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Furkapass wird zum Camper-Hotspot – Experte warnt
Auf dem Furkapass drängen sich Camper an Camper, bis fast kein Rastplatz mehr frei ist. Ein Bild, das sinnbildlich für den neuen Boom steht: Hochalpine Pässe sind zu Sehnsuchtsorten der Caravaning-Szene geworden. Doch der Ansturm hat Schattenseiten – fehlende Infrastruktur sowie Konflikte mit Verkehr und Natur.
Wer in den vergangenen Wochen den Furkapass überquert hat, staunte meist nicht schlecht: Selbst an Wochentagen war der Rastplatz auf der Passhöhe «bis auf den letzten Platz mit Campern besetzt», wie ein Augenzeuge gegenüber STREETLIFE berichtet. Sogar auf den Parkbuchten, an den Aussichtspunkten und an Ausweichstellen standen Wohnmobile. Der Pass zwischen Uri und Wallis, bekannt für sein Panorama und seine atemberaubenden Serpentinen, wird immer mehr zum Magneten für rollende Ferienwohnungen. Und nicht nur er: Auch andere Schweizer Pässe entwicklen sich zu Hotspots für Camping-Fans, wie Experte Christoph Hostettler bestätigt.
Freiheit, Panorama – und Instagram
Für den Präsidenten von caravaningsuisse kommt der Boom indes wenig überraschend. Hochalpine Pässe bieten nicht nur spektakuläre Aussichten, sondern auch das Gefühl von Freiheit, sagt er – also genau das, wonach viele Menschen suchten. Social Media verstärke diesen Trend zusätzlich: «Ikonische Alpenpässe wie Furka, Grimsel oder Stelvio sind extrem starke Fotomotive», sagt Hostettler. «Instagram und TikTok machen sie noch populärer. Jeder Post zieht die nächsten Besucher an.»
Hinzu komme die Flucht vor der Sommerhitze: Viele Camper suchten gezielt die Kühle der Berge. Doch nicht überall könne der Ansturm bewältigt werden. «Es gibt Destinationen, die schlicht nicht für so viele Fahrzeuge ausgelegt sind», warnt Hostettler.
Kein Campingplatz – sondern Hochgebirge
Gerade in den Alpen sei es wichtig, zu verstehen, dass man sich nicht auf einem Campingplatz befinde, sondern in einem sensiblen Hochgebirge. Wer dort unterwegs sei, trage Verantwortung – für sich selbst, andere Verkehrsteilnehmer und die Natur. Hostettler erinnert an grundlegende Verkehrsregeln: Auf engen Strassen habe bergauf meist Vortritt, bergab gelte es, die Bremsen zu schonen und rechtzeitig herunterzuschalten.
Kritisch sei vor allem das Parkieren auf Ausweichstellen. «Diese Flächen sind für den Verkehrsfluss da – nicht als Schlafplatz», warnt er. Zwar sei das Übernachten in einem korrekt parkierten Fahrzeug grundsätzlich erlaubt. Aber: «Campingstühle und Grill haben auf einem Passparkplatz nichts verloren. Ein Parkplatz ist kein Campingplatz.»
Polizei: Grauzone mit klaren Grenzen
Auch die Polizei beobachtet die Entwicklung. Mario Kiefer, Sprecher der Kantonspolizei Uri, betont, dass es auf kantonaler Ebene weder ein generelles Verbot noch eine ausdrückliche Erlaubnis für Wildcamping gebe. «Die Regelung erfolgt durch Gemeinden oder Grundstückseigentümer», erklärt er.
So hätten etwa Andermatt, Hospental und Realp in ihrer Bau- und Zonenordnung ein explizites Wildcamping-Verbot festgehalten. In Göschenen und Gurtnellen gebe es kommunale Verordnungen, während auf dem Gebiet der Korporation Uri das Übernachten unter bestimmten Bedingungen erlaubt sei. In der Praxis bedeute dies: Wer am Furka lediglich im Fahrzeug schlafe, bewege sich in einer Grauzone – doch sobald Tisch und Stühle draussen stünden, handle es sich klar um Wildcamping.
Keine Infrastruktur – verletzliche Natur
Ein weiteres Problem ist die fehlende Infrastruktur. Strom, Wasser und sanitäre Anlagen gibt es am Pass nicht. Wer oben nächtigt, muss autark sein – und gleichzeitig strikt darauf achten, keine Spuren zu hinterlassen. Hostettler warnt: «Abfälle oder Abwasser haben in den Bergen nichts zu suchen. In dieser Höhe dauert es Jahrzehnte, bis sich Böden erholen.» Besonders heikel seien kompakte Freizeitfahrzeuge ohne Toilette. Für deren Nutzer sei ein Campingplatz mit Infrastruktur die bessere Wahl.
Auch Lärm und künstliches Licht seien problematisch, so der Verband. Eigentlich, sagt Hostettler, sei die Ruhe und der Sternenhimmel «die beste Unterhaltung». Wer diese Momente mit Stromgenerator, Musik oder grellem Licht störe, schade nicht nur anderen, sondern auch den Wildtieren.
Freiheit mit Konflikten
Die Szenen auf dem Furkapass ist damit mehr als ein kurioses Sommerbild. Sie steht für einen wachsenden Trend, der die Schweiz noch länger beschäftigen dürfte: den Boom der Camper, die Freiheit suchen – und dabei auch an Grenzen stossen. Während die einen den Sehnsuchtsort Alpenpass entdecken, schlagen andere die Hände über dem Kopf zusammen: Wegen der Sicherheit – und wegen der Natur.

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