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Konkurrenz belebt das Geschäft
BYD überholt Tesla! Mit Meldungen wie dieser krempeln Elektroautos aus China den Markt um – und drängen nun nach Europa. Müssen uns Strafzölle vor der Invasion schützen? STREETLIFE zeigt dir, wieso China so stark geworden ist und warum das am Ende eher positiv ist.
Mal ehrlich, kennst du den MHero1? Autofans haben es nicht mehr leicht: Gefühlt täglich startet ein neues Elektroauto aus China. Wie eben der monströse SUV MHero1, 1088 Elektro-PS stark und von Dongfeng. Von wem? Dongfeng tönt für uns nach Bastelbude, aber aufgepasst: Dongfeng ist etwa so gross wie BMW. Und mit dem SUV Voyah Free bereits bei uns. Die Chinesen kommen leise – und wollen bleiben. Beispiele: Aiways ist da, Nio will 2025 starten, MG legt derzeit los, und via Emil Frey will auch BYD noch dieses Jahr reüssieren.
BYD ist der Shootingstar. Im Jahr 2023 gelang ein Doppelschlag: Erstmals verkaufte die erst 1995 gegründete, jetzt grösste chinesische und weltweit zehntgrösste Automarke mehr E-Autos als Tesla. In China nahm BYD nach 18 Jahren VW das Heft als Marktleader aus der Hand. Der 570'000 Mitarbeitende starke Konzern ist ein Elektroauto-Schwergewicht. Kein Wunder: BYD ist nicht nur die Weltnummer zwei bei E-Auto-Akkus. Sondern der gleichnamige Mutterkonzern bei allen Batterien (wie Handyakkus) einer der grössten Hersteller.
Schweizer Jahresabsatz in fünf Tagen
Woher kommt diese Power? China ist die zweitgrösste Wirtschaftsmacht und der grösste Automarkt. Jeder fünfte Mensch auf der Welt ist Chinese; jedes Jahr schliessen 1,4 Millionen Chinesinnen und Chinesen ein Ingenieursstudium ab. Da geht was! Denn es lohnt sich: Auf 1000 Einwohner gibts bei uns 540 Autos, in China noch immer erst 170. Das führt zu Neuwagenverkäufen jenseits der Vorstellungskraft: An fünf Tagen so viel wie in der Schweiz im ganzen Jahr. Davon waren 2023 gut 24 (bei uns 21) Prozent vollelektrisch. China kann Elektro, und setzt genau darauf. Denn etablierte Marken kämpfen mit dem (zudem schwächelnden) E-Boom.
«Chinamüll», wie in Kommentarspalten zu lesen? Mitnichten: Vergleichstests entlarven auch Schwächen, aber Achtungserfolge auch beim Absatz – beispielsweise MG in Grossbritannien – sprechen heute eine klare Sprache: Wie Tesla einst bei E-Autos voranfuhr, tut es China in Sachen günstige, aber gute Elektroautos.
China tut, was Japan und Südkorea taten
Eigentlich hätten wir es ahnen können. Vor 15 Jahren lachten wir über das Kopierfieber beim Design und weil Autos von Brilliance oder Landwind im Crashtest zerbröselten. So, wie wir ja Ende der 1960er-Jahre über die Japaner, in den frühen 2000er-Jahren über Südkoreaner und vor einem Dutzend Jahren über Tesla lachten. Heute sind alle etabliert, ein Teil des Autoganzen. Jetzt sind die Chinesen so weit. Gut liess sich das am Mini-Autosalon in Genf beobachten. BYD und MG zeigten, was sie können: überraschen! BYD hatte den Yangwang U8 da. Die E-Wuchtbrumme mit 1200 E-PS kann schwimmen! Bei MG stand der coole E-Roadster Cyberster.
Kein Wunder, kommt aus Angst der Ruf nach Strafzöllen auf. Doch sogar die deutsche Autoindustrie ist dagegen. China würde umgekehrt Strafzölle einführen, und ohnehin plant China (etwa BYD) Werke in Europa. Vor allem aber sind Strafzölle kontraproduktiv. Ein hübsches Beispiel ist Amerikas «Chicken Tax», die US-Pickups seit 1964 vor Konkurrenz schützt: US-Marken kassierten enorme Renditen auf Pickups, lehnten sich darum technologisch zurück und sahen zu, wie der weltweite Pickup-Markt umgekehrt an Japan fiel.
Markensterben ist sozusagen Berufsrisiko
Gehen «unsere» Marken dann nicht hops? Das war schon immer so, Berufsrisiko sozusagen. Gerne blenden wir aus, dass Borgward, Daihatsu, Infiniti, Rover, Pontiac, Saab, Simca, Saurer und Co. untergingen. Selbst VW hätte es fast mal erwischt – that’s business. Es gibt Gegenbeispiele: Volvo gehts gut, seit Geely aus China dahintersteht. Aber die kopieren doch Technik? Autotechnik vielleicht; bei E-Technik ists eher umgekehrt.
Am Ende dürften alle profitieren: Autokäuferinnen und -käufer dank mehr Auswahl, besseren Batterien und günstigeren Preisen. Und am Ende auch etablierte Marken: Hätte Mercedes einst die damalige Pleitemarke BMW aufgekauft und nicht DKW wiederbelebt (woraus Audi wurde), wären alle drei nicht, was sie sind: Erst der Wettbewerb trieb und treibt zu Spitzenleistungen an. Die alte Weisheit: Konkurrenz belebt das Geschäft.
Welche Modelle kauft China?
Der meistverkaufte Personenwagen auf dem grössten Automarkt der Welt war 2023 kein Chinese, sondern ein Ami. Wie bei uns holte das elektrische Tesla Model Y in China die Krone. Doch die Konkurrenz blieb dicht dran: Auf Platz zwei folgte BYD mit dem Quin Plus, dahinter der Nissan Sylphy. Beide sind Limousinen mit Hybrid- oder Elektroantrieb.
Rang vier: Der BYD-SUV Song Plus (SUV; Verbrenner, Hybrid oder Stromer). Und VW, Jahrzehnte auf die Top-Ränge abonniert? Der einstige Bestseller Lavida, eine Art chinesischer Jetta/Bora mit Stufenheck, fiel auf Platz fünf. In den Top Ten liegt damit nun BYD mit vier Modellen vor VW mit zwei. Gut die Hälfte der chinesischen Neuwagen sind SUV, aber die Limousinen sind dicht dahinter noch immer stark.
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