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«Mit meinem 30er-Töffli komme ich überall hin»
Kantonsratspräsident Erich Schudel besitzt ausschliesslich den Führerausweis für Traktoren und Mofas. Seit bald einem Vierteljahrhundert ist der politisch höchste Schaffhauser mit seinem 30er-Töffli Cilo 521 Cross unterwegs.
Im nördlichsten Kanton der Schweiz wird das Parlament aktuell von einem überzeugten Töfflifahrer geleitet. Der oberste Schaffhauser zeigt bei nervigen und langatmigen Ratsdebatten eine relativ kurze Zündschnur, greift er doch schnell zur Ratsglocke. Bei der Mobilität setzt er hingegen auf Entschleunigung. Sein bevorzugtes Verkehrsmittel: Sein Cilo 521 Cross. Für ihn gibt es nichts Schöneres als den kleinen Motor.
Führerausweis für Traktoren
Der manchmal etwas brummig wirkende Schudel geniesst im Kanton Kultstatus. In der Brusttasche seines Hemdes steckt immer ein Zigarettenpäckli mit Parisienne. Er besitzt einen einzigen Rats-Tschoopen. Bei Diskussionen über Autos redet der oberste Schaffhauser nicht mit. Er fährt nicht Auto und besitzt ausschliesslich den Führerausweis für Traktoren, welcher auch für Mofas gilt. Bei Gesprächen über das grosse Comeback der Töfflis ist Schudel hingegen Experte. Was hält er von Puch-Maxi, Pony Cross oder Piaggio Ciao? Schudel schüttelt den Kopf. «Die sind schon recht, aber für mich ist Cilo das mit Abstand beste Töffli. Der läuft zuverlässig und ohne Macken.»
Ochsner Rolands alter Cilo
Schudels Vater ist gelernter Automechaniker. Zum 14. Geburtstag seines Sohnes suchte er ein kostengünstiges, geeignetes Töffli. Beim Ochsner Roland aus dem Heimatdorf Beggingen wurde er fündig, welcher seinen 10-jährigen Cilo mit 2-Gangautomat nicht mehr brauchte. Der Cilo wurde totalrevidiert. Wurde das Töffli auch frisiert? «Nein, das war gar nicht nötig. Mein Credo lautet, Finger weg vom Frisieren am Kolben und Zylinder! Einzig beim Auspuff haben wir den italienischen Original-Krümmer eingebaut, welcher für extremen Zug sorgte. Sogar zwei Velofahrer gleichzeitig konnte ich mit meinem Cilo den steilen Radweg beim Fohrenhof hochziehen.» Besonders stolz war Schudel auf den originalschwarzen Bananensattel.
Mobilität im hinteren Randental
Eines der berüchtigten Begginger-Unwetter verwandelte 1999 den Dorfbach in eine reissende Flut und richtete bei der Schudel-Liegenschaft grossen Schaden an. Auch der Ochsner-Cilo sei schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Vater Schudel kaufte einen neuen Cilo 521 Cross, welchen Erich Schudel noch heute nutzt. Mittlerweile dauert die Töfflikarriere des Kantonsratspräsidenten fast ein Vierteljahrhundert.
Druck vom autobegeisterten Vater
«Als ich 18-jährig wurde, lag mir mein Vater mit seinem Wunsch fast täglich in den Ohren, dass ich endlich den Autobrief mache.» Aber Schudels Lehrstelle bei der Post war per Bus perfekt zu erreichen und ob Wind, Regen oder Schnee – für die Mobilität im hinteren Randental reichte der Cilo völlig aus. Irgendwann resignierte selbst Vater Schudel.
Vorbildlicher CO2-Fussabdruck
Nachhaltigkeit liegt Erich Schudel sehr am Herzen. Während Junggrüne aus dem Schaffhauser Kantonsrat übers Wochenende nach New York fliegen, präsentiert der oberste Schaffhauser einen persönlichen CO2-Fussabdruck der ökologischen Spitzenklasse. Schudel reist entweder mit dem ÖV, zu Fuss oder mit dem Töffli. Seinen Cilo bringt er einmal jährlich in den Service, entweder zum Vater oder ins Nachbardorf Schleitheim zum Töfflimech «Meyer Zweiradsport». Beide sorgen für die Langlebigkeit des Fahrzeugs, denn die Firma Cilo stellt nach einer Insolvenz 2002 leider keine Mofas mehr her.
Reise nach Schaffhausen
Auf die Frage, welches die weiteste Reise mit seinem Cilo gewesen sei, muss Erich Schudel lange studieren. Grosse Touren waren bislang noch keine dabei, aber der Reiz wäre schon da. «Einmal bin ich bis nach Schaffhausen gefahren, über den Randen.» Aus Sicherheitsgründen hatte Schudel einen Kanister mit hochwertigem Rasenmäherbenzin dabei, weil er sich nicht auf die städtischen Tankstellen verlassen wollte. «Und ein anderes Mal bin ich mit einem Kollegen vom Schützenverein Beggingen bis nach Bonndorf im Schwarzwald gefahren.» Die Ortschaft im Schwarzwald liegt 23 Kilometer entfernt von Schudels Heimatdorf.
Familiengründung ohne Auto?
Ist es völlig ausgeschlossen, dass der Schaffhauser Kantonsratspräsident eines Tages doch noch das Autofahren erlernt? Schudel schaut aus dem Fenster die Dorfstrasse hoch und überlegt. «Nein, einen Grund gäbe es, doch noch ein Auto anzuschaffen. Falls ich zu einem späteren Zeitpunkt eine Familie mit Kindern gründen würde, ginge dies in unserem abgelegenen Dorf kaum ohne Auto.»
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