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Geisterfahrten: «Es kann prinzipiell jeden treffen»
Es ist ein gefährlicher Moment im Auto. Das Radio warnt vor einer Geisterfahrerin oder einem Geisterfahrer. Und du realisierst: Diese Person fährt ausgerechnet auf dich zu. Meldungen wie diese sind auf Schweizer Strassen keine Seltenheit. Doch wie kommt es zu einer solchen Geisterfahrt und wie reagiere ich in einem solchen Moment richtig? STREETLIFE hat mit Experten gesprochen.
Die Zahlen sind nur die Spitze des Eisberges: Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU sorgen Falschfahrerinnen und Falschfahrer auf Schweizer Strassen für durchschnittlich zwölf Unfälle pro Jahr. Kommt es zum Frontalcrash, sind die Folgen für die Personen am Steuer verheerend. Im Schnitt werden pro Jahr drei Personen schwer verletzt und ein Mensch getötet.
In dieser Statistik nicht enthalten sind die vielen Fälle, die glimpflich ausgehen oder gar nie der Polizei gemeldet werden. Von einer Dunkelziffer spricht deshalb auch die Kantonspolizei Zürich auf Anfrage von STREETLIFE. «Nicht jede Meldung, die bei uns auf der Notrufzentrale eingeht, kann durch die ausgerückte Patrouille bestätigt und der Falschfahrer angetroffen werden», so Florian Frei, Mediensprecher der Kapo Zürich. «Schlussendlich gehen wir davon aus, dass ein nicht zu vernachlässigender Teil von Falschfahrern gar nicht gemeldet wird», so Frei weiter.

Pensionierte und Junglenkende gehören zur Risikogruppe.
Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung stünden vor allem Personen im Pensionsalter und Junglenkerinnen und -lenker im Fokus, wenn es um Geisterfahrten gehe. Zudem kämen solche Falschfahrten mehrheitlich nachts vor und würden tendenziell eher durch Lenkerinnen als Lenker verursacht.
Verkehrstherapeutin Charlotte Wunsch relativiert. Basierend auf ihren Erfahrungswerten sei es schwierig, von stereotypischen Geisterfahrern zu sprechen. «Es kann prinzipiell jeden treffen. Bei einer Geisterfahrt handelt es sich um eine Falschwahrnehmung der Strassenverhältnisse», erklärt Wunsch und ergänzt: «Dies kann passieren, wenn die lenkende Person eine getrübte Wahrnehmung hat, wie etwa durch schlechte Sehkraft. Aber auch wenn die Person geistig verwirrt ist oder eine schlechte Strassenbeleuchtung für Unsicherheit sorgt. Auch der Einfluss von Substanzen wie etwa Alkohol, Drogen oder Medikamente können Falschfahrten verursachen.»
Nicht zu unterschätzen seien zudem die Müdigkeit, mangelnde Ortskenntnisse, neue Strassenführungen und schlechtes Wetter. Ablenkungen wie etwa das Smartphone oder Suizidabsichten gehören ebenfalls dazu.

Verkehrstherapeutin fordert bauliche Massnahmen
Um sich vor solchen Geisterfahrerinnen und Geisterfahrern zu schützen, rät die Kantonspolizei Zürich: «Dem Falschfahrer mittels Zeichen wie Hupen, Lichthupe oder Handzeichen zeigen, dass sie oder er auf der falschen Seite unterwegs ist. Zudem sollte man immer ganz rechts fahren, denn der Falschfahrer fährt in aller Regel auch auf seiner rechten Spur, was für uns aus korrekter Sicht die Überholspur ist.»
Gemäss Kapo Zürich sollten zudem die Geschwindigkeit gedrosselt und die Bremsbereitschaft erstellt werden. Auch sollte auf der Autobahn nur angehalten werden, wenn es zwingend notwendig ist. Und als letzter Punkt: «Die Polizei alarmieren. Es hilft uns, wenn wir Ortsangaben erhalten, wo sich der Falschfahrer befindet. So können wir rascher und gezielter eingreifen.»
Für Verkehrstherapeutin Charlotte Wunsch gibt es darüber hinaus Handlungsbedarf. Sie fordert eine bessere Beschilderung, Beleuchtung der Autobahnauffahrten und Markierungen der Strassen. Als Beispiel führt sie die baulichen Massnahmen in Grossbritannien an. «Die 'Cat Eyes' wie in England könnten als Wegweiser helfen. Diese leuchten rot auf, wenn man in die falsche Richtung fährt. Sonst sind sie weiss.»
Eine schnelle Einführung solcher Cat Eyes ist in der Schweiz aber nur schwer möglich. «In der Schweiz ist die Verkehrssignalisierung genau vorgegeben. Will man solche Signale einführen, so müsse dies auf Bundesebene entschieden werden», heisst es bei der Kapo Zürich.
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