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Eine von dreien schweizweit

TCS-Patrouilleurin Alina Bachmann: «Männer sind manchmal noch skeptisch»

Eigentlich müssten wir alle froh sein, sie nie kennenzulernen: Wer Alina Bachmann trifft, hat meist eine Panne. Die 22-Jährige rückt als eine von schweizweit drei TCS-Patrouilleurinnen aus, um uns mobil zu machen. STREETLIFE spricht mit der Glarnerin, die in einer Männerdomäne ihre Frau steht und gerne hilft.

Der Pannengott ist unbarmherzig: Gefühlt bleiben unsere Autos bevorzugt nachts im Regen liegen. Nichts ist dann so erlösend wie die Ankunft eines Autos im Kleid des Touring Club Schweiz (TCS): 200 TCS-Patrouillen verhelfen in gut acht von zehn der jährlich 355'000 Einsätze zur Weiterfahrt. Meistens sind diese Nothelfer Männer, aber schweizweit in drei Fällen Frauen. Eine davon ist Alina Bachmann. Die 22-jährige aus Mollis GL patrouilliert in der Region Zürich-Ost und hat von Haus aus Benzin im Blut: Mit ihrem Vater hat die gelernte Automobil-Fachfrau die kleine Garage Bachmann Motors in Näfels GL aufgebaut. Beruflich fährt sie VW Caddy, privat 1991er Toyota MR2 (Generation W2) – den sie mit 16 (!) gekauft und selbst restauriert hat

Wie und wieso wird man TCS-Patrouilleurin?

Nach meiner Lehre als Automobil-Fachfrau habe ich zwei Jahre lang in einer kleinen Garage ganz hinten im Glarnerland gearbeitet. Dort wird noch viel repariert statt nur ersetzt, das hat riesig Spass gemacht, und ich habe enorm viel gelernt. Aber am Ende wiederholt sich der Ablauf. Ein Bekannter hat immer gesagt: Wenn du genug hast, komm’ zu uns zum TCS. Ich war skeptisch, habe es probiert und ich bin im Nachhinein glücklich darüber. Das Reizvolle ist: Ich weiss morgens nie, was der Tag bringt, lerne extrem viel und helfe Menschen.

Macht es glücklich, anderen zu helfen?

Ja! Unsere Kundinnen und Kunden rufen in Notsituationen an, ich helfe ihnen raus. Es gibt nichts Schöneres.

Bist du dabei ganz auf dich allein gestellt?

Jein. In erster Linie ist das so, aber ich kann immer auf die Teamkollegen und den ganzen TCS zurückgreifen.

Wie oft und wie weit rückst du täglich aus?

Das schwankt enorm, aber im Schnitt sechs- bis zehnmal am Tag. Ich bin am TCS-Stützpunkt Volketswil ZH stationiert. Mein Einsatzgebiet heisst Zürich-Ost: rechte Zürichsee-Seite zwischen der Kantonsgrenze bei Eschenbach SG bis Raum Regensdorf ZH und hinüber bis ins Tösstal. Ich fahre bis zu 250 Kilometer am Tag.

Vor 15 Jahren hat die damals noch einzige TCS-Patrouilleurin in einem Interview gesagt, dass Frauen fast skeptischer auf sie als Frau im Einsatz reagieren als die Männer. Ist das bei dir heute auch noch so?

(Lacht.) Nein, heute ist es umgekehrt. Frauen freuen sich, wenn ich komme, und sagen: «Cool, jetzt zeigen wir den Männern mal, was wir können.» Ich muss manchmal fast bremsen und sagen: Alles gut, ich mache nichts anderes und will nicht anders behandelt werden als ein Mann. Männer sind eher skeptisch, auch wenn das sicherlich abgenommen hat. Und ich nehme das niemandem übel: Patrouilleurinnen sind eben relativ selten, und in manchen Köpfen ist das eben immer noch nicht angekommen. Umso schöner finde ich es, wenn ich dann die Person bin, die den Kunden vom Gegenteil überzeugt und damit auch sein Mindset ändern kann.

Wie lautet denn der typische skeptische Männersatz?

Entweder kommt, wenn ich anrufe, dass ich jetzt losfahre und wann ich da bin: «Sie können ihm sagen …» Da antworte ich dann: Da kommt kein ihm, sondern eine ihr. Und viele Männer meinen, sich schämen zu müssen, wenn ich helfen komme, und sagen zum Beispiel: «Ich hätte das ja selbst gemacht, aber mein Rücken ...» (Lacht.) Das legt sich bald. Oft höre ich später: «Ich habe Sie unterschätzt, jetzt traue ich Ihnen das zu.» Das ist schön!

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Gibt es Einsätze, die dir speziell in Erinnerung bleiben?

Viele. Ich muss manchmal an die Flugbegleiterin denken, die sich aus Ihrem Auto ausgeschlossen hatte und bei 37 Grad dastand und zum Langstreckenflug musste. Als das Auto auf war, hat sie sich so gefreut, dass sie an mir hochgesprungen ist und mich mit Armen und Beinen umklammert und gedrückt hat. Das war super!

Macht der Job auch im Schneeregen noch Spass?

Mir schon! Weil die Menschen noch dankbarer sind und das vor Ort noch mehr zusammenschweisst: Habe ich im Schneeregen jemand, dessen Auto nicht reparierbar ist, fahre ich die Leute dann auch mal zum Bahnhof.

Verändern sich eigentlich die Pannen?

Ich mache das erst eineinhalb Jahre, aber meine Teamkollegen sagen: Die Hauptpannen – Starterbatterie und Reifen – bleiben. Pneupannen sind heute komplizierter, weil viele Autos kein Reserverad mehr haben.

Wie steht es eigentlich um Elektroautos, die angeblich so zuverlässig sind?

Auch Elektroautos sind Autos und brauchen die TCS-Patrouille für herkömmliche Probleme. Aber hier – oder auch bei anderen modernen Fahrzeugen – kommen je länger je mehr auch Softwarefehler dazu. Softwareprobleme sind für uns immer sehr schwierig, da es von Modell zu Modell grosse Unterschiede gibt und wir auch auf Lizenzen der Fahrzeughersteller angewiesen sind. Ich sage dann immer: Das ist eben was Anderes, auch vom Model T von Henry Ford war es ein langer Weg, ehe die Autos ausgereift waren. Aber der TCS ist seit jeher am Thema Elektromobilität dran.

Kannst du mir helfen, wenn meine Elektroauto-Antriebsbatterie leer ist?

Ja, auf jeden Fall! Je nach Modell kann man die Autos abschleppen. Dabei gewinnen sie genug Strom zurück, dass wir sie nach einer Weile abhängen können, und die Fahrerin oder der Fahrer selbst bis zur nächsten Ladesäule kommt. Aber es gibt auch andere Lösungen.

Hast du einen Tipp, damit mein Auto keine Panne hat?

Du solltest regelmässig den Service machen, das Auto auch mal zwischendurch durchchecken lassen und es ein wenig kennenlernen: Auch heute sollte man noch Luftdruck und Wasser- oder Ölstand prüfen oder wissen, ob das eigene Auto ein Ersatzrad hat oder wo das Pannendreieck ist. Aber ich muss auch ganz klar sagen: Wenn ich zum Arzt gehe, erwartet er nicht, dass ich Medizin studiert habe. (Lacht.) Wir erwarten nicht, dass du das Problem selbst löst, denn genau dafür sind wir da. Und freuen uns, dass uns vertraut wird.

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