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Politik & Wirtschaft •
Raubkatzen, Kampfstiere, Pferde

Sind Tiere in Autologos noch zeitgemäss?

Jaguar ersetzt seine namensgebende Raubkatze durch einen modischen Schriftzug. Eine bedrohte Tierart im Logo passt nicht zu Jaguars neuer Wokeness. STREETLIFE-Kolumnist Pentti Aellig fragt sich, welche weitere Automarken ihre Wappentiere dem Zeitgeist opfern könnten.

Habitatverlust und Wilderei

Mit einem schrillen, woken Videoclip und exzentrischem Autodesign sorgt Jaguar für weltweites Aufsehen. Jaguar wagt den totalen Imagewandel. Dazu gehört auch ein neues Logo. Die namensgebende Raubkatze wird durch einen beliebigen Schriftzug ersetzt. Bisher hat der Jaguar die Dynamik der britischen Automarke symbolisiert. Ein Symbol, das bereits in den Mythologien der Mayas und Azteken eine wichtige Rolle spielte. Heute gilt der Jaguar durch Habitatverlust und Wilderei als gefährdet. Eine bedrohte Tierart im Logo passt deshalb nicht mehr zum neuen Auftritt der Automarke.

Stierkampf-Fan Lamborghini

Eignet sich ein wütender Kampfstier als Logo für einen Supersportwagen? Tatsächlich vermittelt ein angreifender Kampfstier maximale Aggressivität. Als begeisterter Stierkampf-Fan benannte Firmengründer Ferruccio Lamborghini seine Sportwagenmodelle nach berühmten Kampfstieren wie Diablo oder Huracán. Zur aktuellen Käuferschicht von Lamborghini gehören Top-Fussballer oder Kinder von Ölscheichs, welche sich weniger mit dem Tierschutz auseinandersetzen, sondern vielmehr mit der Jetset-Partyagenda. Ob der sehr fragwürdige Stierkampf thematisch weiterhin mit Lamborghini verknüpft werden soll, muss Lambo-Besitzer Volkswagen entscheiden.

Zwangsdomestiziertes Pferd

Kein Sportwagenproduzent der Welt beherrscht die Verbindung zwischen Renn- und Strassenwagen besser als die italienische Scuderia Ferrari. An Formel-1-Rennen verwandeln Tifosi Tribünen in rote Fahnenmeere. Das berühmte schwarze Ferrari-Pferd auf gelben Hintergrund kennt jedes Kind. Trotz grenzenloser Begeisterung für die Scuderia muss auch das Ferrari-Logo unter ethischen Gesichtspunkten neu hinterfragt werden. Konkret: Ist das Bild eines zwangsdomestizierten Pferdes moralisch vertretbar? Und welche Gefühle kann ein Wappentier bei Vegetariern auslösen, wenn im Umfeld von Maranello Pferde nach wie vor zu Salami verwertet werden?

Serielles Abschlachten von Wild

Auch auf allen Porsches prangt ein Logo, dass bei sensibler Kontextualisierung neu beurteilt werden muss. Auf dem sehr klassischen Wappen von Porsche erinnert ein Pferd an Stuttgart (Stutengarten). Zudem ergänzen sechs Hirschgeweihe das Wappen. Auf den ersten Blick wirken diese Symbole unproblematisch. Aber was für Ferrari gilt, muss auch für Porsche gelten: Die Zwangsdomestizierung des Pferdes als visuelle Marke bleibt ethisch fragwürdig. Noch problematischer sind die Hirschgeweihe, welche die Jagd als serielles Abschlachten von Wild verherrlichen. Zudem war die Jagd eine typische Tätigkeit der damaligen Feudalkultur. In diesem Kontext baut das Porsche-Logo eine unnötige Distanz zu sozioökonomisch Benachteiligten auf.

Kulturelle Aneignung

Seit 1847 steht der Löwe im Logo von Peugeot für Stärke und Ausdauer. Der Lebensraum der Löwen beschränkt sich hauptsächlich auf afrikanische Länder wie Kenia, Tansania oder Südafrika. Im Zeitalter einer sensiblen Globalverantwortung könnte die kommerzielle, visuelle Anwendung des afrikanischen «Königs der Tiere» durch einen französischen Autohersteller im weitesten Sinne als kulturelle Aneignung interpretiert werden – Stichwort Kolonialisierung. Unverfänglicher wäre auch für Peugeot ein modischer Schriftzug. 


Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.

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