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Die 10 schrägsten Leserfragen an die Verkehrsexperten
Manche Fragen unserer Leserinnen und Leser lassen uns schmunzeln, auch mal den Kopf schütteln – und ab und zu enthüllen vermeintlich schräge Fragen bei der Antwort spannende Details. Zum Beispiel: Darf ich im Bündnerland beim Überholen des Traktors die Sicherheitslinie überfahren? STREETLIFE beantwortet diese und neun weitere skurrile Verkehrsfragen.
1. Stimmt es, dass der Kanton Graubünden bei der Sicherheitslinie eine Ausnahme kennt, wenn ein schleichender Traktor vor mir fährt?
Nein – und das hat nichts mit dem Kanton zu tun. Es ist in nie erlaubt, eine ausgezogene Sicherheitslinie zu berühren oder zu queren. Aber sie ist kein Überholverbot! Solange man die Linie nicht berührt und trotzdem genug Abstand (1,5 Meter) zum Überholten hält, darf man trotz der Linie überholen. Das Missverständnis mit dem Traktor rührt meist von einer anderen Regel her: Bei signalisiertem Überholverbot darf man einspurige Fahrzeuge wie Velos und mehrspurige Fahrzeuge, die maximal 40 km/h fahren können (also Traktor mit 40-km/h-Schild ja, mit 50-km/h-Schild nein) trotz Überholverbot passieren. Die Sicherheitslinie gilt aber ganz unabhängig davon: Ist zusätzlich eine ununterbrochene Linie da, darf man sie auch dann nicht überfahren. Hier erfährst du mehr darüber, was bei den unterschiedlichen Mittellinien gilt.
2. Wieso dürfen Blinde überall über die Strasse gehen? Sie können doch Zebrastreifen benutzen.
Naja, wer einen Fussgängerstreifen nicht sehen kann, kann ihn auch nicht finden. Bodenleitsysteme wie auf den Perrons an Bahnhöfen sind selten. Deshalb dürfen unbegleitete Blinde an beliebiger Stelle den weissen Stock in die Höhe halten. Dann muss in beiden Richtungen ganz gestoppt werden, bis die Person die Strasse komplett überquert hat. Wichtig: Nicht hupen und nicht zu weit entfernt stoppen, damit das Anhalten gehört wird. Ein Führungshund ändert daran nichts, denn er läuft erst los, wenn vom Menschen das Signal kommt.
3. Ich habe ein Mofa, aber keinen Führerausweis. Wenn ich ohne Motor fahre wie ein Velo, ist das okay?
Nein. Nur weil der Motor aus ist, bleibt dein Mofa trotzdem ein Mofa. Also brauchst du dafür den Ausweis der Kategorie M oder höher. Wir bekommen auch Fragen zu schnellen, immatrikulations- und ausweispflichtigen E-Velos und E-Scootern (40, mit Treten 45 km/h): Auch wenn man die nur mit 20 (oder mit Treten 25) km/h bewegt, bleiben sie schnelle E-Velos oder E-Scooter: Die Art des Fahrens ändert nicht die Art des Fahrzeugs.
4. Ich frage mich schon lange: Gilt bei ausgeschaltetem Lichtsignal eigentlich immer Rechtsvortritt?
Nein. Der Vortritt richtet sich nach der Signalisation. Es gelten die Schilder und Markierungen an und auf der Strasse. Falls sie nichts anderes vorgeben, dann gilt der Rechtsvortritt. Grundsätzlich ist es so: Regelung durch Menschen (zum Beispiel Polizei) geht vor Lichtsignal; Lichtisgnal geht vor der übrigen Signalisation.
5. An der Autobahn ist 100 km/h angezeigt. Mein Navi sagt aber, dort sei 120 km/h. Was gilt für mich?
Es gelten natürlich immer die Schilder an der Strasse. Auf das Navi oder auf die Verkehrszeichen-Erkennung neuerer Autos darf man sich nie verlassen, sie zeigen oft falsch an – und das wird dir vor Gericht keine Busse ersparen. Am Schluss bist du selbst verantwortlich, dass das offiziell signalisierte Limit eingehalten wird.
6. Wir haben zwei Autos mit einem Paar Wechselschilder. Wenn es mal beide Autos braucht, dürfen wir sie mit je einem Schild dran fahren?
Auf keinen Fall! Erstens muss ein Auto immer vorne und hinten Kontrollschilder tragen, sonst kostet es 140 Franken Busse. Zweitens wird es aber noch viel teurer: Was ihr macht, widerläuft dem Sinn des Wechselschilds und ist sogar Steuerhinterziehung. Ihr bezahlt nur für das teurere Auto die Motorfahrzeug-Steuer. Deshalb darf stets nur eines der Fahrzeuge zeitgleich auf der Strasse sein, das andere muss auf Privatgelände bleiben. Es drohen euch ein teures Strafverfahren, Entzug der Wechselschild-Bewilligung, und bei einem Crash wird die Versicherung, die bei Wechselschildern ja meist Rabatt gibt, Geld zurückfordern.
7. Ich bin in Deutschland gebüsst worden, weil ich den Stau über den Autobahn-Parkplatz umfahren habe. Ist das legal? In der Schweiz ist es doch erlaubt!
Es gelten immer die Gesetze vor Ort, also in diesem Fall die deutschen. Und in Deutschland ist es verboten, Staus über Parkplätze zu umfahren. Die Busse ist also völlig legal. In der Schweiz wäre es tatsächlich erlaubt. Leider – denn das Umfahren des Staus lässt den Verkehrsfluss dahinter noch mehr stocken, rücksichtsvoll ist das nicht. Bei uns gibt es einfach kein Gesetz, aus dem sich ein Verbot ableiten liesse. In Deutschland sind Parkplätze gesetzlich zum Aufenthalt da (nicht zur Durchfahrt), und Missbrauch ist verboten. In der Schweiz wird zur Abschreckung und Sicherheit verstärkt auf Parkplätzen geblitzt: Dort gelten tiefe Tempolimiten.
8. Muss ich vor meiner Badi auf den weissen Feldern fürs Parkieren bezahlen?
Das können wir dir beim besten Willen nicht beantworten, zumal wir nicht wissen, wo. Das kommt darauf an, ob dort etwas signalisiert ist. Achtung: Auch für weisse Felder ohne Parkgebühr gelten in vielen Gemeinden heute Beschränkungen zur maximalen Parkdauer. Mehr dazu erfährst du auf der Webpage der Gemeinde.
9. Muss ich auch helfen, wenn ein Elektroauto einen Unfall hat? Ich will keinen Stromstoss erleiden.
Du wirst auch keinen bekommen. Hilfeleistung – Unfallstelle absichern, Verletzten helfen, Notruf – ist Pflicht. Und beim Crash wird der Hochvoltstrang (Akku und Co.) des E-Autos automatisch abgeschaltet. Es besteht also keine Gefahr. Man sollte nur sicherheitshalber nie die orangen Kabel einer Hochvoltanlage anfassen.
10. Wasserstoffautos stossen Wasserdampf aus. Führt das nicht zu Tropenklima und mehr Glatteis?
Nicht eher als bisher. Auch Benzin und Diesel bestehen aus Kohlenwasserstoffen, und die heissen ja nicht umsonst so: Bei der Verbrennung wird fast so viel Wasserdampf ausgestossen wie von mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenautos. Die Menge ist dort etwas höher, aber viel zu gering für einen Einfluss auf die Umwelt. Bodennaher Wasserdampf gilt als unbedenklich, und das Gros des Wasserdampfs stammt aus natürlichen Quellen: Führen alle Autos mit Wasserstoff, stiege die Gesamtmenge nur um 0,03 Prozent an.

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