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Kommt der Umfahrungstunnel um Baden?
Wer durch Baden im Kanton Aargau fährt, gerät häufig in einen Stau. Nun soll ein Gesamtverkehrskonzept mit einem Tunnel die Situation verbessern. Wie und ob es einen Umfahrungstunnel geben soll, ist kontrovers. Jetzt fand dazu eine Onlineumfrage bei den Anwohnern statt.
Wer von der Nordwestschweiz oder Deutschland Richtung Zürich unterwegs ist und dabei die A1 meiden will kennt das Problem: Stau im Raum Baden. Ein Umfahrungstunnel soll die von Stau geplagte Stadt entlasten. Er ist Teil des Gesamtverkehrskonzepts Raum Baden und Umgebung, das die Mobilität verbessern soll. Was denkt die Bevölkerung über einen Umfahrungstunnel? Eine Online-Partizipation sollte genau das herausfinden.
Grosszügige Umfahrung oder gar keine
«Ein erster Blick in die Kommentare zeigt, dass eine Mehrheit von den beiden zur Diskussion stehenden Strassennetzergänzungen eine ‘Zentrumsentlastung lang’ wünscht », sagt der Abteilungsleiter Verkehr des Kanton Aargau Carlo Degelo zur Online-Partizipation. «Es gibt aber auch Stimmen, welche keine Zentrumsentlastung als notwendig erachten ». Die Umfrage war zum Gesamtverkehrskonzept erstellt worden. Die Entlastung dank Umfahrungstunnel ist eine der 51 Massnahmen davon.
Zum Tunnel gab es in der Partizipation am meisten Diskussionen, nämlich 276 Kommentare. Am zweithäufigsten wurde eine Erweiterung des Busangebots diskutiert. Am drittmeisten Kommentare gingen zu Sofortmassnahmen für den Fahrradverkehr wie Verbesserungen des Velonetzes ein. «Mit der Online-Befragung sollte die Stimmung in der Bevölkerung eingeholt werden», so Degelo. Es sind insgesamt 3500 Rückmeldungen von 500 Personen eingegangen.
Drei Tunnelvarianten sind im Gespräch
In der Online-Partizipation standen zwei Varianten zur Debatte. Einerseits die Zentrumsentlastung kurz. Sie sieht einen 2,5 Kilometer langen Tunnel zwischen der Siggenthaler Brücke und der Neuenhoferstrasse Bereich Liebefels mit Anschluss an den Autobahnzubringer Neuenhof vor. Andererseits die Zentralentlastung lang. Bei dieser würde ein Tunnel unter dem Siggenthalerfeld zur Limmat, dann über eine neue Brücke über den Fluss und einen Tunnel bis wiederum zur Neuenhoferstrasse führen. Die Variante entlastet zusätzlich die Druchfahrt in Obersiggenthal. In den Kommentaren wird auch eine Zentrumsentlastung lang Plus gefordert, die zusätzlich zum langen Tunnel eine Umfahrung um Untersiggenthal vorsieht.
Die Kosten für die Tunnel betragen nach ersten Schätzungen zwischen einer halben bis zu etwas über einer Milliarde Franken – je nach Tunnellänge und Projektgrösse. Entsprechende Kredite werden die politischen Stellen bewilligen.
Politiker aus dem linken Lager haben sich jüngst gegen einen Umfahrungstunnel ausgesprochen. Gleichzeitig forderte der Badener SVP-Politiker Mike Rinderknecht, dass sich die Stadt für einen solchen einsetzten müsse. Auch die dort wohnhafte SVP-Nationalrätin Stefanie Heimgartner sieht im Tunnel Potenzial.
Tunnel könnte Hilfe bringen
«Müsste ich mich für eine der beiden Varianten entscheiden, wäre es wohl die «ZEL lang plus», um den Verkehr vom unteren Aaretal an Siggenthal und Baden vorbei auf die Autobahn zu führen», sagt Heimgartner. «Ich schaue die ganze Verkehrssituation aber als Autofahrerin in der gesamten Region, als Transportunternehmerin und Aargauerin an», erklärt sie. Obschon sie eine Überlastung beim Tunnelausgang am Autobahnzubringen Neuenhof befürchtet, sieht sie in der Tunnelvariante lang plus eine Entlastung für den Verkehr in der ganzen Region.
Erst das Fahrrad, dann ein Tunnel
Gegenwind erhält das Projekt aus dem Lager der SP. «Über einen Tunnel können wir frühstens in 15 Jahren sinnvoll reden», ist die Aargauer SP-Grossrätin Mia Jenni überzeugt und fügt an, «zuerst braucht es die Umsetzung der geplanten Velorouten und ÖV-Transitrouten». Denn die Anwohnenden sollten zum Beispiel sicher mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren können, statt das Auto benutzen zu müssen. Falls diese Massnahmen nicht ausreichen sollten, könne ein Tunnel immer noch diskutiert werden.
«Die kurze Tunnelvariante würde Obersiggenthal komplett entzweien», sagt Jenni zum kürzeren Tunnel, der über die Landstrasse angefahren würde. Und: «Diese Strasse ist jetzt schon überlastet. Der Bus musste vor den Ferien sogar durchs Dorf geführt werden, statt über die Kantonsstrasse fahren zu können.»
Es soll weniger Stau und mehr Platz geben
«Der lange Tunnel würde die Landstrasse in Nussbaumen und Obersiggenthal um mehr als die Hälfte des Verkehrs entlasten und auch den Verkehr auf der Bruggerstrasse wesentlich reduzieren», erläutert der Abteilungsleiter Verkehr des Kantons Aargau Carlo Degelo die Rolle eines Tunnels für die Mobilität im Raum Baden. «Wird der Verkehr verringert, können die Strassen neu und gerade auch für Velos und Busse besser gestaltet werden», hält Carlo Degelo fest. Nebst einem stabilen Verkehrsfluss und attraktiven Strassenräumen innerorts, solle der ÖV, der Fuss- und der Veloverkehr in Zukunft verstärkt werden und einen grösseren Anteil am Verkehr übernehmen.
Überlastung aufgrund Transitverkehres?
Abklärungen ergaben, dass das hohe Verkehrsaufkommen hausgemacht ist, durch Fahrten innerhalb des Raums Baden und Umgebung. «Von allen erfassten Fahrten im Ostaargau haben 92 Prozent des Gesamtverkehrs und 80 Prozent des Strassengüterverkehrs Start oder Ziel ihrer Fahrt innerhalb dieses Raums», sagt Carlo Degelo. Transit-Autofahrende wie beispielsweise jene Personen, die von Deutschland oder der Nordwest-Schweiz in den Raum Zürich fahren, sind also nicht der Hauptgrund für die Verkehrsbelastung.
So geht's weiter
Die Umfrage wird nun ausgewertet und die Resultate im September der Behördendelegation präsentiert werden. Diese setzt sich aus Vertretern der neun Gemeinden um Baden, des Kantons und den Regionalverbänden Baden und Zurzibiet zusammen. Danach gibt es eine Mobilitätskonferenz im Dezember. «Nach dieser werden die zur Umsetzung vorgeschlagenen Massnahmen bis 2040 im Zuständigkeitsbereich des Kantons durch den Grossen Rat beschlossen», erklärt Carlo Degele den Prozess. Dieser Beschluss werde wohl Ende 2025 oder Anfang 2026 fallen.
Das Thema Thermalquellen
Sollte ein Umfahrungstunnel Teil der Massnahmen bis 2040 werden, muss auch die bau-, verkehrs- und umwelttechnische Machbarkeit nachgewiesen sein. «Insbesondere ist den Thermalwasserströmen bei der Planung des Tunnels grosse Beachtung zu schenken», sagt Carlo Degelo. Der Abteilungsleiter Verkehr geht davon aus, dass der Bau des Tunnels frühstens in 15 Jahren starten könnte.
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