skrupellos einen neuen Riemen verrechnet». Der Garagist ärgert sich darüber, dass vielerorts auf Kosten des Kunden geschlampt wird. «Genau deshalb haben Garagisten ein Imageproblem», sagt Leeman zu STREETLIFE.
@ursleemann ⚠️ Skrupellos🙈, wie der Kunde betrogen, bzw. über den „Tisch“ gezogen wurde‼️ 👉 Arbeit und Teile verrechnet obwohl nichts ersetzt wurde🙈‼️ 👉 und das in einer „Markenvertretung“ 👉 wie der „Profi“ das herausfindet🧐 👉 vertraut ihr eurer Werkstatt❓ 👉 Habt ihr @alle eine Werkstatt des Vertrauens❓ Schreibt es doch unten in den Kommentar ⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️⬇️ #nebenriemen#vertrauen#beschiss#betrug♬ Originalton - Urs Leemann
Gefährliche Missstände
In der Kommentarspalte zu seinen Videos erhält Leemann viel Zustimmung von verärgerten Usern, denen ähnliches passiert ist. «Habe mein Auto in eine Garage gebracht, weil eine Kontrolllampe geleuchtet hat – danach war das Problem immer noch da», schreibt etwa eine Userin auf Facebook. Auf TikTok berichtet ein anderer User: «Eine Werkstatt hat mir mal vier neue Bremssätze verrechnet. Nach zwei Tagen waren die Geräusche wieder da und wir haben festgestellt, dass die nicht neu sind, sondern nur sehr sauber geputzt.» Solche Geschichten schockieren Leemann. «Gerade wenn es um so wichtige Teile wie die Bremsen geht, muss eine Werkstatt einfach ihre Verantwortung wahrnehmen. Das kann sonst zu lebensbedrohlichen Situationen führen.»
Leemann rät deshalb, sich die gewechselten Teile immer zeigen und erklären zu lassen. «Klar, wenn jemand wirklich bescheissen will, holt er einfach ein altes Teil aus dem Schrottlager – aber bei den meisten Garagen passieren Fehler, weil jemand unmotiviert ist oder aus Zeitgründen.» So könne man nochmals ein deutliches Signal setzen und die Werkstatt in die Verantwortung nehmen.
«Will den Ruf der Garagisten verbessern»
In vielen Fällen melde Leemann den Garagen auch zurück, dass nicht sauber gearbeitet wurde. Und obwohl manche Missstände gar Leben gefährden können, sei das Verständnis bei den Berufskollegen oft nicht vorhanden. Im Gegenteil: «Ich stosse häufig auf eine nicht vorhandene Fehlerkultur – ja nicht zugeben, dass man etwas falsch gemacht hat. Deshalb werde ich auch immer mal wieder angefeindet.» Aber das stört Leemann nicht. «Ich mache das für die Kunden und möchte damit auch den Ruf der Automechaniker verbessern. Viele machen gute Arbeit und sind ehrlich zu ihren Kunden – aber wegen ein paar schwarzer Schafe stehen alle unter Generalverdacht.»
Facebook-Gruppe für Autofragen
Aus diesem Grund entstand bei Leemann auch die Idee, auf Facebook eine Art Selbsthilfegruppe zu gründen. Darin können User ihre Probleme rund ums Auto schildern. Garagisten geben dann auf Basis der Beschreibung eine erste Einschätzung dazu ab. Wichtig dabei ist jedoch, dass diese keine Werbung für ihre Garagen machen. «Mein Ziel ist es, das Vertrauen wieder herzustellen und den Kunden mehr Wissen zu vermitteln. Sie sollen nicht mehr unvorbereitet in eine Garage gehen, sondern auch mitreden und sich wehren können.»
Unabhängige Checks möglich – aber nicht gratis
Auch der TCS bestätigt auf Anfrage von STREETLIFE, dass Autofahrende nicht selbst überprüfen können, ob Teile ausgetauscht wurden. Vanessa Flack von der Medienstelle rät ebenfalls dazu, sich die Teile von der Werkstatt zeigen und auch erklären zu lassen. Wer immer noch unsicher sei, könne das Fahrzeug auch von einem unabhängigen Experten prüfen lassen – jedoch sei dies mit weiteren Kosten verbunden. Auf Wunsch biete der TCS solche Checks in seinen unabhängigen technischen Zentren an.
Unmögliche Sachen verrechnet
Die Autorin dieses Artikels musste selbst erfahren, was es heisst, von einer Werkstatt über den Tisch gezogen zu werden. In einer grossen Garage in Winterthur liess sie eines Frühlings die Räder ihres Autos wechseln. Sie erhielt ihr Auto zurück, mit Sommerreifen und einer Rechnung dazu. Während sie diese zu Hause prüfte, fiel ihr eine Position auf, die so nicht stimmen konnte: Der Luftdrucksensor des Fahrzeugs sei zurückgesetzt worden. Dafür wurden rund 20 Franken verrechnet. Seltsam nur: Das Auto der Redaktorin verfügte nicht über den besagten Luftdrucksensor. Nachdem sie den Werkstattleiter telefonisch darauf aufmerksam gemacht hatte, kriegte auch sie einen Einblick in eine fragwürdige Fehlerkultur. «Okay, ich schicke ihnen eine neue», hiess es knapp, ohne Entschuldigung. Nach diesem Vorfall wechselte die Autorin ihre Garage.

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