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Italiens Autoindustrie im Niedergang
Während die teuren Sportwagen nobler Italo-Edelmarken wie Ferrari oder Lamborghini reissenden Absatz finden, sinken die Produktionszahlen von italienischen, preisgünstigen Autos immer tiefer in den Keller.
An das erste eigene Auto erinnert sich jeder. Mein erster Autokauf war ein roter Fiat Panda. Jahre später, mein Bankkonto war nach zwei Weltreisen ziemlich leer, kaufte ich mir einen gebrauchten Fiat Uno, welcher mich während 130'000 Kilometern nie im Stich liess. Bis auf zwei Reparaturen nach Einbruchdiebstählen (beide in Mailand) mussten meine beiden Fiat nie ausserplanmässig in die Werkstatt. In meinem gesamten Freundeskreis dominierten damals italienische Autos. Damals wimmelte es auf unseren Strassen von Pandas, Unos oder Tipos.
Ferrari brummt
Nun scheint die italienische Autoindustrie ihre beste Zeit hinter sich zu haben. Die Produktion italienischer Autos in den unteren und mittleren Preisklassen sinkt seit Jahren in rasantem Tempo. Im Gegensatz zu noblen Italo-Edelmarken, welche in Dubai oder Monaco reissenden Absatz finden, werden im Mutterland immer weniger preisgünstige Autos produziert. Ein Jammer. Während sich Ferrari, Lamborghini, Maserati oder Pagani über volle Auftragsbücher erfreuen, mussten sich Fiat und Alfa Romeo unter das schützende Dach des global agierenden Stellantis-Konzernes retten.
Produktion stillgelegt
Bei Stellantis haben die Franzosen das Sagen – und das wird auch so bleiben. Um Fiat, Alfa Romeo, Lancia und Abarth zu retten, lassen die französischen Stellantis-Manager immer mehr «italienische» Autos in lohngünstigen Ländern wie Marokko oder Polen bauen. Das gewerkschaftlich orientierte Italien hat seine grossen Autowerke mit wirtschaftsfeindlichen Maximalforderungen selbst aus dem Rennen genommen. Die legendären Produktionshallen Grugliasco in Turin wurden stillgelegt. Beim Hauptwerk Mirafiori lassen die französischen Manager vorerst noch Gnade walten.
Meloni jammert
Statt zu handeln, jammert Ministerpräsidentin Giorgia Meloni herum. Rom müsse mehr Mitspracherecht beim Stellantis-Konzern haben. Glaubt Meloni ernsthaft, dass italienische Politiker im hyperdynamischen Autobusiness etwas bewirken könnten? Zudem fordert die Ministerpräsidentin, dass die Jahresproduktion italienischer Fahrzeuge wieder hochgefahren werden müsse. Diese Forderung ist schlicht naiv, denn eine kostengünstige Autoproduktion ist mit den Werten italiensicher Gewerkschaften unvereinbar. Meloni sollte dankbar sein, wenn wenigstens eine Restmenge von Fiat-, Alfa- und Lancia-Modellen in Italien produziert werden. Die staatliche Förderung von Elektroautos hat Meloni jedenfalls nicht auf die Reihe gebracht.
Nur 3,3 % Elektroanteil
Italien hat seine ehemals stolze Autoproduktion heruntergewirtschaftet. Die Schuld liegt bei den Gewerkschaften, bei der Politik, aber auch bei den Automanagern. Zwar hatte Fiat-Chrysler-Manager Sergio Marchionne mit dem Revival des Fiat 500 eine Meisterleistung hingelegt. Aber danach glänzten die Chefstrategen des Fiat-Konzern durch Passivität. Man setzte viel zu lange ausschliesslich auf Verbrennermotoren. In Italien liegt der Elektro-Anteil im März 2024 bei mickrigen 3,3 Prozent. Um die CO₂-Flottengrenzwerte einhalten zu können, wird der Stellantis-Konzern die Verbrenner von Fiat und Alfa Romeo kaum forcieren. Weitere Negativpunkte beim Fiat-Konzern sind zudem die ewig dauernden Entwicklungszeiten bei Modellwechseln.
Polnischer Alfa
Alfa Romeo wirft nun endlich sein erstes Elektroauto auf den Markt. Der neue Kompakt-SUV wird von einem E-Motor mit 156 PS angetrieben. Präsentiert wurde der neue SUV als Alfa Romeo Milano. Aber bevor der neue Alfa zu den Händlern rollte, grätschte Italiens Industrieminister Adolfo Urso dazwischen. Gemäss Gesetz müssen italienisch klingende Produkte auch zwingend in Italien produziert werden. Leider lässt Stellantis den neuen Elektro-Alfa im polnischen Werk Tychy produzieren. Deshalb wurde der «Milano» in letzter Sekunde auf Alfa Romeo Junior umgetauft.

Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.
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