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Verkehr •
Über 40'000 Franken offen

Schlechte Zahlungsmoral – Diplomaten ignorieren Schweizer Bussen

Parkbussen, Geschwindigkeitsübertretungen oder Halteverbotsverstösse: Diplomatische Vertretungen zeigen in der Bundeshauptstadt nicht die beste Zahlungsmoral. Von den gebüssten Diplomaten bezahlen jährlich im Schnitt nur rund 40 Prozent ihre Bussen – der Schweiz entgehen beträchtliche Einnahmen.

Die Zahlen sind wenig schmeichelhaft: Nur gerade 35 und 44 Prozent aller Verkehrsbussen, welche die Kantonsplizei Bern an Diplomatinnen und Diplomaten ausspricht, werden auch bezahlt. Dies zeigen aktuelle Zahlen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA auf Anfrage von STREETLIFE.

Im Jahr 2024 stellte die Berner Polizei 946 Strafzettel an ausländisches Botschaftspersonal aus – im Gesamtwert von 68’100 Franken. Doch nur 415 dieser Bussen wurden tatsächlich bezahlt, was Einnahmen von 27’510 Franken entspricht. Für die Stadt Bern bedeutet das: 531 offene Bussen und ein finanzieller Ausfall von 40’590 Franken.

Wiener Übereinkommen soll die Zahlungsmoral heben

Rechtlich sind der Stadt Bern die Hände gebunden. Dennoch versuchen die Schweizer Behörden, an ihr Geld zu kommen. Alle ausgestellten Bussen werden von den kantonalen Polizeikorps gesammelt und dem EDA weitergeleitet. Dieses versucht darauf mehrmals pro Jahr, das ausstehende Bussgeld einzutreiben.

«Sämtliche Bussen werden an die betroffenen ausländischen Botschaften weitergeleitet. Dieser Versand wird von einer Erinnerung an die Wiener Konventionen begleitet», erklärt EDA-Pressesprecher Pierre-Alain Eltschinger.

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Die Wiener Konvention besagt, dass auch Personen, die Vorrechte und Immunitäten geniessen, verpflichtet sind, die Gesetze und Rechtsvorschriften des Gaststaates zu beachten. «Wird der Aufforderung nicht nachgekommen, so interveniert das EDA auf diplomatischem Weg bei der betroffenen Botschaft», so Eltschinger weiter.

Immerhin: Ein erneuter Blick in die EDA-Auswertung zeigt, dass die Zahlungsaufforderungen zuletzt ihre Wirkung zeigten. So nimmt die Zahlungsmoral der ausländischen Diplomatinnen und Diplomaten zu. Im Vergleich: Noch im Jahr 2018 wurden 1794 Bussen mit einem Wert von 134'520 Franken ausgestellt. Davon bezahlt wurden damals gerade mal 632 Rechnungen zu 47'470 Franken. Die Schweiz blieb somit auf 87'050 Franken sitzen. Welches die Länder mit der schlechtesten Zahlungsmoral sind, will der EDA-Pressesprecher auf Anfrage nicht bekanntgeben.

Aufhebung der Immunität als Druckmittel

In besonders schwerwiegenden Fällen kann die Schweiz die Aufhebung der diplomatischen Immunität verlangen – allerdings nur mit Zustimmung des Entsendestaates. In der Praxis greifen viele Staaten auf ein Schlupfloch zurück: Die betroffene Person wird kurzerhand zurückberufen. Das Dienstverhältnis in der Schweiz endet – die Immunität bleibt unangetastet. Aktuell leben rund 850 diplomatische Mitarbeitende in Bern.

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