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Mahnungs-Falle – wie Privatfirmen säumige Autofahrer zur Kasse bitten
60 Franken verlangt die Parkkontrollfirma Parkon fürs Falschparkieren auf Privatgrund. Wer zu spät bezahlt, erhält einen Aufschlag von 50 Prozent. Das zeigt das Beispiel eines Leserreporters. Ist das erlaubt? STREETLIFE hat mit dem Konsumentenschutz gesprochen.
Wer wegen Falschparken auf privatem Grund eine «Busse» von einer privaten Parkkontrollfirma erhält, sollte diese besser rechtzeitig zahlen. Andernfalls drohen hohe Gebühren. Das zeigt die Geschichte eines STREETLIFE-Leserreporters: S.D.* parkierte sein Fahrzeug zwar ordnungsgemäss auf dem Besucherparkplatz einer Wohnüberbauung, überzog jedoch die bezahlte Parkdauer.
Dafür erhielt er von der privaten Parkkontroll-Firma Parkon eine Umtriebsentschädigung in der Höhe von 60 Franken (siehe Box).
Bei der Zahlungserinnerung wird’s teuer
S.D. legte die Rechnung in die Mittelkonsole. Später kippte er versehentlich seinen Kaffee drüber und entsorgte den durchnässten Zettel. Er geht davon aus, dass er eine Zahlungserinnerung per Post erhält.
Tatsächlich erhält er einen Brief mit der Rechnung von Parkon, jedoch mit einem happigen Aufschlag. Auf der Zahlungserinnerung sind zusätzliche Gebühren von 30 Franken aufgeführt: 20 Franken für Bearbeitungs- und Zustellgebühren, 10 Franken kostet die Auskunft beim Strassenverkehrsamt. Denn: S.D. hat bei seinem Kontrollschild eine Auskunftssperre hinterlegt. Die 60 Franken Umtriebsentschädigung sind gerade um 50 Prozent teurer geworden.
Auch bei der zweiten Mahnung erfolgt ein Aufschlag von weiteren 10 Franken bei den Bearbeitungs- und Zustellgebühren. Damit beläuft sich die Rechnung insgesamt auf 100 Franken.
Konsumentenschutz kritisiert Vorgehen
Doch ist das überhaupt erlaubt? Schliesslich könnte der Zettel unter dem Scheibenwischer auch entfernt worden sein – mutwillig, oder durch Wind und Wetter. «Nein», sagt Jan Liechti von der Stiftung für Konsumentenschutz auf Anfrage von STREETLIFE. Der Stellvertretender Leiter Recht erklärt: «Wer eine Umtriebsentschädigung verlangt, muss sicherstellen, dass die Zahlungsaufforderung tatsächlich beim Fahrzeughalter ankommt. Falschparkierende tragen keine Verantwortung, wenn der Zettel entfernt oder verloren ging. Eine Mahngebühr kann daher frühestens bei einer zweiten Zahlungsaufforderung erhoben werden – also erst nachdem klar ist, dass die erste tatsächlich zugestellt wurde und unbezahlt blieb.»
Das sagt Parkon zu den Gebühren
STREETLIFE konfrontierte Parkon mit der Aussage. Das Unternehmen ist anderer Ansicht: «Die Einschätzung des Konsumentenschutzes ist aus Sicht der vertretenen Interessen nachvollziehbar, aus juristischer Sicht jedoch nicht korrekt», sagt Tobias Marti, stellvertretender Geschäftsführer und Rechtsanwalt. Aus rechtlicher Sicht stelle das unberechtigte Parkieren eine Besitzstörung dar, die es Parkon erlaube, entstandene Aufwendungen vollständig in Rechnung zu stellen. «Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, Kosten für Folgeschritte, die nicht durch uns verursacht wurden, selbst zu übernehmen», so Marti. Dasselbe Risiko bestehe auch bei postalischer Zustellung, wenn etwa Sendungen verloren gingen oder durch Dritte aus dem Briefkasten entnommen würden.
Zum geschilderten Fall kann Parkon keine Stellung beziehen, da STREETLIFE das Kontrollschild und die Fallnummer des Leserreporters aus Persönlichkeitsschutz nicht offenlegt.
Wann du Mahngebühren zahlen musst – und wann nicht
Wichtig ist laut der Stiftung für Konsumentenschutz, dass mögliche Mahngebühren ausdrücklich auf der Umtriebsentschädigung ausgewiesen werden müssen. «Fehlt dieser Hinweis, besteht keine Pflicht, die Mahngebühr zu bezahlen», so Liechti.
«Dies ist bei unseren Schreiben an die Fahrzeuglenkenden der Fall», versichert Marti. Eine Rechnung liegt STREETLIFE nicht vor. Auf den Mahnschreiben von S.D. werden keine weiteren Gebühren erwähnt. Die zweite Zahlungserinnerung enthält jedoch den Hinweis auf mögliche zivil- und/oder strafrechtliche Schritte.
Wer dann nicht zahlt, riskiert schliesslich ein Strafverfahren gemäss dem richterlichen Verbot.
Das steckt hinter den privaten Parkbussen
Auf öffentlichem Grund ist die Polizei für die Parkordnung zuständig. Fürs Falschparkieren stellt sie Ordnungsbussen aus. In der Regel kostet eine Übertretung 40 Franken. Bei privaten Parkplätzen sieht das anders aus. Um sich auf dem strafrechtlichen Weg gegen Falschparkende zu wehren, müssen Grundstückeigentümer ein richterliches Verbot beantragen und ein entsprechendes Verbotsschild anbringen. Dieses weist darauf hin, dass fehlbare Lenker mit einer Busse bis zu 2000 Franken bestraft werden. Darauf verzichten jedoch die meisten Grundstückeigentümer. Stattdessen bemächtigen sie private Parkkontrollfirmen, die sogenannte Umtriebsentschädigungen ausstellen. Diese kosten in der Regel zwischen 30 bis 60 Franken, was laut einem Bundesgerichtsurteil angemessen ist.
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