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Sogar der Polizeichef fährt mit dem «Schnäpper» mit
An Events wie dem «Moped Revival» feiern benzingetriebene Töfflis ein Comeback. Freiheitsgefühl und Nostalgie sind die Treiber hinter dieser Entwicklung. Allerdings ist das Gefälle zwischen Stadt und Land auffällig – und kein Zufall, wie Experten sagen.
Lange Jahre waren sie wie vom Erdboden verschluckt, als Relikte aus vergangenen Zeiten verstaubten sie im Keller. Doch seit einigen Jahren rattern benzingetriebene Töfflis von Puch Maxi, Piaggo Ciao oder Sachs Hercules wieder durch die Gegend. «Der Töffli-Boom ist eine Tatsache», bestätigt Rolando Keller. Mit seinem Verein «Cooking Fellows» organisiert der Winterthurer seit einigen Jahren das «Moped Revival». Ein jährlicher Event (dieses Jahr am Samstag, 4. Mai), bei dem hunderte von Töffli-Fans zusammenkommen, ein fröhliches Fest feiern und als Höhepunkt eine anspruchsvolle Strecke von 100 Kilometern auf ihren «Schnäppern» absolvieren.
Keller sagt, Töfflis seien mittlwerweile wieder so beliebt, dass es nahezu jedes Wochenende irgendwo ein Treffen in der Schweiz gäbe. Allerdings: kaum je in Städten oder urbanen Gebieten. «Der Trend ist vor allem auf dem Land sehr stark ausgeprägt», so der Organisator. In den Städten seien die jungen Leute eher mit dem E-Bike oder auf Rollern unterwegs. Keller lacht: «Auf dem Land ist zudem auch die Chance kleiner, mit dem Schnäpper in eine Polizeikontrolle zu geraten.»
Eine Art der Selbstverwirklichung
Der Verkehrsforscher Dr. Timo Ohnmacht von der Hochschule Luzern teilt die Beobachtung, dass der aktuelle Boom ein regionales Phänomen ist. «Das Töffli-Revival findet tatsächlich primär auf dem Land statt», bestätigt er. Dort sei ein Moped eine wichtige Erfahrung in der sogenannten Mobilitätsbiographie von jungen Leuten. «Es geht dabei um die Loslösung vom Elternhaus, um das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.»
Auch die Erweiterung des persönlichen Aktionsradius’ spielt eine wichtige Rolle. Denn: Auf dem Land muss man im Gegensatz zur Stadt weitere Distanzen überwinden, um etwas erleben zu können. «In ländlichen Regionen haben junge Menschen weniger Möglichkeiten, sich zu verwirklichen», so Verkehrssoziologe Ohnmacht. Das Töffli könne hier Abhilfe schaffen und jungen Leute ein Gefühl der Identität vermitteln.
Nicht zuletzt spielt auch ein gewisses rebellisches Element mit hinein. Als Kontrastpunkt zur Klimajugend sind laute Töfflimotoren sicher ein probates Mittel. Frei nach dem Motto: Wenn die ganze Welt auf E-Roller umsteigen soll, geben wir Jungen auf dem Land mit unseren Benzin-Mopeds erst recht Gas.
Der Polizeichef fährt mit
Neben Identität, Rebellion und Freiheit spielt aber auch ein anderes Gefühl eine tragende Rolle beim Töffli-Revival – Nostalgie. Tatsächlich sind die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim «Moped Revival»-Event in Winterthur schon etwas älter.
«Ich würde sagen: Zu etwa 80 Prozent kommen bei uns ältere Jahrgänge», sagt Rolando Keller. «Deshalb ist der Retro-, respektive Nostalgie-Aspekt bei uns sehr wichtig. Viele Töffli-Fans wollen mit dem Treffen für kurze Zeit in ihre Jugendjahre zurückkehren. Sie wollen sich austauschen und einfach eine gute Zeit haben.»
Entsprechend herrscht beim «Moped Revival» eine entspannte, offene Stimmung. Wer woher kommt und was er sonst im Leben macht, das ist zweitrangig. So wird erwartet, dass sogar der Polizeikommandant der Stadt Winterthur dieses Jahr zusammen mit seinem Sohn mit von der Partie sein wird. Und das Startsignal am 4. Mai (um 10 Uhr) in Elsau ZH wird kein Geringerer als Ex-Schwingerkönig Nöldi Forrer geben.
Vielleicht gelinge es ihm noch, den einen oder anderen einheimischen Nationalrat zu motivieren, sagt Keller. Aber eigentlich funktioniert das «Moped Revival» auch ohne Prominenz. Dafür sorgen das Festzelt, der Auftritt der Stubete Gäng am Freitagabend – und nicht zuletzt die vielen klassischen Mopeds der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Dass an vielen Fahrzeugen leidenschaftlich herumgebastelt wurde, versteht sich von selbst. Keller: «Das Frisieren der Töfflis gehört gerade bei den Älteren irgendwie dazu. Wie früher will man einfach gern zeigen, was man aus so einem alten Teil noch alles herausholen kann.»
Wird vielleicht sogar der Winterthurer Polizeichef mit einem frisierten Teil durch die Gegend brettern? «Das glaube ich eher nicht», lacht Keller. «Bei aller Liebe zum Moped – der Polizeichef hat immer noch Vorbildfunktion.»
8. Moped Revival
Datum: Samstag, 4. Mai
Start: 10 Uhr / Warm-up / letzter Moped-Check
Startgeld: 29 Franken (nur Online-Zahlungen)
Route: Start und Ziel sind in Elsau
Strecke: Start bis zum Boxenstopp: 53,3 km, Boxenstopp bis Ziel: 45.3 km
Medienpartner: STREETLIFE
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