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Kommt jetzt der billige Benzinsommer?
Tanken macht derzeit fast schon Spass: An vielen Zapfsäulen ist der Sprit günstig wie lange nicht mehr. Die Chancen, dass das Benzin auch in den kommenden Wochen tief bleibt, sind intakt. Allerdings sind derzeit mehrere volatile Faktoren im Spiel, von denen der Ölpreis nur einer ist.
Wer in den letzten Tagen vor allem in ländlichen Regionen unterwegs war, hats gemerkt: Tanken tut dem Portemonnaie weit weniger weh als auch schon. Preise um die 1.70 Franken für Diesel (in Deutschland gar bis zu 1.50 Euro) oder 1.60 Franken für Bleifrei haben Autofahrende schon lange nicht mehr gesehen. Ein Grund: der Preis für Rohöl. Tatsächlich befindet sich der Ölpreis auf dem tiefsten Stand seit 2021.
US-Präsident Donald Trump rühmte sich denn auch vor Wochenfrist bei der Verkündigung des Trade Deals mit Grossbritannien, er habe die Preise herunterbringen können. Auch für Öl. Tatsächlich hat Trump den Ölpreis in den Keller rasseln lassen. Allerdings nicht durch eine geniale wirtschaftliche Massnahme, sondern durch den von ihm ausgelösten Handelskrieg, vor allem mit China. Rezessions- und Wachstumssorgen haben den Crude-Oil-Preis zeitweise deutlich unter die 60-Dollar-Marke gedrückt. Zudem kündigte die OPEC letzte Woche an, ihren Output trotz weltweit schwächelnder Erdöl-Nachfrage zu erhöhen.
Ein «unglaubliches Yo-Yo»
Allerdings hat sich der Ölpreis in den letzten Tagen – im Zuge der Tarif-Annäherung von USA und China – wieder erholt. Es bleibt ein Auf und Ab. «Derzeit herrscht bei allen Faktoren, die den Benzinpreis bestimmen, ein unglaubliches Yo-Yo. So etwas habe ich noch nie erlebt», sagt denn auch Michael Knobel. Der Betreiber der Etzelpark-Tankstellen zeigt sich gegenüber STEETLIFE skeptisch, wie nachhaltig die günstigen Preise an einzelnen Tankstellen sind. Wer zu einem guten Zeitpunkt günstig einkaufen konnte, könne nun länger tiefe Preise anbieten, so der Fachmann. Ob der Benzinpreis allerdings in den kommenden Wochen und Monaten tief bleibt, kann und will Knobel nicht beurteilen: «Die Chance besteht. Aber aktuell kann man keine seriöse Prognose angeben – es sind einfach zu viele volatile Faktoren im Spiel.»
Tatsächlich ist der Ölpreis nur ein Argument für die Preise an der Tankstelle. Den grossen Teil des Benzinpreises machen in der Schweiz nicht etwa die Rohstoffkosten aus, sondern Steuern und Abgaben. Der Staat erhebt fixe Gebühren wie die Mineralölsteuer und Importabgaben, die beim Benzin rund 77 Rappen pro Liter betragen. Bei Diesel sind es etwa 80 Rappen – unter anderem, weil er mehr CO₂ enthält. Diese fixen Abgaben bleiben unabhängig vom Ölpreis konstant. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer, die auf den Gesamtpreis erhoben wird. Diese steuerliche Struktur sorgt dafür, dass selbst deutliche Rückgänge beim Rohölpreis nur gedämpft an den Zapfsäulen ankommen.
Schwankender Dollar, steigender Rhein
Auch der Wechselkurs zwischen dem Schweizer Franken und dem US-Dollar ist ein entscheidender Einfluss. Öl wird weltweit in Dollar gehandelt. Ein starker Franken kann die Importkosten für Öl und damit auch die Endpreise senken. Auch hier zeigte Trumps «Trade War» Wirkung: Das Tarif-Chaos schwächte den Dollar massiv, was sich an der Zapfsäule bemerkbar machte. Doch auch hier ist die Lage volatil: Aktuell erholt sich der Dollar wieder und scheint eine Aufwärtsdynamik zu entwickeln. Michael Knobel sagt: «Alles ist möglich. Geht der Dollar wieder auf 90 Rappen hoch, treibt das natürlich auch die Benzinpreise in die Höhe.» Denn die Währungsschwankungen schlagen unmittelbar auf die Transport- und Einkaufskosten durch.
Ein weiterer, oft unterschätzter Faktor ist der Transportweg. Hier spielt der Rhein eine zentrale Rolle. Die Schweiz bezieht einen Grossteil ihrer Treibstoffe per Schiff über diesen Wasserweg. Doch genau dieser hat in den vergangenen Monaten für Preisdruck gesorgt: Der Rhein führte lange Zeit ungewöhnlich wenig Wasser. Bei niedrigem Pegelstand können Tankschiffe nur mit stark reduzierter Ladung fahren. Das bedeutet: mehr Fahrten, höhere Frachtkosten – und entsprechend höhere Preise pro Liter. «Lange Zeit ist der Vorteil des tiefen Rohölpreises durch den Rheinwasserstand fast vollständig verpufft», sagt Knobel. Die derzeit günstigen Spritpreise sind also nicht nur das Resultat des Ölmarkts, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass sich die Transportbedingungen zuletzt entspannt haben. Denn der Pegelstand am Rhein hat sich wieder normalisiert.
Bleibt die Frage, was das alles für Autofahrerinnen und Autofahrer bedeutet. Klar ist: Die aktuellen Preise an der Zapfsäule sollte man nutzen. Das gilt besonders für Hausbesitzende mit Heizöl-Bedarf, das derzeit zu guten Bedingungen eingekauft werden kann. Der schwache Dollar und die anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten sorgen zudem dafür, dass die Chancen für einen günstigen Tank-Sommer intakt bleiben. Doch sicher ist in diesen Zeiten nichts, wie Michael Knobel bestätigt: «Es ist alles enorm dynamisch. Wer weiss – nächste Woche kann wieder alles ganz anders aussehen.»

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