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Gibt es in Zukunft nur noch Autos mit einem Gang?
Adieu, Muskelkater in den Waden: Längst ist das Automatikgetriebe fast Standard. Aber was ist ein Wandler- oder Doppelkupplungs-Automat oder CVT eigentlich? Was ist wann besser? STREETLIFE erklärt die Arten von Automaten – und wieso die Zukunft Autos mit nur einem Gang gehört.
Müde Waden vom Kuppeln im Morgenstau und der verbrannte Geruch beim Anfahren am Berg: Seit 1886 das Auto zur Welt kam, existiert der Wunsch nach Verzicht auf händisches Rühren im Getriebe und Treten der Kupplung. Der Durchbruch kam 1939: General Motors (USA) kaufte ein Patent aus Brasilien und führte 1939 den (Wandler-)Automat ein: ein Hit, Urahn aller Automaten und bis heute der Kaiser unter Getriebekönigen.
In Europa dauerte es: Bis in die 1990er-Jahre galten Automaten als langweilig, kosteten viel, machten Autos zu Schluckspechten und nahmen kleinen Motoren die Lebensfreude. Dann kamen Hightech und günstigere Automaten – und der Erfolg. Vor 30 Jahren hatte nur ein Fünftel der Schweizer Neuwagen ein Automatikgetriebe, heute sind es rund 80 Prozent. Manche Marken (z.B. Mercedes) bauen nur noch Automatikgetriebe ein.
Bei aller Liebe zum manuellen Wechseln der Gänge hat der Automaten-Boom gute Gründe: Dichter Verkehr, günstigere und bessere Automaten, Kostendruck bei Autobauern (weniger Varianten spart massiv) – und nur selten auf Papier, aber in der Praxis sind Automaten heute sogar sehr oft sparsamer. Hier der technisch grob vereinfachte, auf Sonder- und Mischformen verzichtende Überblick über die Arten von Automatikgetrieben.
1. Der Komfortklassiker: Wandlerautomat
Wer «der Automat» sagt, meint eigentlich ihn: Der Wandlerautomat ist der Urahn und Meister. Er kostet aber im Schnitt 2000 Franken und schluckt etwas Power. Darum steckt er vor allem in grösseren, stärkeren Autos.
Wie geht das? Zwischen Motor und Getriebe sitzen zwei Scheiben, die aussehen wie Turbinenschaufel eines Jets. Dazwischen dient eine Flüssigkeit als Drehmomentwandler: Sie überträgt Kraft zwischen den Scheiben.
Was kann das? In Sachen Komfort ist der Klassiker top. Er fährt sanft an und schaltet butterweich und passt toll zu fetten Geniessermotoren. Mini-Motoren raubt er oft die Kraft, und er treibt tendenziell den Durst hoch.
Kaufen wir das? Wenn es finanziell drin liegt, ja. Die Nachteile sind fast weg entwickelt, der Komfort bleibt unerreicht.
2. Der Billigbruder: Halbautomat
Automatisierte Schaltgetriebe, auch kurz Halbautomaten genannt, sind, sehr salopp gesagt, Automatik für Arme: Teilweise kostet die Automatik nur wenige hundert Franken mehr als das manuelle Schaltgetriebe.
Wie geht das? Der Halbautomat ist eigentlich nur ein Schaltgetriebe. Nur übernimmt Treten der Kupplung und das Wechseln der Gänge hier nicht der Mensch, sondern halt elektrisch oder hydraulisch die Maschine.
Was kann das? Zwar nicht immer, aber manchmal arg wenig. Halbautomaten sind günstig und sparsam und stecken deshalb oft in Kleinwagen. Sie neigen teils zu gähnend langen Schaltpausen und die Karosserie ruckelt beim Anfahren.
Kaufen wir das? Jein. Sportliche Lenkende gruselt es. Aber: Bei angepasstem Fahrstil eine gute, preiswerte Lösung.
Automateneintrag im Führerausweis
«Es wird Tote geben!» Solche Zitate kassierte die Neuregelung des Automateneintrags per Februar 2019 in den Medien. Zuvor gab es einen Eintrag im Führerausweis, dass nur Automat gefahren werden darf, falls man auf einem Auto mit Automatik das Fahren gelernt hatte. Seither entfällt das, man darf auch dann Schaltgetriebe fahren. Erste Befürchtungen dadurch stark steigender Unfallzahlen entpuppen sich seither als unbegründet.
3. Der Alleskönner: Doppelkupplungs-Automat
Das Doppelkupplungsgetriebe oder auch Direktschaltgetriebe müsste DKG abgekürzt werden. Aber häufiger hat man das Volkswagen-Konzernkürzel DSG, weil das DKG unter diesem Namen ab 2002 populär wurde.
Wie geht das? Ein DKG ist ein doppeltes Schaltgetriebe mit zwei automatischen Kupplungen. Ein Getriebe übernimmt gerade, eines ungerade Gänge. So kann fliessend übergeben werden: Es wird rasant geschaltet.
Was kann das? Das DKG spart bis zehn Prozent Sprit gegenüber Wandlern, ist leicht und kompakt. Es kann sowohl komfortabel wie supersportlich. Es ist recht teuer. Manche leiden unter Anfahrpausen und -geruckel.
Kaufen wir das? Ja. Doppelkupplungs-Automaten sind günstiger als Wandler und passen zu jedem Fahrstil.
4. Der Umstrittene: Stufenloser Automat
Vor allem kleine Autos und Hybride setzen auf den stufenlosen Automat, abgekürzt auch CVT (Continuously Variable Transmission). Bekannt wurde er vor allem ab 1958 als Variomatic der niederländischen Marke DAF.
Wie geht das? Im CVT stecken kegelförmige Scheiben mit einem Riemen dazwischen. Je nach Position ist die Übersetzung anders, sie ändert sich stufenlos. Manche Marken bauen zur manuellen Wahl noch Stufen ein.
Was kann das? Teils kostet ein stufenloser Automat unter 1000 Franken. Er ist effizient und ruckelt nicht. Nur subjektiv wirkt er oft lahm: Es entsteht ein «Gummiband-Gefühl». Bei Vollgas heult der Motor nervig auf.
Kaufen wir das? Je nachdem. Je nach Modell ist CVT zwar eine gute Wahl, aber eignet sich weniger für Eilige.
5. Die Zukunft: Ein-Gang-Automat
Die Zukunft des Autos ist tendenziell elektrisch. Und Elektroautos brauchen schlicht gar kein Getriebe, also auch keine Automatik dafür. Als landläufige Bezeichnung hat sich jedoch Ein-Gang-Automat eingebürgert.
Wie geht das? Elektroautos variieren das Tempo mit der Drehzahl des E-Motors; ihre gleichmässige Power erlaubt trotzdem problemloses Anfahren. Manche Hersteller bauen einen zweiten Gang ein; nötig ist er nicht.
Was kann das? Alles, was man bei anderen Automaten mit Hightech zu erreichen versucht. Es gibt hier keine Schaltrucke, keine Kraftlöcher und quasi keinen Wartungsbedarf. Wer gerne mal schaltet, geht aber leer aus.
Kaufen wir das? Ja, denn wir haben keine Wahl: Wer ein Elektroauto kauft, kauft den Ein-Gang-Automat mit.
Handarbeit: Das Schaltgetriebe
Noch sind im Schweizer Autobestand deutlich mehr Schalter als Automaten unterwegs. Ein Schaltgetriebe ist ein Satz Zahnräder, der die Kraft zwischen Motor und Rädern anpasst – sonst würden wir beim Anfahren das Auto abwürgen oder könnten nur Tempo 20 fahren. Zwischen Motor und Getriebe sitzt die Kupplung: Tritt man das Pedal, unterbricht sie den Kraftfluss, sonst flögen uns beim Schalten die Zahnräder um die Ohren. Der Vorteil: Manuelle Schaltgetriebe kosten nichts extra. Theoretisch sind sie am sparsamsten. Praktisch sind Automaten heute jedoch sehr häufig im Vorteil. Nachteilig: Die Kupplung ist ein kostspieliges Verschleissteil.
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